Geliebter Barbar
verwirrte sie vollkommen. Eben noch hatte er sich brummig wie ein Bär verhalten, obwohl Judith zugeben mußte, daß das Ziel seines Zorns Alex gewesen war.
»Ich lasse Euch los, wenn ich es will«, flüsterte er rauh. »Nicht, wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt!«
Sie haßte seine Arroganz. »Und wann denkt Ihr, wird das ein? Oder darf ich vielleicht nicht fragen?«
Er hob die Augenbrauen über den zornigen Tonfall. Dann schüttelte er den Kopf. »Ihr seid wütend auf mich«, stellte er fest. »Sagt mir, warum.«
Sie versuchte, seine Hand von ihrem Kinn zu schieben, gab jedoch auf, als er fester zupackte.
»Ich lasse Euch nicht los, bevor Ihr mir nicht gesagt habt, was Euch so zornig macht«, sagte er.
»Ihr habt mich geküßt.«
»Ihr mich auch.«
»Ja, stimmt«, gab sie zu. »Und das bereue ich auch nicht. Was sagt Ihr nun dazu?«
In ihren Augen, in ihrer Stimme lag die Herausforderung. Ein Gedanke kam Iain glasklar zu Bewußtsein: ein Mann konnte alles vergessen, wenn er es zuließ, sich von ihrer Schönheit gefangennehmen zu lassen. »Ich bereue es auch nicht«, sagte er.
Sie warf ihm einen grimmigen Blick zu. »Vielleicht nicht, als es geschah. Aber jetzt tut Ihr es, nicht wahr?« Er hob die Schultern, und sie hätte ihm am liebsten einen Tritt versetzt. »Ihr sollt mich nie wieder berühren, Iain.«
»Ihr habt mir keine Befehle zu geben, Weib!«
Seine Stimme hatte einen harten Klang angenommen, doch sie ignorierte das.
»Wenn es darum geht, wen ich küsse, kann ich alle Befehle geben, die mir passen. Ich gehöre Euch nicht«, setzte sie hinzu, wobei ihre Stimme weicher wurde.
Er sah aus, als wollte er sie erwürgen. Sie fürchtete, zu hochmütig gewesen zu sein.
»Ich wollte nicht unhöflich werden«, begann sie darum. »Ihr seid gewohnt, daß alles nach Eurem Willen geht, da Ihr der Clansherr seid. Dennoch habe ich als Außenstehende nicht die Pflicht, Euren Befehlen zu gehorchen«, versuchte sie ihren Standpunkt ihm in vernünftigem Tonfall zu erklären. »Ich meine, als Euer Gast …«
Sie hielt inne, als er den Kopf schüttelte. »Judith, würdet Ihr mir zustimmen, daß Ihr unter meines Bruders Schutz steht, solange Ihr Euch in seinem Haus aufhaltet?«
»Ja.«
Er nickte. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Er tat ganz so, als hätte er gerade ein wichtiges Argument angeführt, und sie hatte keine Ahnung, was er ihr eigentlich damit sagen wollte.
Abrupt drehte er sich um und ging weg. Judith rannte ihm nach. Als sie ihn eingeholt hatte, nahm sie seine Hand. Augenblicklich blieb er stehen.
»Ja?« fragte er.
»Warum lächelt Ihr?«
»Weil Ihr mir eben zugestimmt habt!«
»Ich? Wieso?«
Zuerst dachte er, sie wollte ihn absichtlich ärgern, aber ihr verständnisloser Blick belehrte ihn eines anderen. »Bis Ihr wieder nach England zurückkehrt, bin ich für Euch verantwortlich. Ihr werde also meinen Befehlen gehorchen«, fügte er mit einem Nicken hinzu. »Und Ihr habt mir zugestimmt!«
Sie schüttelte den Kopf. War der Mann verrückt? Wie in Gottes Namen hatte ihn ihre Erklärung, daß er sie nicht mehr küssen durfte, zu dieser unsinnigen Schlußfolgerung gebracht?
»Ich habe nichts dergleichen getan«, sagte sie.
Noch immer hielt sie seine Hand, und er bezweifelte, daß sie sich darüber klar war. Er hätte sie wegziehen können, aber er tat es nicht.
»Ihr gabt zu, daß ich unter Patricks Schutz stehe«, erinnerte sie ihn. »Das heißt, er ist für mich verantwortlich, nicht Ihr!«
»Stimmt«, sagte er. »Aber ich bin Clansherr, und Patrick dient daher mir. Versteht Ihr nun?«
Sie zog ihre Hand weg. »Ich verstehe, daß Ihr glaubt, sowohl Patrick als auch Ihr könntet mir Befehle geben«, antwortete sie. » Das ist es, wie ich es verstehe.«
Er grinste und nickte. Judith lachte laut auf, doch Iain begriff nicht, warum sie so reagierte.
Doch er mußte nicht lange darüber nachdenken.
»Ihr glaubt also, daß sowohl Ihr als auch Patrick für alles, was ich tue, verantwortlich seid?«
Er nickte wieder.
»Meine Vergehen sind demnach Eure?«
Iain verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Wollt Ihr irgendeinen Unsinn anstellen?«
»O nein, natürlich nicht«, antwortete sie hastig. »Ich bin wirklich sehr dankbar, daß ich in Eurem Heim verweilen darf und möchte bestimmt keine Probleme bereiten.«
»Euer Lächeln läßt mich an Eurer Ernsthaftigkeit zweifeln«, bemerkte er.
»Ich lächle aus anderen Gründen«, erklärte sie. »Ich habe soeben begriffen, was für ein
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