Geliebte Rebellin
vom Schicksal?«
»An dem Abend, an dem der Maskenball stattgefunden hat, hat Malcolm Janner mich gefragt, ob ich an die Macht des Schicksals glaube.« Trotz des Feuers, das im Kamin brannte, fröstelte Charlotte plötzlich. »Ich erinnere mich noch ganz deutlich an seine Worte, weil schon einmal jemand einen ähnlichen Satz an mich gerichtet hat.«
Juliana wischte ihre Augen trocken. »Malcolm hat oft vom Schicksal gesprochen. Verstehen Sie, er hatte das Gefühl, er sei zu Größerem berufen. Das hat zu den Dingen gehört, die er sich jedesmal wieder bestätigen lassen wollte, wenn ich ihm die Karten gelegt habe. Ich habe immer sorgsam darauf geachtet, dass sein Schicksal so aussieht, wie er es sich wünscht, denn ich habe die Auswirkungen auf seine Laune gefürchtet, wenn die Karten einen bösen Ausgang vorausgesagt hätten.«
»Der Teufel soll mich holen.« Baxters Stimme war so leise, dass Charlotte ihn kaum hören konnte. »Das ist ganz ausgeschlossen. Der Mann ist tot.«
»Wer ist tot?« fragte Charlotte eilig.
Baxter ballte auf dem kalten Marmorsims des Kamins eine Hand zur Faust. »Das erkläre ich dir später.«
Charlotte zögerte, da sie das Thema gern weiterverfolgt hätte. Ein Blick in Baxters verschlossenes Gesicht genügte allerdings, um sie deutlich erkennen zu lassen, dass er in Gegenwart von Juliana dazu kein weiteres Wort sagen wurde.
»Als ich heute in Ihren Salon gekommen bin«, sagte Charlotte zu Juliana, »ist mir aufgefallen, dass eine der Karten aufgedeckt auf dem Fußboden gelegen hat. Es war eine Darstellung des Todes.«
Juliana schüttelte den Kopf. »Ich habe ihm die Karten genauso gelegt wie sonst, und ich habe sorgsam darauf geachtet, dass alle Zeichen auf ein gutes Gelingen seiner Pläne hinweisen. Er schien äußerst zufrieden zu sein.«
Charlotte stellte sich bildhaft vor, wie sich das Geschehen abgespielt haben könnte. »Als er Sie hochgezogen hat, um Sie zum Sofa zu tragen, hat der Saum Ihres Kleides möglicherweise genau diese Karte gestreift, und sie ist auf den Boden gefallen.«
»Ja, vermutlich«, erwiderte Juliana teilnahmslos.
»Seltsam ist nur, dass die Karte mit dem Bild nach oben auf den Boden gefallen ist und dass es ausgerechnet die Karte war, die der Magier gewiss nicht sehen wollte«, sagte Charlotte auffallend leise.
Baxter richtete seinen durchdringenden Blick auf Juliana. »Wo wohnt dieser Mann, der sich Malcolm Janner nennt?«
Juliana errötete. »Ich weiß, dass Sie mir keinen Glauben schenken werden, aber es ist die Wahrheit: ich habe keine Adresse von ihm. Er hat gesagt, es sei besser so. Er behauptet, diese Vorsichtsmaßnahme diente dazu, mich für den Fall zu schützen, dass seine Pläne scheitern. Das einzige, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass er einen großen Teil seiner Zeit im Grüner' Tisch verbracht hat. Ich glaube, er hat dort eine Art Büro.«
»Ich bezweifle, dass er dort lebt«, sagte Baxter. »Das wäre zu naheliegend. Aber um seinen Zauber zu inszenieren, braucht er direkten Zugang zum oberen Stockwerk. Vielleicht wäre es lohnend, sich noch einmal in dem Gebäude umzusehen.«
»Eine ganz ausgezeichnete Idee«, sagte Charlotte.
Baxter sah sie an. Die geballte Wucht seines unbeugsamen Willens funkelte in seinen Augen. »Diesmal werde ich allein hingehen.«
»Aber ich könnte dir nützlich sein.«
»Schlag dir diesen Gedanken aus dem Kopf.«
Charlotte zog die Augenbrauen hoch, als sie seinen Tonfall hörte, in dem eisige Entschlossenheit lag. »Darüber werden wir uns später in Ruhe unterhalten.«
»Nein«, sagte er mit der ungeheuer ruhigen und absolut neutralen Stimme, die er immer dann einsetzte, wenn er besonders unnachgiebig war. »Das werden wir nicht tun.«
Charlotte ließ es im Moment dabei bewenden. Sie hatte noch ein anderes Anliegen, das im Moment wichtiger war. »Wir müssen Vorkehrungen zum Schutz von Miss Post treffen. Falls Malcolm Janner erfahren sollte, dass sie nicht tot ist, könnte es durchaus sein, dass er einen weiteren Anschlag auf ihr Leben unternimmt.«
Baxters Lippen verzogen sich zu einem humorlosen Lächeln. »Dann werden wir eben dafür sorgen, dass er zu der festen Überzeugung gelangt, sie weile nicht mehr unter den Lebenden.«
»Und wie wollen Sie das anstellen?« fragte Juliana.
»Wir werden tun, was alle Angehörigen der oberen Zehntausend tun, wenn sie es für notwendig halten, der guten Gesellschaft eine wesentliche Mitteilung zu machen«, sagte Baxter. »Wir werden den Zeitungen eine
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