Geliebte Teufelin
Fernsehinterviews gegeben, sechs Ze i tungsredakteuren Rede und Antwort gestanden, ganz abgesehen von den zahlre i chen anderen Veranstaltungen während der Frankfurter Buchmesse. Und nun hatte er auch noch Geburtstag, aber den wollte er unbedingt in Ruhe verbringen. Seinem Verlag hatte er mitgeteilt, sie möchten doch bitte keinerlei Feiern für ihn veranstalten und auch unter seinen Freunden und Verwandten hatte er verbreitet, dass er seinen Geburtstag zu einem späteren Zeitpunkt nachfeiern werde. So blieb er denn am Morgen des Tages, an dem er 47 Jahre alt wurde, lange im Bett liegen und genoss die ungewohnte Ruhe. Er hätte nie gedacht, dass ein Leben als erfolgreicher Autor so stressig sein konnte. Angenehm daran war allerdings das Honorar, das er für die mittlerweile 500000 verkauften Exemplare erhalten hatte. Er hatte noch nie in seinem Leben auch nur annähernd so viel Geld besessen, das er nur für sich selbst ausgeben konnte. Vor seiner Karriere als Autor hatte er in einer großen Computerfirma mit weltweiten Kontakten gearbeitet. Als Leiter der Marketingabteilung hatte er ein g e radezu fürstliches Gehalt bekommen. Leider wurde der größte Teil des Geldes jeden Monat auf das Konto seiner Ex-Frau überwiesen. Sie hatte jahrelang über ihre Ve r hältnisse gelebt und mit ihrer eigenen Mode-Firma pleite gemacht. Da er als Miti n haber der Firma eingetragen war und sie keine Gütertrennung vereinbart hatten, musste Cornelius noch jahrelang für die Schulden seiner Frau aufkommen. Mit Hilfe eines cleveren Anwaltes war es ihm fünf Jahre nach dem Konkurs gelungen, aus se i ner inzwischen völlig zerrütteten Ehe und dem Geschäftsvertrag auszusteigen.
Cornelius war schon immer ein sparsamer Mensch gewesen. Der einzige Luxus, den er sich von seinem Autoren-Honorar gegönnt hatte, war ein neues Auto und eine Eigentumswohnung in der besten Wohngegend der Stadt.
Die Wohnung lag im zweiten Stock, hatte 180 Quadratmeter Wohnfläche auf zwei Ebenen und eine 40 Quadratmeter große Dachterrasse.
Um 11 . 15 Uhr stand er auf, duschte ausgiebig, verzichtete ausnahmsweise auf das Rasieren und machte sich eine große Portion Rührei mit Speck. Gegen 12 Uhr, als er gerade den letzten Bissen heruntergeschluckt hatte, klingelte es an der Haustür.
Egal, wer es ist, ich jage ihn weg, dachte er und ging zur Tür. Er schaltete die Video-Überwachungsanlage ein, um zu sehen, wer geläutet hatte, aber er konnte nichts e r kennen. Das Monitorbild war gestört und völlig verzerrt. Auf seine Frage : „Ja, hallo, wer ist da?“ , hörte er von eine r weiblichen Stimme die Antwort: „Ich habe ein G e burtstagstelegramm für sie.“
„Warum werfen Sie es nicht einfach in den Briefkasten? Ich hole es mir später“, en t gegnete er.
„Das geht nicht, es ist ein spezielles Telegramm, das dem Empfänger persönlich überbracht werden muss.“
Der zweite Teil des Satzes war mehr gesungen als gesprochen und Cornelius kam die Stimme irgendwie bekannt vor. „Von wem ist denn das Telegramm?“ Er wurde langsam neugierig.
„Es ist eine Überraschung, kann ich jetzt heraufkommen?“ Die Stimme kam ihm i m mer bekannter vor, er hatte das sichere Gefühl, sie erst vor kurzem gehört zu haben.
„Ja gut, kommen Sie rauf, zweiter Stock rechts, Sie können den Fahrstuhl nehmen.“
Während er wartete, überlegte er, bei welcher Gelegenheit er diese Stimme gehört hatte. Dann fiel ihm etwas ein. Gestern Abend hatte er sich auf der Seite „YouTube“ mehrere Videos mit Sandra Bullock angesehen, unter anderem ihre Dankesrede bei der Bambi-Verleihung im Jahr 2000. Die Rede hatte sie sehr flüssig in deutscher Spr a che gehalten und über ihre bemerkenswerte Karriere erzählt. Bevor sie Schauspiel e rin wurde, hatte sie als Kellnerin, Putzfrau, Diskotänzerin und Hundefriseus e gea r beitet. Cornelius´ Gedanken wurden durch ein Klopfen und ein „Hallo, ich bin da!“ unterbrochen. Er ging zur Wohnungstür und schaute durch den Spion. Es gab zwar auch direkt vor seinem Wohnungseingang eine Videokamera, aber auch die war o f fensichtlich gestört. Durch den Spion sah er ein Frauengesicht, das durch die extreme Weitwinkeloptik stark verzerrt war. Er öffnete…und erstarrte. Vor ihm stand, in e i nem hautengen, blauen Kleid: Sandra Bullock oder zumindest eine perfekte Doppe l gängerin. Alles an ihr stimmte: das Gesicht, die Figur, selbst das Kleid, das sie in dem Film „Miss Undercover“ getragen hatte, war aufs I-Tüpfelchen genau
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