Geliebter, betrogener Mann
in der Sonne vertrocknete Buddhastatue saß er ungedeckt auf dem Beobachtungshügel, die Hände gefaltet, die Augen geschlossen, in einer Trance der Todesbereitschaft. Pohland und Dr. Heidkamp lagen in Deckung hinter einer niedergesprengten Hütte und sahen zu, wie die Hubschrauber gleich Rieseninsekten die regungslose Gestalt umschwirrten und beobachteten. Sie schossen nicht mehr, sie flogen suchend herum und machten einen Platz aus, auf dem sie landen konnten.
Pohland hatte plötzlich eine Idee. Ob in Asien oder Afrika – ein weißes Tuch war überall das Zeichen der Ergebung. Ehe ihn Dr. Heidkamp festhalten konnte, war er aufgesprungen und schwenkte aus den Trümmern der Hütte sein weißes Taschentuch, neben der Armbanduhr das letzte europäische Stück, das er besaß und das ihm sowohl die Rebellen gelassen wie auch Puan Lampun zurückgegeben hatte.
»Sind Sie verrückt?« brüllte Dr. Heidkamp. »Sollen wir im letzten Moment noch draufgehen?!«
Es war zu spät, den Irrtum wieder gutzumachen. Einer der Hubschrauber kehrte zurück, während der andere auf dem Dorfplatz niederging. Noch im Hinwerfen sah Pohland, wie aus der gläsernen Kanzel der Lauf des Maschinengewehres auf ihn schwenkte, er sah den zuckenden Feuerstrahl, hörte das Gedröhn des Motors und spürte den Wirbelwind der kreisenden Propeller.
Neben ihm ächzte Dr. Heidkamp auf und rollte zur Seite. »Hunde!« schrie Pohland in ohnmächtiger Wut. »O ihr Hunde!« Dann traf es auch ihn … er bekam einen Schlag an die Schulter, als sause ein Schmiedehammer auf ihn herab. Im Weggleiten in die Bewußtlosigkeit spürte er noch, wie es warm über seine Brust rann, wie ein wildes Zittern durch seinen Körper flog. Dann wurde es dunkel.
Die Besatzungen der beiden Regierungshubschrauber standen wenig später vor den zusammengekrümmten Körpern in den Hüttentrümmern. Ein Offizier kniete neben ihnen und riß ihnen die Kleiderfetzen von der Brust.
»Ausländer«, sagte er erstaunt zu den ihn umstehenden Männern. »Wir fliegen sofort zum Hauptquartier zurück. Sie leben noch.«
Pohland und Dr. Heidkamp wurden notdürftig verbunden, auf Bambusstangen festgebunden und zu den Hubschraubern getragen. Puan Lampun saß noch immer auf seinem Hügel, die Arme gekreuzt, die Augen geschlossen. Als einer der Soldaten ihn anstieß, fiel er um wie ein Holzklotz. Sein Herz hatte einfach ausgesetzt, weil er es so wollte. Keine Kugel hatte ihn getroffen, kein Splitter; er hatte sich selbst getötet mit dem Befehl: Schlafe … und gehe hinüber ins Nirwana … Ein Rätsel Asiens, das wir nie begreifen werden.
Die große Stunde Gerda Pohlands stand bevor. Sie war nach Gut Heidfeld zurückgekehrt, und Dr. Corbeck hatte ihr bis heute den Aufmarsch der Verwandtschaft verschwiegen. Als Bevollmächtigter mit Unterschrift führte er allein den ganzen unerfreulichen Schrift wechsel mit den gegnerischen Anwälten und den Gerichten und war so weit gekommen, daß man von einer offiziellen Anfechtung des Testaments absehen wollte, wenn ein Vergleich zustande käme. Ein Vergleich, der viermal hunderttausend Mark kosten sollte. Dr. Cor beck lehnte schroff ab. So standen die Verhandlungen, als Gerda Pohland in die Privatklinik Professor Dr. Kanoldts kam, um dem Erben der Pohland-Werke das Leben zu schenken.
Dr. Wehrmann war in heller Aufregung, als man ihm telefonisch mitteilte, daß die Wehen eingesetzt hätten. Er trank ein paar Kognaks hintereinander und rief Dechant Bader an, als er merkte, daß die Kognaks nicht halfen, seine Unruhe zu glätten.
»Können Sie das verstehen?« rief er ins Telefon. »Fast vierzig Jahre bin ich Arzt. Aus den Kindern, die ich schon geholt habe, könnte man ein Regiment zusammenstellen. Und jetzt sitze ich hier herum, kaue Nägel, besaufe mich und benehme mich, als sei ich selbst ein junger Vater! Dechant, ich gestehe, ich bin in einem Zustand höchster Erregung. Stellen Sie sich vor, auch dieses Kind würde so wie Tutti … es wäre nicht auszudenken …«
»Wie nervenschwach ihr alle seid!« Die Stimme Baders dröhnte in alter Stärke. »Auch Herr Ludwig sitzt seit heute morgen auf Heidfeld und säuft sich quer durch den Weinkeller. Vertrauen Sie auf Gott, Doktor.«
»Wenn das hilft …«
»Versuchen Sie es mal, zum erstenmal!«
»Dechant!« Die Stimme Dr. Wehrmanns war etwas säuerlich. »Ich schlage vor, wir treffen uns alle in der Klinik. Sie holen Herrn Ludwig ab und kommen mit ihm in die Stadt.«
»Wenn es Sie beruhigt … gut, ich
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