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Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Geliebte Myriam, geliebte Lydia

Titel: Geliebte Myriam, geliebte Lydia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Plepelits
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nicht, aber ich zeig' euch noch schnell was Schönes? Freilich hätt' ich's sagen können, aber wer bringt sowas schon zustande? Also, ich hab's nicht zustande gebracht, sondern bin selber brav und folgsam eingestiegen und hab' mich in mein Schicksal ergeben.
    Während wir uns nun also von der Al-Ashar-Moschee entfernten, zischte - anders kann man das wohl nicht bezeichnen - also: zischte mir Salam zu, wir würden anschließend sowieso gleich drei Moscheen besichtigen, und das müßte doch wohl reichen. Also gut, wir würden ja sehen.
    Ja, die Moscheen! Da kann man bekanntlich nicht einfach hineinstapfen, wie man in eine Kirche hineinstapft, sondern, vorausgesetzt, man wird als Ungläubiger überhaupt eingelassen, gibt's da zuerst immer diese lästige Zeremonie entweder des Schuheausziehens oder aber, wie hier in Kairo, des Überschuhesuchens, -mietens und -überstreifens. Und das nun also gleich dreimal hintereinander! Mein lieber Freund erwies sich wieder einmal als äußerst wortkarg; entweder war er in der islamischen Kunst doch nicht so bewandert wie in der altägyptischen, oder aber er litt immer noch so unter der Enttäuschung vom Juwelierladen - wer weiß. Er beglückte uns mit Jahreszahlen und den Namen der Erbauer und den Ausmaßen der jeweiligen Moschee und der Höhe der Minarette und der Information, daß hier der Schah von Persien bestattet liege, und ähnlichem Käse. Naja, nichts gegen solchen Käse, oder sagen wir: solche Äußerlichkeiten; die gehören natürlich auch dazu, machen aber sicher nicht das Wesentliche eines Kunstwerks aus, können nicht dessen Wirkung auf den Betrachter, das heißt, dessen Schönheit erklären - oder? Und was meine Leute vielleicht noch mehr vermißten, jedenfalls bewußt, das waren wenigstens einige Hinweise auf die sakrale Ausstattung einer Moschee und die Funktion ihrer einzelnen Teile im Gottesdienst. Daß sich Salam zumindest in diesen Dingen bestens auskannte, daran konnte kein Zweifel bestehen, und daß er sie nicht einmal erwähnte, lag wahrscheinlich bloß in einer gewissen Gedankenlosigkeit begründet, das heißt, daraus, daß sie ihm selbstverständlich waren, schloß er automatisch, daß sie uns ebenfalls selbstverständlich sind.
    Naja, jedenfalls hatten wir inzwischen in die Sultan-Hassan-Moschee und in die gegenüberliegende Er-Rifai-Moschee - das ist die mit dem Schah-Grab - jeweils einen kurzen Blick geworfen, waren zur nahen Zitadelle hinaufgestiegen und hatten eben die inmitten des Zitadellenbereichs liegende Mohammed-Ali-Moschee betreten, die, laut Salam, zur Gänze mit Alabaster verkleidet ist und darum auch als Alabastermoschee bekannt ist und von einer 52 Meter hohen Zentralkuppel gekrönt wird und zwei jeweils 82 Meter hohe Minarette besitzt und im 19. Jahrhundert vom Khediven Mohammed Ali erbaut wurde; und wir erwarteten bereits wieder, jeden Augenblick aus der Moschee hinaus- und in ein Juweliergeschäft hineingetrieben zu werden - da riß mir endlich und endgültig die Geduld. Ich hatte mehrere Männer beobachtet, die, an einen der Pfeiler gelehnt, auf dem zur Gänze mit Teppichen belegten Boden hockten und in ein Buch, vermutlich den Koran, vertieft waren. Das brachte mich auf folgende Idee: sobald Salam seine dürftigen Erklärungen allem Anschein nach beendet hatte, stellte ich mich vor meinen Leuten in Positur, ergriff das Wort, wie's so schön anschaulich heißt, und lud sie ein, es den Gläubigen - ich verwendete absichtlich den Begriff 'Gläubige' - es also den Gläubigen dort drüben gleichzutun und sich auf diesen herrlichen Teppichen niederzulassen, und ich würde ihnen noch einige zusätzliche Erklärungen über die Moscheen geben. 'Ja, bitte!' rief daraufhin in gedämpftem Ton eine weibliche Stimme aus - wer war's denn? Ah, die Lydia! -, und meine Leute begannen sich sofort artig im Halbkreis vor mir hinzusetzen.
    Aber ich hatte nicht mit Salams Sturheit gerechnet. Der herrschte mich augenblicklich, wenn auch mit ebenfalls gedämpfter Stimme, an: was mir denn einfalle, ich würde ihn noch um seine Existenz bringen; wenn einer seiner Kollegen ihn so sehe, werde der annehmen, er sei nicht imstande, eine Touristengruppe zu führen, und dergleichen mehr. Sehr angenehm, was? Vor der gesamten Gruppe! Aber da hatte nun wieder Salam nicht mit dem Interesse und vielleicht auch der Solidarität meiner Leute gerechnet. Denn die begannen nun, allen voran die Lydia, für mich Partei zu ergreifen, und riefen ihm zu, sie wollten das aber hören,

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