Geliebte Rebellin
zu finden, dass die Verehrer meiner Klientinnen keine Lebemänner, Spieler oder Mitgiftjäger sind. Kurz gesagt, Miss Post, ich versuche die Damen, die mich aufsuchen, abzusichern, damit sie nicht den Fehler begehen, einen Mann wie Ihren Vormund oder meinen Stiefvater zu heiraten.«
»Das ist wirklich erstaunlich. Stellen Sie diese Nachforschungen persönlich an?«
»Ich habe einige Mitarbeiter.
Juliana schien wider Willen fasziniert zu sein. »Aber woher beziehen Sie Ihre Informationen?«
»Aus zahlreichen Quellen. Einen Teil der Antworten bekomme ich von den Hausangestellten der jeweiligen Personen und auch von Geschäftsführern von Spielhöllen und Bordellen sowie von Personen, die dort angestellt sind. Sie alle versorgen mich mit Material.« Charlotte lächelte hämisch. »An solchen Orten schenkt dem Personal kein Mensch Beachtung.«
»Das ist nur zu wahr.« Juliana schüttelte voller Erstaunen den Kopf. »Sie stellen also Nachforschungen zu den Hintergründen von Gentlemen an. Was für ein ungewöhnlich kluger Gedanke.«
Ungeachtet der Situation, in der sie sich befand, konnte sich Charlotte ein bescheidenes und doch von Stolz erfülltes Lächeln nicht verkneifen. »Aus dem Munde eines Menschen, der sich ebenso sehr wie ich über die Schwierigkeiten und die Vorzüge eines einzigartigen Berufs im klaren ist, den man für sich selbst maßgeschneidert hat, ist das ein großes Kompliment.«
Julianas Lippen wurden dünner. »Es klingt mir aber auch ganz danach, als sei das ein außerordentlich riskantes Geschäft.«
»Im großen und ganzen kann ich nicht behaupten, dass ich nennenswerte Schwierigkeiten habe.« Jedenfalls hätte ich das vor kurzer Zeit noch sagen können , fügte Charlotte in Gedanken hinzu.
Juliana schien unsicher zu sein. Sie warf einen Blick über die Schulter, ganz so, als hielte sie es keineswegs für ausgeschlossen, dass sich dort jemand befand. Dann kam sie einen Schritt näher auf Charlotte zu und senkte die Stimme. »Sie sagen, Sie haben das Gefühl, unter anderen Umständen hätten wir Freundinnen und Kolleginnen werden können.«
»Ja.«
»Ich spreche mit Ihnen als ein Mensch, der unter Umständen Ihre Freundin und Kollegin hätte werden können, wenn ich Ihnen jetzt einen Rat gebe. Ich weiß nicht, worauf Sie sich in Zusammenhang mit Baxter St. Ives eingelassen haben, aber eines weiß ich ganz genau. Sie täten gut daran, von dem Vorhaben abzulassen, das Sie sich gemeinsam mit ihm vorgenommen haben, was auch immer es sein mag.«
Charlotte erstarrte. »Was soll das heißen?«
»Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.« Juliana wies mit einer Handbewegung auf die Tür. »Und jetzt müssen Sie augenblicklich gehen. Kommen Sie nicht wieder hierher. Niemals.«
Charlotte sah mit Bestürzung die unverhohlene Angst, die in Julianas Augen aufflackerte. »Wie Sie wünschen.« Sie wandte sich ab und ging langsam auf die Tür zu. »Falls Sie es sich jedoch anders überlegen sollten oder meine Hilfe in Anspruch nehmen möchten, dann bitte ich Sie, mir eine Nachricht zukommen zu lassen. Sie haben meine Adresse.« Sie legte ihre Hand auf den Türknopf.
»Miss Arkendale ?«
Charlotte drehte sich um. »Ja?«
»Sie haben mir meine kleine Scharade heute morgen nicht abgenommen, stimmt's?« Juliana sah ihr forschend ins Gesicht. »Nicht einmal einen Moment lang.«
»Nein, nicht einmal einen Moment lang.«
»Dürfte ich fragen, warum? Bin ich eine so schlechte Schauspielerin?«
»Sie sind eine ausgesprochen überzeugende Schauspielerin«, sagte Charlotte behutsam. »Aber es verhält sich nun einmal so, dass ich Baxter St. Ives recht gut kenne. Er ist kein Mann, der sein ungeborenes Kind im Stich lassen würde.«
Juliana schnitt eine Grimasse. »Sie sind erstaunlich naiv, wenn man Ihre Berufswahl bedenkt. Ich werde Ihnen noch einen weiteren Rat erteilen, Miss Arkendale. Trauen Sie keinem Mann, der leidenschaftliche Gefühle in Ihnen wecken kann. Solche Männer sind gefährliche Zauberer.«
»Über diese Risiken bin ich mir bewusster, als mir lieb ist. Im Rahmen meines beruflichen Alltags stoße ich täglich darauf. Guten Tag, Miss Post.« Charlotte verließ den Raum mit seinem eigenwilligen Geruch und schloss leise die Tür hinter sich.
Sie atmete erst wieder tief durch, als sie auf dem Bürgersteig vor Juliana Posts kleinem Häuschen stand.
Baxter sann über den blödsinnigen Impuls nach, der ihn dazu veranlasst hatte, seinen Halbbruder aufzufordern, ihm heute Vormittag einen Besuch
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