Geliebte Myriam, geliebte Lydia
Bescheid geben werde.
Ich hatte Glück. Ich traf meine Leute noch vollzählig, während sie sich gerade an der Rezeption anstellten, um sich ihre Zimmerschlüssel aushändigen zu lassen. Ich bat sie einen Moment um ihre Aufmerksamkeit und fragte dann, wer Interesse an einer Folklorevorführung mit Bauchtanz habe. Bauchtanz? Ich merkte, wie einige Ältere die Nase rümpften und den Kopf schüttelten. Andere dagegen schienen durchaus interessiert zu sein. Ich erwähnte, daß wir mit Taxi fahren würden und was es kosten würde. Zögernd gingen mehrere Hände in die Höhe - schließlich waren's fünf Hände, die emporgestreckt wurden: die von Lydia und Babsi, die von Götzi und die eines Ehepaares, aber, wohlgemerkt, nicht des bewußten Ehepaares mit der giftigen Zunge; im Gegenteil, diese zwei begannen jetzt sogar zu maulen: eine Schande sei das! Daß ich mich nicht schämte, ihnen ein derart unsittliches Angebot zu machen! Und sie hätten gedacht, das sei eine christliche Bildungsreise! Ich verwechselte das offenbar mit Sextourismus! Sie würden sich über mich beim Bischof beschweren.
Jetzt machte sich eine gewisse Unruhe innerhalb meiner Gruppe breit. Daher ersuchte ich noch einmal um allgemeine Aufmerksamkeit und stellte klar, daß ich erstens mit diesem Vorschlag nur meine Pflicht als Reiseleiter getan habe, daß zweitens eine Bauchtanzvorführung nicht das Geringste mit Sextourismus zu tun habe und in keiner Weise unsittlich sei und daß drittens der Bauchtanz ein integrierender Bestandteil der arabischen Kultur sei. Na, das saß! Der Giftzwerg und seine Alte waren fürs erste zum Schweigen gebracht, und die anderen freuten sich sichtlich diebisch darüber, daß die beiden den Schwanz einstecken mußten; sie schienen sich auch innerhalb der Gruppe nicht besonders beliebt gemacht zu haben. Und mit den fünfen, die sich für die Fahrt gemeldet hatten, machte ich aus, daß wir uns nach dem Abendessen um acht Uhr hier in der Rezeption treffen würden, und eilte unverzüglich hinaus, um das meinem Taxler mitzuteilen und ihm aufzutragen, noch ein zweites Taxi zu organisieren.
Befriedigt kam ich wieder in die Rezeption zurück. Meine Gruppe hatte sich inzwischen aufgelöst; nur der Götzi stand noch da und wartete mit dem Schlüssel in der Hand auf mich. Da sehe ich plötzlich Mister Mohammed mit strahlendem Gesicht auf mich zukommen. Ha! Das Allerwichtigste hätte ich jetzt beinahe vergessen! Aber Mister Mohammed hat Wort gehalten, Allah sei Dank und Lob und Preis und Ehre! Er hat nicht vergessen! Er begrüßt mich mit ausgesuchter Höflichkeit und fragt sofort, wie's mir und meiner Gruppe so gehe und wie ich mit Bus, Mister Machmut und Mister Salam zufrieden sei. Also gut: der Bus - nun ja, Luxusbus ist er keiner, aber das hat auch niemand erwartet, und sonst ist er ganz in Ordnung. Und ich antwortete, o ja, mit dem Bus seien wir ganz zufrieden, und mit Mister Machmut seien wir sogar hochzufrieden; nur mit Mister Salam ... Ich zögerte. Aber mein Gegenüber ließ zum Glück nicht locker; ja, was sei mit Mister Salam? Nun, und jetzt kam's heraus: mit Mister Salam seien wir halt alles andere als zufrieden. Und ich begann die einzelnen Punkte, in denen wir mit Mister Salam unzufrieden seien, der Reihe nach aufzuzählen. Mister Mohammed war total bestürzt, stammelte eine Zeitlang unschlüssig herum und versprach mir schließlich, mir morgen einen anderen Führer zu schicken. Ha, da fiel mir ein Stein vom Herzen - was sag' ich: eine ganze Steinlawine, und ich dankte Mister Mohammed fast ebenso überschwenglich, wie mir kurz zuvor Machmut gedankt hatte. Und dann fiel mir gerade noch rechtzeitig das Problem mit der morgigen Abfahrt ein, und ich murmelte etwas verlegen, ich hätte da noch ein kleines Anliegen: wir wollten morgen früh unbedingt schon um acht Uhr abfahren, und Mister Salam habe sich strikt geweigert, auf diesen Wunsch der gesamten Gruppe einzugehen. 'Oh, überhaupt kein Problem!' versicherte mir Mister Mohammed und wehrte mit erhobenen Händen symbolisch ab. 'Um acht Uhr pünktlich Abfahrt mit neuem Führer! Ist fixiert!'
So, das galt aber klarerweise erst für morgen früh. Für einen Teil unserer Gruppe gab's hingegen schon jetzt um acht Uhr abends eine Abfahrt, nämlich mit Taxi zur Folkloreshow. Und so versammelten sich zu diesem Zeitpunkt in der Rezeption: die Eltern von Clemens und Florian, Götzi, Lydia .. Na? Und wo blieb die Babsi? Ah, die hat leider Verspätung, die ist nicht rechtzeitig fertig
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