Geliebte zweier Welten: Roman (German Edition)
das, was er dir angetan hat. Und du musst anwesend sein. So gehört sich das. Du warst die Geschädigte.«
Aileen runzelte die Stirn, kräuselte die Lippen und warf einen Blick auf die Geschäftigkeit, die hinter Caleb einsetzte. Drei Vanir brachten einen niedrigen runden Steintisch nach vorn und stellten ihn in der Mitte des Versammlungsortes auf.
Caleb ging zu seiner Schwester Daanna, stellte sich vor sie, zog sein schwarzes Poloshirt aus und gab es ihr.
»Caleb«, begann Daanna mit angstvoller Stimme, »du musst das nicht machen.«
Aileen spitzte die Ohren und lauschte der Unterhaltung.
»Ich muss es tun, Daanna, und auch das wird nicht ausreichen, um den Schmerz, den ich ihr zugefügt habe, heilen zu lassen.«
»Du wirst viel Blut verlieren … und denk daran, was passiert, wenn es dir nicht gelingt, dass sie dich nährt …«
»Mach dir keine Sorgen, Daanna. Bráthair ist stark.« Er lächelte.
Aber er konnte sie nicht täuschen. Es würde sehr schmerzhaft werden.
Daanna bekam feuchte Augen und senkte den Blick.
Cahal und Menw bereiteten ein paar lange und grobe Stricke vor. Sie tauchten sie zunächst in etwas Honigartiges ein und danach in eine Schüssel voller Kristallsplitter von unterschiedlicher Größe. Was würden sie tun?
Menw zeigte Caleb die ordnungsgemäß vorbereiteten Stricke, und der überprüfte sie. Er nickte, und Menw ließ sie auf dem Tisch liegen.
Caleb drehte sich um und sah Aileen an.
Sie betrachtete ihn von oben bis unten. Sein Oberkörper war nackt, und sein Blick hatte sich verdüstert. Er nahm die schwarze Kordel aus seinem Haar und ließ sich die Strähnen herunterfallen.
»Was machst du?«, fragte Aileen und musste schlucken.
»Komm hierher, Aileen«, sagte Caleb.
Aileen blieb regungslos stehen.
»Bitte«, bat er.
Aileen sah ihren Großvater und die Berserker zweifelnd an und stellte sich dann vor ihn. Caleb machte einen Schritt nach vorn, ohne seinen Blick von ihren Augen abzuwenden, umgriff ihre Taille mit einem Arm und tastete an ihrem unteren Rücken herum.
Aileen fuhr zusammen und spürte, wie Schmetterlinge in ihrem Bauch herumflatterten. Sie hatte Mühe zu atmen. Caleb hielt inne, als er gefunden hatte, wonach er suchte. Er nahm den Dolch, den Aileen am Gürtel trug, und zog ihn aus dem Futteral.
»Was machst du eigentlich hier?«, fragte sie durcheinander und entfernte sich etwas von ihm.
Caleb machte einen Schritt nach vorn, ergriff ihre Hände mit Nachdruck, öffnete ihre Finger und legte den Griff von Thors Dolch dazwischen. Er zwang sie dazu, die Hand um den Dolch zu schließen. Dann nahm er ihr Handgelenk mit beiden Händen, um die Spitze des Dolches gewaltsam an sich zu ziehen und auf sein Herz zu richten. Er kniete sich vor dem aufgeregten Gemurmel der Berserker und den sich unbehaglich fühlenden Vanir nieder.
Das, was sich gerade zwischen ihnen abspielte, brachte Aileen zum Zittern.
»Aileen«, sagte Caleb mit fast gänzlich gebrochener Stimme und gesenktem Kopf, »mein Leben liegt in deinen Händen. Ich bitte dich für das Unrecht, das ich dir zugefügt habe, um Verzeihung. Könnte ich es ungeschehen machen, würde ich es tun, doch das kann ich nicht …« Er blickte auf, und in seinem Blick lagen Verletzlichkeit und Reue. »Deshalb ist das Mindeste, was ich tun kann, es dir zu überlassen, ein Urteil über mich zu fällen. Ich lebe oder sterbe – du entscheidest darüber.«
»Ich … Nein … Lass mich los …« Sie versuchte sich loszumachen. Wenn es etwas gab, das sie gerne tun würde, dann ihn sich erheben lassen und vorschlagen, dass sie alle nach Hause gehen sollten.
»Aileen« – Caleb hielt sie dort fest –, »das ist der Dolch dessen, der mein bester Freund war. Es ist gerecht, dass seine Tochter mir ein Ende bereitet, nach dem, was ich dir angetan habe. Ich habe sein Vermächtnis beleidigt, ich habe dich beleidigt. Ich verdiene es. Übe Vergeltung. Räche dich dafür.«
»Bittest du mich darum, dass … dass ich dir den Dolch ins Herz stoße?«, fragte sie verunsichert.
Sie hatte ihre schwarzen Haare zu einem Knoten zurückgenommen, doch ein paar Strähnchen fielen ihr ins Gesicht und über den Nacken. Ihr Mund war ganz trocken, und sie hatte weiche Knie.
Caleb lächelte schwach und sah sie zärtlich an.
Nein. Sie wäre nicht in der Lage, das zu tun. Sie war gut und mitfühlend.
»Tatsächlich müsstest du es mir herausreißen, oder ich würde nicht sterben. Wenn du möchtest, kannst du mir den Kopf abschneiden. Ich bringe
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