Geliebter Barbar
verdaut haben …«
»Soll das heißen, keiner weiß, daß ich komme?«
»Unterbrecht mich nicht, wenn ich mit Euch rede«, befahl er.
Sie tätschelte wieder seinen Arm. »Verzeiht mir«, flüsterte sie. Sie klang nicht im mindesten reumütig. Wieder seufzte er.
»Patrick, Frances Catherine und die Ratsmitglieder wissen von Eurem Kommen. Die anderen werden es bei Eurer Ankunft erfahren. Judith, ich will nicht, daß Ihr einen … schwierigen Einstieg habt.«
Er schien ernsthaft besorgt um sie zu sein und dies durch seine Barschheit überspielen zu wollen. »Ihr seid ein guter Mensch«, sagte sie darum mit vor Rührung heiserer Stimme.
Er reagierte, als hätte sie ihn beleidigt. »Zur Hölle damit.«
Sie würde diesen Mann wirklich nie verstehen! Judith strich ihr Haar zurück, stieß einen Seufzer aus und fragte: »Weshalb seid Ihr nun wirklich besorgt? Glaubt Ihr, man könnte mich für minderwertig halten?«
»Anfangs vielleicht«, begann er. »Aber wenn sie erst …«
Sie unterbrach ihn wieder. »Das macht mir nichts. Meine Gefühle sind nicht so leicht zu verletzen. Ich kenne das von früher, bitte hört auf, Euch um mich Sorgen zu machen.«
Er schüttelte den Kopf. »Aye, man wird Eure Gefühle verletzen«, erwiderte er und dachte an ihren Gesichtsausdruck, als seine Männer sich am ersten Abend nicht gleich zu ihr gesellen wollten. Er hielt inne, versuchte sich zu erinnern, was er hatte sagen wollen, und platzte dann plötzlich heraus: »Wer zum Teufel glaubte denn früher, Ihr wäret minderwertig?«
»Meine Mutter«, antwortete sie, bevor sie sich’s versah. »Ich möchte jetzt aber nicht über meine Familie reden«, fügte sie hinzu. »Sollten wir nicht besser losreiten?«
»Judith, ich will nur, daß Ihr eins wißt: Solltet Ihr jemals in ernsthafte Schwierigkeiten kommen, sagt es Patrick. Er wird mich finden.«
»Warum kann ich es nicht einfach Euch sagen? Warum muß ich Frances Catherines Mann vorschieben?«
»Die Befehlskette …« Ihr plötzliches Lächeln unterbrach ihn mitten im Satz. »Was ist?«
Sie hob die Schultern. »Ich freue mich, daß Ihr Euch um mein Befinden sorgt.«
»Was ich Euch gegenüber fühle, hat nichts hiermit zu tun«, sagte er scharf. Er hatte seiner Stimme absichtlich Härte verliehen, damit sie verstand, wie wichtig es war, was er ihr zu sagen hatte. Verdammt, er wollte sie schützen. Wenn Patrick recht hatte, waren Frauen schrecklich empfindlich, und er wollte nicht, daß Judith verletzt wurde. Er wollte, daß ihr Besuch so friedlich wie möglich verlief, und er wußte auch, daß die Ratsmitglieder ihr das Leben unerträglich machen würden, wenn sie sich nicht auf schickliche Art und Weise benahm. Jede ihrer Bewegungen würde genau beobachtet werden. Judith hatte vollkommen recht: Eine vorgefertigte Abneigung war nicht fair. Aber wie naiv, so denken zu wollen. Iain war realistisch genug, um zu wissen, daß Fairneß keine Rolle spielte. Es ging ums Überleben. Und wenn er sie einschüchtern mußte, damit sie ihre delikate Position begriff, dann, bei Gott, würde er sie eben einschüchtern.
»Ihr schreckt mich wirklich nicht mit Eurem finsteren Blick, Iain. Ich habe nichts Falsches getan.«
Er schloß ergeben die Augen. Man konnte sie einfach nicht kleinkriegen. Gott, am liebsten hätte er laut gelacht. »Mit Euch zu reden ist wirklich mühsam«, bemerkte er.
»Weil ich eine Fremde bin oder weil ich eine Frau bin?«
»Beides, denke ich«, antwortete er. »Ich habe noch nicht mit so vielen Frauen gesprochen.«
Sie riß staunend die Augen auf. »Warum nicht?«
Er hob die Schultern. »Es war nicht nötig«, erklärte er.
Sie konnte nicht glauben, was er da sagte. »Ihr redet, als sei das Schwerstarbeit!«
Er grinste. »Das ist es.«
Ob das eine Beleidigung sein sollte? Aber es kümmerte sie nicht, denn ein Lächeln milderte seine Bemerkung.
»Gibt es bei Euch keine Frauen, mit denen Ihr gern redet?«
»Das ist im Moment nicht die Frage«, sagte er knapp. Er wollte gerade wieder auf das ursprüngliche Thema zurückkommen, als sie ihm die Aufgabe abnahm. »Ich weiß, ich weiß«, murmelte sie. »Obwohl Eure Gesetze eigentlich nichts mit mir zu tun haben, verspreche ich, mich anzupassen, solange ich bei Euch bin. So, seid Ihr nun beruhigt?«
»Judith, ich verbitte mir jede Anmaßung.«
Seine Stimme hatte sanft geklungen, ohne einen Hauch von Zorn. Er hatte nur eine Tatsache festgestellt, und sie reagierte auf die gleiche Art. »Ich war nicht anmaßend«,
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