Geliebte Rebellin
in Oxford eine Zeitlang miteinander befreundet. Wir sind zwar seitdem getrennte Wege gegangen, aber dennoch besteht zwischen uns eine alte Verbindung, die man nicht so leicht abreißen lassen kann.«
Hamilton starrte ihn an. »Und was verbindet euch beide miteinander?«
»Die Tatsache, dass wir beide Bastarde sind.«
»Das verstehe ich nicht. Was hat das denn damit zu tun?«
»Die Umstände der Geburt eines Menschen haben einen ganz erstaunlichen Einfluss auf den Freundeskreis, mit dem man sich in späteren Jahren umgibt. Du brauchst doch nur an deine eigene Bekanntschaft mit Norris zu denken. Die entscheidende Grundlage, die ihr miteinander gemeinsam habt, ist die, dass ihr beide Erben eines alten Titels und eines alten Familienvermögens seid. Dieser Faktor schafft eine Verbindung zwischen euch, die für den Rest eures Lebens bestehen wird. Du wirst wahrscheinlich Söhne haben, die durchaus seine Töchter heiraten könnten, und so geht es immer weiter. Das ist nun einmal der Lauf der Welt.«
»Ich verstehe, was du meinst.« Hamiltons Nervosität war anzumerken, wie unbehaglich ihm zumute war. »Aber ich bin trotzdem sehr froh darüber, dass Norris heute morgen nicht nur auf Tiles' Launen angewiesen war.«
»Tiles kann ziemlich unberechenbar sein, das gebe ich gern zu. Aber ich glaube, das Thema haben wir jetzt erschöpft, und zu dem Duell gibt es nichts mehr zu sagen.« Baxter beugte sich vor und faltete die Hände auf seiner Schreibtischplatte. »Lass uns jetzt auf die dringlicheren Angelegenheiten zu sprechen kommen. Wir müssen diesen verdammungswürdigen Magier finden, ehe er mit einem seiner Experimente in Mesmerismus weitere Menschenleben in Gefahr bringt.«
»Ich habe mich bereit erklärt, dir zu helfen, aber ich kann immer noch nicht glauben, dass er Norris vorsätzlich in den Tod schicken wollte.« Hamilton rieb sich den Nacken. »Das Experiment ist schiefgegangen, das ist alles.«
»Ich bin mir nicht so sicher, dass es gescheitert ist.« Hamilton blickte auf. »Was soll das heißen?«
»Ich habe den Verdacht, dass, was den Magier angeht, die Resultate dieser ganzen Geschichte für ihn durchaus zufriedenstellend sein könnten.«
»Wovon redest du überhaupt? Weshalb hätte der Magier beabsichtigen sollen, gezielt etwas zu unternehmen, damit Norris ums Leben kommt?«
»Das ist eine der zahlreichen Fragen, die ich ihm gern stellen möchte. Und jetzt erzähl mir alles, was du weißt.«
Hamilton seufzte. »Das wird nicht ganz einfach werden. Sein Gesicht habe ich im Grunde genommen nie gesehen. Wenn er in unserer Mitte erschienen ist, hat er immer sein Kostüm mit der Maske getragen. Das hat dazugehört, verstehst du?«
»Ich nehme an, dass er mehrfach vor dir und deinen Freunden aufgetreten ist. Es muss doch irgendein besonderes Merkmal geben, etwas Auffälliges, woran du dich erinnern kannst.«
»Tja, ich muss zugeben, dass seine Stimme reichlich seltsam ist«, sagte Hamilton.
Charlotte hob den schweren Türklopfer aus Messing an Juliana Posts Haustür und ließ ihn zum dritten Mal laut gegen das Holz prallen. Es erschien jedoch keine Haushälterin, um ihr die Tür zu öffnen.
Ihre Unruhe und ihre Besorgnis nahmen zu. Hier stimmte etwas nicht, da war Charlotte sich ganz sicher. Sie nahm es so intuitiv wahr wie so manches andere auch. Ebenso wie ihr klar geworden war, dass die Gestalt in dem schwarzen Dominoumhang eine tödliche Gefahr darstellte.
Sie ließ den Messingklopfer noch einmal mit aller Kraft gegen die Tür sausen. Vielleicht kam sie zu spät. Der Mann mit der scharrenden Stimme könnte Juliana bereits einen Besuch abgestattet haben.
Beruhige dich , sagte sie sich. Juliana könnte für ein paar Stunden aus dem Haus gegangen sein. Vielleicht erledigte sie Einkäufe.
Aber wo steckte die Haushälterin?
Es war zwecklos, noch öfter an die Haustür zu klopfen. Inzwischen stand fest, dass niemand öffnen würde. Charlotte warf einen Blick auf die vordere Front des Hauses, die tiefer gelegen war als die Straße. In der Küche war niemand zu sehen.
Sie musste eine Möglichkeit finden, in dieses Haus hineinzukommen, denn sie hätte keine ruhige Minute gehabt, wenn sie ganz einfach wieder fortgegangen und nach Hause zurückgefahren wäre.
Sie warf einen schnellen Blick auf die Straße, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtete, und dann öffnete sie das kleine Tor und eilte die Stufen hinunter, die zum Dienstboteneingang des Hauses führten. Dort unten war sie vor den Blicken der
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