Geliebte Suenderin
hinter dieser Tragödie einen wohlüberlegten Mord vermuten?«
»Ja, keiner wird uns verdächtigen, und unsere drei Freunde werden bald zu einer ausgedehnten Seereise in die Kolonien aufbrechen. Ich glaube, wir brauchen uns um sie keine Sorgen zu machen.«
»Wann wird es passieren, Percy?« fragte sie neugierig, und ihre Augen funkelten vor Erregung.
»In Kürze, denke ich.« Er holte seine Taschenuhr hervor und prüfte die Zeit.
»Ja, schon sehr bald, meine Liebe, werden wir die einzigen Erben des Camareigh-Besitzes sein.«
Ein freudiges Lächeln umspielte Kates Gesicht, ließ ihre Lippen weicher erscheinen, und ihre Wangen waren vor Erregung leicht gerötet. Sie sah aus wie ein Engel, mit ihrem silbernen Gewand, dem silbrig goldenen Haar und den eisig blauen Augen. Die Sonne schien durch das bunte Glasfenster und hüllte ihre Gestalt in eine Aura von Wärme, die aber nur eine Illusion war.
Will war zur Salzsäule erstarrt und versuchte zu begreifen, was er da gerade gehört hatte. Er zwang sich, freundlich zu grinsen, klopfte energisch an die Tür und trat ein.
Percy hob den Kopf, er war sofort verstummt, als der große Wirt hereingepoltert kam, mit einer Flasche Rum auf seinem Tablett. »Und?« fragte Percy in unverschämten Ton. »Ich dachte, ich hätte gesagt, daß wir nicht gestört werden wollen?«
»Euer Rum, Mylord«, sagte Will unterwürfig. »Von unserem besten, für Euch und die Lady.«
»Na, dann stell ihn ab und verschwinde«, befahl Percy, überrascht von dem plötzlichen Aufblitzen in den Augen des Wirtes, als er sich untertänigst verbeugte und das Zimmer verließ.
Sobald er die Tür hinter sich geschlossen hatte, rannte Will so schnell er konnte und suchte John. John saß in der Küche und scherzte mit einer seiner Schankkellnerinnen. Er wollte der drallen Maid gerade einen Vorschlag machen, als Will ganz au-
ßer Atem ins Zimmer stürmte. Ein Blick auf das hochrote Gesicht und die wütenden Augen seines Bruders genügten, und John wußte, daß etwas passiert war. Mit einem sehnsüchtigen Blick auf die willige Maid folgte er ihm nach draußen in den Hof.
»Was ist denn los, Will? Du schaust aus, als ob dein Blut kocht«, fragte John besorgt.
»Die zwei da oben wollen den Herzog und Charlie umbringen lassen«, stammelte Will wutentbrannt. »Ich hab’s mit eigenen Ohren gehört.«
»Was, zum Teufel«, brüllte John, »steh’n wir denn hier noch rum? Los, holen wir sie uns!«
»Das wird nichts helfen. Die haben ein paar Halsabschneider dafür angeheuert. Erinnerst du dich an die drei, die hier vor zwei Tagen aufgetaucht sind?«
»Hier, bei uns im Gasthof?« brüllte John. »Wir haben Mörder beherbergt?«
Will packte Johns rechten Arm. »Die wollen den Herzog und Charlie heute bei ihrem Morgenritt umbringen«, sagte er, und sein Gesicht wurde ganz lila vor Wut, »und die drei wollen sich als Bonnie Charlie und seine Männer verkleiden und uns die Schuld an dem Mord in die Schuhe schieben.«
John war sprachlos, doch nach einiger Zeit gelang es ihm, zu sagen: »Was sollen wir tun? Wir müssen sie aufhalten. Willst du da reingehen und die Wahrheit aus ihnen rausprügeln?« fragte er hoffnungsvoll.
»Einen Lord und seine Lady angreifen, und das mit einem Zimmer voll Soldaten daneben?« Will schüttelte traurig den Kopf. »Das brauchen wir auch nicht. Wir wissen ziemlich genau, wo der Herzog und Charlie reiten, wir müssen sie nur zuerst finden und sie vor diesen falschen Räubern schützen.«
»Richtig. Ich geh’ die Pferde holen, du holst die Pistolen.
Wenn hier einer tötet, bei Gott, dann sind das wir und nicht diese drei Hunde.«
Lucien unterbrach seine Betrachtung einer Vase voller Rosen auf dem Eichentisch, als er Schritte die Treppe herunterkommen hörte. Er ging zum Fuß der Treppe und reichte Sabrina die Hand.
Sie trug ein saphirblaues Reitkostüm mit weitem Rock, die Jacke und die Weste waren wie die eines Mannes geschnitten, und aus ihrer spitzenbesetzten Krawatte blitzte eine goldene Brosche.
Sabrina rückte sich ihren Dreispitz zurecht und fragte lä-
chelnd: »Wollen wir gehen?« Sie legte ihre behandschuhte Hand in die seine und sah ihn liebevoll an.
»Habe ich dir schon gesagt, wie schön du bist?« fragte er und führte sie nach draußen zu den Pferden.
»Nicht oft genug für meinen Geschmack«, erwiderte sie, und dann fügte sie mit einem koketten Lächeln hinzu: »Aber du machst Fortschritte, Schatz.«
Lucien hatte sie bereits in den Sattel gehoben und
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