Geliebte Suenderin
schließlich seinem Ende zuneigte, der Himmel wieder klar wurde und sich dort blaue Flecken zeigten, wußte Sabrina, daß ihre Zeit gekommen war. Seit einiger Zeit fühlte sie schon die seltsamen Bewegungen des Babys.
Als die Wehen zum ersten Mal aufgetreten waren, hatte sie vor Überraschung leise aufgeschrien und vorsichtig eine Hand auf ihren Leib gelegt. Sie hatte den Kopf mit strahlenden Augen gehoben und Lucien mit einem Ausdruck ungeheurer Sehnsucht auf dem Gesicht überrascht, als er sie ansah. Doch dann war dieser Blick schon wieder verschwunden, und Lucien sah sie nur fragend an.
Rhea Claire Dominick wurde früh am Morgen geboren, und ihr kräftiger Schrei der Überraschung, als sie das Licht der Welt erblickte, entlockte Mary ein dankbares Lächeln, bevor sie das Kind in Sabrinas Arme legte.
»So«, sagte Lucien leise und sah seine Frau und seine Tochter an, »du bist also trotzig wie immer, Sabrina.«
Sabrina sah ihn mit müden Augen an, sein strahlender Blick gab ihr die Kraft zu antworten: »Das werde ich immer sein.«
Bereits im Mai hatte Sabrina ihre normalen Aktivitäten wiederaufgenommen, aber sie hatte keine Lust, nach London zu dem Leben zurückzukehren, das sie vor Rheas Geburt geführt hatte.
Die Herzoginwitwe machte einen ihrer seltenen Besuche in Camareigh, um ihre Urenkelin zu sehen, trotz ihrer angebli-chen Enttäuschung, weil es kein Junge war. Sie hatte das Baby mit Geschenken überhäuft und es sogar in den Arm genommen. Rheas fröhliche violette Augen brachten sogar sie zum Lachen. Die Herzogin war bald wieder abgereist, allerdings nicht ohne die Ermahnung: »Nächstes Mal erwarte ich einen Jungen.«
Sabrina hatte gelächelt und war Luciens Blick ausgewichen.
Sie wollte ihr nicht sagen, daß es kein nächstes Mal geben würde.
Seltsamerweise kam der endgültige Bruch zwischen ihnen nicht durch ihre Schuld zustande. Lucien hatte beschlossen, zu Ehren der Geburt seiner Tochter einen Ball zu geben, den ersten seit vielen Jahren auf Camareigh. Den ganzen Tag lang trafen Gäste ein und drängten sich im warmen Sonnenschein in den Salons und Gärten. Es waren viele Freunde von ihr aus London darunter, aber die meisten waren von Lucien. Sabrina entdeckte, daß sie Sir Jeremy Winters und seine Frau sehr mochte, aber die meisten anderen Gäste gehörten einer recht liederlichen Clique an, und ihre Anwesenheit auf Camareigh war ihr äußerst unangenehm. Sie wollte ihre Zeit mit Rhea und Lucien verbringen, der sich seit Rheas Geburt oft auf Camareigh aufhielt.
Sabrina war überrascht gewesen, den Herzog von Granston unter den Gästen zu sehen, aber sie ging davon aus, daß es wahrscheinlich eine Beleidigung gewesen wäre, ihn nicht einzuladen. Jetzt war sie sehr dankbar, daß Lucien ihre Heirat mit ihm verhindert hatte. Er war genauso widerlich wie eh und je und wich ihr zu ihrer Überraschung den ganzen Abend nicht von der Seite. Immer wieder sah sie, wie seine blassen Augen ihr folgten und erschauderte vor der Lüsternheit, die er unverhohlen zur Schau stellte. Wie gewöhnlich hatte der Herzog von Granston zuviel getrunken, war nach zwei Uhr ausfallend geworden und mußte von zwei Dienern weggebracht werden.
Somit war Sabrina sehr überrascht, als er am nächsten Morgen plötzlich neben ihr auftauchte, als sie in ein kleines Wäldchen auf dem Anwesen ritt. Sie zügelte ihr Pferd, da er ihr mit seinem den Weg versperrte.
»Guten Morgen«, begrüßte Sabrina ihn ruhig und ignorierte das selbstgefällige, feiste Grinsen. »Kann ich etwas für Euch tun?« fragte sie zweifelnd.
»Aber, aber, Sabrina«, sagte er in heuchlerischem Ton und brachte sein Pferd näher an ihres. »Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich Euch so nenne? Schließlich wären wir ja beinahe Mann und Frau geworden, nur war Lucien mir wieder einen Schritt voraus, wie schon so oft. Oder sollte ich sagen, einen Kuß voraus?« lachte er mit einem eindeutigen Blick auf ihren Mund.
»Wenn Ihr mich bitte entschuldigen würdet, Euer Gnaden, ich muß mich auch um die anderen Gäste kümmern«, sagte Sabrina mit frostiger Stimme und hochmütig erhobenem Kinn.
»Komm schon, kleine Sabrina, du hast reichlich Zeit für mich. Ich bin einer der angesehensten Gäste. Du solltest nett zu mir sein. Ich mag es nicht, wenn man mir eine Abfuhr erteilt.«
»Ihr werdet mehr als eine Abfuhr kriegen, wenn Ihr mir nicht sofort den Weg frei macht«, warnte Sabrina. »Mein Mann würde es nicht gerne sehen, wenn Ihr mich belästigt, Euer
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