Geliebte Rebellin
Gesichtsausdruck gesehen, als Miss Post über Malcolm Janner gesprochen hat. Du kennst ihn, nicht wahr? Wer ist es, Baxter? Und wie hast du seine Bekanntschaft gemacht?«
Er zwang sich, seine Gedanken wieder dringlicheren Angelegenheiten zuzuwenden. »Falls ich mit meinem Verdacht richtig liegen sollte, dann heißt er in Wirklichkeit Morgan Judd.«
»Judd?«
»Ich sage das nur äußerst ungern, aber wir waren in Oxford miteinander befreundet.«
»Befreundet?« Ihre Stimme klang vor Ungläubigkeit schrill. »Hat dich mit diesem Morgan Judd dasselbe verbunden wie mit Anthony Tiles?«
»Ja, auch Morgan war ein Bastard. Er war der Sohn des Erben eines Grafentitels und der Tochter einer Familie, die dem Landadel angehört hat. Seine Mutter ist im Kindbett gestorben, und sein Vater hat so getan, als wüsste er nichts von der Existenz eines Sohnes, doch die Familie seiner Mutter hat dafür gesorgt, dass er zu einem Gentleman erzogen worden ist. Ich glaube nicht, dass Morgan einem seiner beiden Eltern jemals vergeben hat.«
»Er hat ihnen vorgeworfen, dass sie ihm den angemessenen Status im Leben versagt haben?«
»Ja.«
»Hat die Verbindung zwischen dir und Morgan Judd nur in euer beider illegitimer Geburt bestanden?«
»Anfangs, ja.« Baxter beobachtete durch das Fenster eine Kutsche, die auf der Straße vorbeifuhr. »Aber Morgan und ich hatten auch noch etwas anderes gemeinsam. Etwas, was diese Freundschaft noch mehr gefestigt hat: unser beider Interesse an der Chemie.«
»Ich glaube, ich beginne allmählich zu verstehen.«
»In Oxford haben sie uns die zwei Alchemisten genannt, denn wir haben jeden wachen Moment mit dem Studium der Chemie zugebracht. Wir haben in unserer Unterkunft ein Laboratorium eingerichtet und unser Kleidergeld darauf verwendet, Glasgefäße und Geräte zu erwerben. Während die anderen sich abends getroffen haben, um Kaffee zu trinken und Gedichte zu lesen, haben Morgan und ich Experimente durchgeführt. Die Naturwissenschaft war unser ein und alles.«
»Was ist passiert?« fragte Charlotte.
»Nach den Zeiten in Oxford sind wir getrennte Wege gegangen. Wir haben noch eine Zeitlang miteinander korrespondiert und Neuigkeiten über die Resultate unserer chemischen Versuche ausgetauscht. Aber nach einer Weile ist der Kontakt schlichtweg eingeschlafen. Morgan hat eine Zeitlang in London gelebt, aber wir sind einander kaum begegnet.«
»Dahinter steckt doch noch mehr als nur das, was du mir bisher erzählt hast«, sagte Charlotte behutsam.
»Dir entgeht wirklich nichts. In Wahrheit war es so, dass Morgan neben der Chemie auch noch andere . . . andere Interessen gehabt hat, die ich nicht mit ihm geteilt habe. Nach der Zeit in Oxford sind ihm diese Interessen zunehmend wichtiger geworden, sie haben sich zu einer regelrechten Besessenheit ausgewachsen.«
»Was für Interessen waren das ?«
»Er hat sich von den übelsten Spielhöllen und den widerlichsten Bordellen magisch angezogen gefühlt. Im Lauf der Jahre hat sich sein Geschmack in diesen Dingen zunehmend verschlechtert, und er hat sich immer schlimmeren Ausschweifungen und Widerwärtigkeiten zugewandt. Etwas in seinem Innern hat Freude an der Schattenseite des Lebens.«
»Kein Wunder, dass eure Freundschaft in die Brüche gegangen ist.«
»Außerdem hat er ein reges Interesse an den metaphysischen und okkulten Wissenschaften entwickelt. Anfangs ist er spielerisch an diese Themen herangegangen und hat sich nur zum Spaß damit befasst Er hat auf dieselbe Art sein Spiel mit diesen Dingen betrieben wie die romantischen Dichter. Aber zu der Zeit, als er Oxford verlassen hat, war all das längst viel mehr für ihn als nur ein amüsanter Zeitvertreib. Er hat schon damals angefangen, ständig darüber zu reden, wie er sein wahres Schicksal verwirklichen wird.«
»Sein wahres Schicksal.« Charlotte wiederholte die Worte mit leiser, besorgt klingender Stimme. »Ich schwöre dir, vor diesem Schicksalsgerede graut mir wie vor einem Spuk.«
Baxter drehte sich langsam zu ihr um und sah sie an. »Ich habe ihn vor etlichen Jahren zufällig auf der Straße getroffen, und er hat zu mir gesagt, ich sei ein Narr, weil ich meine Kenntnisse auf dem Gebiet der Chemie nicht dafür eingesetzt hätte, ein grandioses Schicksal für mich selbst zu schmieden.«
»Du hast gesagt, du hättest ihn für tot gehalten. Was ist ihm zugestoßen?«
»Erinnerst du dich noch an das kleine Abenteuer, das ich im Namen der englischen Krone bestanden habe?«
»Baxter,
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