Geliebte Rebellin
Jahren gefahren wurde, stand auf halber Höhe vor der nächsten Kreuzung. Sie rannte darauf zu und wedelte mit den Armen, um die Aufmerksamkeit des Jungen auf sich zu lenken
Er sah sie mit einem merkwürdigen Gesichtsausdruck an, als sie den Karren erreicht hatte. »Wollten Sie Blumen kaufen, Ma'am?«
»Nein, aber ich werde dich gut bezahlen, wenn du mich mitnimmst und hinter dieser Droschke herfährst.«
Der Junge sah sie stirnrunzelnd an. »Ich weiß nicht so recht, ob mein Pa das besonders gerne sähe, Ma'am.«
»Ich werde dich reichlich dafür entschädigen.« Charlotte hob ihre Röcke an und kletterte in den Wagen. »Wenn du mir hilfst, kaufe ich sämtliche Blumen, die du geladen hast.«
»Also . . .«
»Überleg dir, dass du für den Rest des Tages frei sein wirst, und wenn du heute Nachmittag nach Hause kommst, wird sich dein Pa gewaltig darüber freuen, dass du alle Blumen verkauft hast.«
Der Junge schien immer noch zu zweifeln. »Sie werden wirklich alle Blumen kaufen?«
»Ja, ich versichere es dir.« Charlotte setzte sich und lächelte den jungen Mann ermutigend an. »Ich liebe Blumen.«
Der Junge zögerte nur noch einen Moment, dann zuckte er die Achseln. »Mein Pa hat schon immer gesagt, dass die feinen Leute seltsam sind.«
Er ließ energisch die Zügel knallen. Das behäbige Pony war derart verblüfft, dass es sogleich in einen forschen Trab fiel. Charlotte rang um Atem, als der Karren mit einem Satz losfuhr und die Verfolgung der Droschke aufnahm.
Fünfzehn Minuten später bog der Blumenwagen in einer anständigen Gegend wieder an einer Kreuzung ab. Charlotte beobachtete, wie Julianas Kutsche vor einem kleinen Haus zum Stehen kam.
»So, das genügt jetzt«, sagte Charlotte. »Du brauchst nicht auf mich zu warten. Ich werde selbst sehen, wie ich wieder nach Hause komme.«
»He, und was ist jetzt mit den Blumen?«
»Das habe ich nicht vergessen.« Charlotte hob ihre Röcke und sprang von dem Wagen. »Ich sage dir jetzt ganz genau, wie du zu meinem Haus kommst. Dort lieferst du all deine Blumen ab und teilst meiner Haushälterin mit, ich hätte dir gesagt, sie sollte sie alle kaufen.«
»Also, gut.« Der Junge musterte sie. »Wollen Sie auch ganz bestimmt nicht, dass ich auf Sie warte ?«
»Nein. Ich werde für den Rückweg eine Mietdroschke finden.« Sie lächelte den Jungen an und erklärte ihm genau, wie er ihr Stadthaus finden würde. »Es ist sehr nett von dir, dass du dir Sorgen um mich machst, aber ich versichere dir, dass ich allein zurechtkommen werde.«
»Wie Sie meinen.« Der Junge schnalzte mit der Zunge, und das Pony setzte sich wieder in Bewegung.
Charlotte wartete, bis der Blumenwagen holpernd in eine Seitenstraße eingebogen war, ehe sie auf das kleine Haus zuging, vor dem sich Juliana hatte absetzen lassen. Innerlich legte sie sich eine Reihe von Möglichkeiten zurecht, wie sie von der Frau eine Erklärung für ihr Verhalten verlangen konnte, und hoffte, ihr würde etwas Einleuchtendes einfallen, wenn sie erst einmal im Haus war.
Sie stieg die Stufen hinauf und betätigte den Türklopfer. Erst herrschte Stille, und dann waren schwerfällige Schritte zu vernehmen. Im nächsten Moment öffnete ihr eine stämmige Haushälterin die Tür.
»Sie wünschen, Ma'am?«
»Teilen Sie Ihrer Herrin bitte mit, dass ich sie sprechen möchte«, sagte Charlotte mit fester Stimme.
Die Haushälterin sah sie argwöhnisch an. »Haben Sie einen Termin vereinbart?«
Was für eine seltsame Frage, sagte sich Charlotte. Eine Haushälterin hätte sich danach erkundigen können, ob ein Besucher erwartet wurde oder nicht, aber das Wort Termin benutzte man im allgemeinen nur auf einer geschäftsmäßigen Ebene. Mit ihren eigenen Klientinnen vereinbarte sie ausnahmslos Termine.
»Ja«, sagte Charlotte schlagfertig. »Ich habe einen Termin.«
»Sie sind reichlich früh dran«, murrte die Frau, als sie zur Seite trat und die Tür öffnete. »Miss Post empfängt ihre Klientinnen gewöhnlich erst am Nachmittag.«
»Bei mir hat sie eine Ausnahme gemacht.« Charlotte trat eilig ein, ehe die Haushälterin es sich anders überlegen konnte. »Es ist ziemlich dringend.«
Die Haushälterin sah sie seltsam an, äußerte sich jedoch mit keinem Wort, und schloss die Tür. »Dürfte ich Ihren Namen erfahren?«
Charlotte stürzte sich auf den ersten Namen, der ihr einfiel. »Mrs. Witty.«
»Gut. Kommen Sie mit. Ich werde Miss Post Bescheid geben, dass Sie hier sind, Mrs. Witty.«
»Danke.«
Charlotte sah
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