Geliebte Rebellin
Sie holen, St. Ives. Wagen Sie es bloß nicht, mir in meinem eigenen Haus Befehle zu erteilen. Und dazu kommt noch, dass ich keineswegs zum Trödeln neige. Schließlich bin ich hier diejenige, die Miss Post heute morgen gefolgt ist, wenn Sie so nett wären, sich daran zu erinnern. Als ich versucht habe, Ihnen von diesem Vorfall zu berichten, haben Sie ... haben Sie in Ihrem eigenen Laboratorium für Ablenkung gesorgt. Wenn heute jemand Zeit verplempert hat, dann waren Sie das, Sir.«
Baxter schloss mit äußerster Behutsamkeit die robuste Tür und begab sich zurück zum Tisch, auf dem der Cognac stand.
Als Charlotte fünfzehn Minuten später in das Arbeitszimmer rauschte, war sie wesentlich gefasster. Ariel und Mrs. Witty folgten ihr auf den Fersen. Baxter saß im Ohrensessel vor dem Feuer. Er blickte zu den Frauen auf und stellte sein halbleeres Cognacglas ab.
»Das wurde aber auch Zeit«, murmelte er, als er sich erhob.
Charlotte schenkte ihm keinerlei Beachtung. »Es ist ein enormer Glücksfall, dass ich auf den Gedanken gekommen bin, die Seite mit Drusilla Hesketts kleiner Zeichnung aus dem Block herauszureißen« Sie lief um ihren Schreibtisch herum und zog eine Schublade auf. Das Blatt, das sie aus dem Skizzenblock herausgerissen hatte, lag noch genau da, wo sie es gestern Nacht hingelegt hatte, nachdem Baxter gegangen war. »Das muss ganz einfach der Hinweis sein. Ansonsten habe ich nichts Merkwürdiges in dem Skizzenblock entdecken können.«
»Ich fand einiges recht merkwürdig«, sagte Ariel heiter. »Und teilweise sogar recht interessant.«
Charlotte sah sie finster an, während sie die Seite auf ihren Schreibtisch legte. »Genau deshalb habe ich diese spezielle Skizze aus dem Block entfernt.«
Mrs. Witty warf einen Blick auf die Tuschezeichnung. »Auf mich wirkt das sehr verworren. Ein Dreieck innerhalb eines Kreises, drei Würmer, die sich um das Dreieck herumwinden, und ...« Sie kniff die Augen zusammen. »Was soll das in der Mitte eigentlich sein? Ein Drache?«
»Ich glaube, es handelt sich um eine Art geflügeltes mythisches Wesen.« Charlotte schürzte die Lippen. »Mit Sicherheit lässt sich das kaum sagen. Mrs. Heskett hatte kein großes zeichnerisches Talent, bis auf gewisse Formen anatomischer Studien, die sie recht gut beherrscht hat.«
Baxter ging auf den Schreibtisch zu. »Lass mich die Zeichnung sehen.«
Charlotte nahm einen Schauer auf ihrer Haut wahr, als Baxter vor ihr stehenblieb und sich die Skizze ansah. Jetzt hatte sie seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit geweckt, sagte sie sich. Die Neuigkeit, dass der Skizzenblock gestohlen worden war, hatte bewirkt, dass sich seine Intelligenz endlich voll und ganz auf die Situation richtete.
Ihr schien, als flimmerte die ruhige Kraft, die er ausstrahlte, wie eine unsichtbare Aura um ihn herum. Sie fragte sich, wie es sein konnte, dass Ariel und Mrs. Witty nichts davon wahrnahmen, und dann sah sie, dass beide ein wenig zur Seite getreten waren, als wollten sie Baxter mehr Raum geben. Aber in Wirklichkeit hatte er schon vorher mehr als genug Platz an ihrem Schreibtisch gehabt. Keiner von ihnen schien sich darüber bewusst zu sein, dass sie ihre Positionen verändert hatten.
Charlotte hätte fast gelächelt. Es war zwar gut möglich, dass die meisten Menschen Baxters innere Stärke nicht bewusst zur Kenntnis nahmen, aber das hieß noch lange nicht, dass sie nicht instinktiv darauf reagiert hätten.
Er nahm das Blatt Papier in die Hand und sah sich die Zeichnung genauer an. Seine Augenbrauen zogen sich über dem Brillengestell zu einem dunklen Strich zusammen. »Irgend etwas daran kommt mir vertraut vor.«
Charlotte war plötzlich sehr aufgeregt. »Was soll das heißen? Hast du ein solches Muster schon einmal irgendwo gesehen?«
»Das kann schon sein. Vor langer Zeit.« Baxter blickte von der Zeichnung auf. Er sah ihr in die Augen. »Ich werde in meiner Bibliothek einiges nachschlagen müssen.«
»Sie haben in einem Ihrer Bücher etwas Ähnliches gesehen?« erkundigte Ariel sich eilig.
»Gut möglich.« Er betrachtete noch einmal die Zeichnung. »Ich bin nicht ganz sicher, aber wenn meine Erinnerung mich nicht trügt, dann handelt es sich hierbei um ein sehr altes Symbol.«
»Ein altes Symbol.« Charlotte erschauerte. »Weshalb hätte Mrs. Heskett ein altes Symbol in ihren Skizzenblock übertragen sollen, und weshalb sollte jemand aus diesem Grund den Block stehlen wollen?«
»Du setzt voraus, dass derjenige, der den Block
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