Geliebte Rebellin
man gerade zur Hand hat.«
»Ich verstehe.« Er neigte den Kopf, wandte sich ab und ging auf die Tür zu. »Nun, ich hoffe doch sehr, dass Sie Ihren Spaß an dem Werkzeug hatten, das Sie vor weniger als einer Stunde in meinem Laboratorium so meisterlich zu handhaben wussten, Miss Arkendale. Ich kann Ihnen versichern, dass dieser spezielle Eisenstab noch nie in einem so kleinen, warmen Schmelztiegel derart stark erhitzt worden ist.«
Einen Moment lang konnte Charlotte einfach nicht glauben, dass sie richtig gehört hatte. Und dann wogte Entrüstung in ihr auf. »Diese Dreistigkeit ist nicht zu fassen.« Sie griff nach dem nächstbesten schweren Gegenstand - einer Vase mit Stiefmütterchen.
Ariel stieß einen leisen Schrei aus. »Warte, das sind meine Blumen.«
Ihr Protest kam zu spät, denn Charlotte hatte die Vase bereits geworfen. Sie traf die Tür, die Baxter hinter sich geschlossen hatte, als er in die Eingangshalle ging.
Eine halbe Stunde nach Mitternacht saß Baxter in der dunklen Kutsche und blickte von der gegenüberliegenden Straßenseite aus auf die Eingangstür des Lokals Zum Grünen Tisch .
Ein dünner Nebelschleier hüllte das Geschehen ein. Kutschen kamen und fuhren wieder weiter, nachdem sie lärmende junge Gentlemen in verschiedenen Stadien der Trunkenheit am Fuß der Treppenstufen abgesetzt hatten. Baxter sah Hamilton und Norris mit etlichen anderen lachenden Gefährten aus einem der Fahrzeuge aussteigen. Sie liefen auf den Eingang des Lokals zu.
»Also, was ist?« erkundigte sich Charlotte. »Hast du deinen Bruder hineingehen sehen?«
»Ja. Es ist ihm den ganzen Nachmittag und Abend über gelungen, mir aus dem Weg zu gehen, aber jetzt habe ich ihn endlich erwischt.« Baxter ließ den Vorhang wieder vor das Fenster fallen und lehnte sich auf dem Sitz zurück. »Ich glaube, ich erkenne das Gebäude wieder. Dieses Haus war früher einmal ein beliebtes Bordell, das unter dem Namen Der Kreuzgang bekannt war.«
»Ich kann mich erinnern, davon gehört zu haben.« In Charlottes Tonfall schwang krasse Missbilligung mit. »Von einigen der sogenannten Gentlemen, über die ich zu Beginn meiner Laufbahn Nachforschungen angestellt habe, hieß es, dass sie besonders gern dort verkehren. Wie kommt es, dass Sie sich hier so gut auskennen, Sir?«
Baxter hoffte, dass die Dunkelheit sein belustigtes Grinsen verbarg. »Ich kann dir versichern, dass ich dieses Etablissement nur von seinem Ruf her kenne.«
»Ich verstehe.« Charlotte räusperte sich. »Ich glaube, seit mindestens zwei Jahren ist das Etablissement in meinen Nachforschungen nicht mehr zur Sprache gekommen.
»Es ist schon vor einiger Zeit geschlossen worden. Offensichtlich hat die Geschäftsleitung gewechselt.«
»Ja. Es mag sich zwar jetzt um eine ziemlich liederliche Spielhölle handeln, aber wenn Sie mich fragen, ist das im Vergleich zu einem Bordell eine Stufe höher anzusiedeln.«
Baxter lächelte. In dem tiefen Dunkel der unbeleuchteten Kutsche konnte er Charlottes Gesicht kaum erkennen, und die Kapuze ihres Umhangs warf zusätzlich einen dichten Schatten auf ihre Züge.
Er war sich immer noch nicht ganz sicher, wie er sich dazu hatte überreden lassen, sie heute Abend mitzunehmen. Ganz abgesehen von ihren erpresserischen Drohungen hatte sie auch noch andere Mittel, um ihren Kopf durchzusetzen, dachte er. Sie war in der Tat eine starke und eindrucksvolle Frau, eine Frau, die man ernst nehmen musste. Vielleicht war das einer der Gründe dafür, warum er sich so sehr zu ihr hingezogen fühlte. Sie gehörte auch nicht zu der Art von Frauen, die einem Ohnmachtsanfall erlegen oder in Tränen ausgebrochen wären, um zu erreichen, dass alles nach ihren Willen ging. Charlotte beharrte standhaft auf den Dingen, die sie aus tiefer Überzeugung als ihr Recht ansah.
Wenn sie sich auch als noch so schwierig erwies, dann sprach doch einiges für eine willensstarke Frau, beschloss Baxter. Bei Charlotte musste ein Mann nicht einen großen Teil unnötiger Zeit und Energien darauf vergeuden, immer und ewig Rücksicht auf das delikate weibliche Feingefühl zu nehmen. Beispielsweise hatte sie sich nicht darüber beschwert, dass er sie auf einer Werkbank in seinem Laboratorium geliebt hatte. Er hatte den Verdacht, dass viele Frauen Anstoß daran genommen und es als eine unerhörte Beleidigung angesehen hätten. Er musste selbst zugeben, dass es dieser Kulisse reichlich an romantischem Ambiente gemangelt hatte.
Andererseits war aber auch sie diejenige
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