Geliebter, betrogener Mann
stürzten und ihre Körper aufgespießt wurden.
Die sechs Angreifer, die bis an die Palisade gelangten, brachen im Feuer der Gewehre zusammen. Auch Dr. Heidkamp schoß nach langem Zögern. Er hatte einmal geschworen – im Jahre 1947 war es, nach seiner Entlassung aus sowjetischer Gefangenschaft –, daß er nie mehr ein Gewehr in die Hand nehmen würde, um auf einen Menschen zu zielen. Jetzt blieb ihm zur Rettung des nackten Lebens nichts anderes übrig. Als er sah, daß die Thais miserabel schossen und vier Rebellen bis an den Bambuszaun herankamen, drückte er den Zeigefinger durch und gab einen kurzen Feuerstoß. Zwei Meter vor seiner Schießscharte brachen die Rebellen zusammen, kugelten übereinander und starben stumm. Hinter ihnen, aus der Erde, aus den Löchern, gellten noch immer die gräßlichen Schreie; ein tierisches Gebrüll, das unerträglich wurde. Puan Lampun ging zu Pohland, der bleich hinter seinem Beobachtungshügel lag und an einem Brechreiz würgte.
»Eine schöne Schlacht, Monsieur«, sagte der Alte und rieb sich die Hände. »Wie sie in die Grube fielen … es war fast lustig anzuschauen. Nun schreien sie … aber sollen sie es … Bestien müssen brüllen.«
»Ich flehe Sie an, Puan Lampun, lassen Sie die Verwundeten heraufholen!« Pohland hielt sich die Ohren zu. »Machen Sie ein Ende!«
»Warum?« Der Alte setzte sich neben Pohland, als gelte es, eine interessante Unterhaltung zu führen. »Mitleid? Ich bitte Sie … wenn Sie gesehen hätten, was sie mit unseren Frauen und Mädchen gemacht haben … und was diese da, die jetzt schreien, auch mit Ihnen gemacht hätten … Nein, sie sollen sich die Seele aus dem Leib brüllen.«
»Puan Lampun, waren Sie nicht einmal ein Christ? Haben Sie vergessen, was man Sie lehrte?« Pohland sah, wie Dr. Heidkamp hinter einer Hütte stand und sich erbrach. »Machen Sie ein Ende!« schrie Pohland grell. Puan Lampun sah ihn erstaunt an, zuckte die mageren Schultern und ging.
Wenig später gingen ein paar Thais von Grube zu Grube und schossen in die Tiefe. Das fürchterliche Schreien erstarb. Dr. Heidkamp lag in seiner Hütte und betrank sich an dem scharfen Schnaps, als Pohland eintrat. Er war schon so betrunken, daß er Pohland nicht mehr erkannte, sondern an ihm vorbeistierte und Worte murmelte, die niemand mehr verstand.
Draußen kletterten die Dorfbewohner mit Strickleitern in die Gruben und holten die Leiber der toten Rebellen von den Bambuspfählen. Man trug die durchspießten Körper zum Sumpf und ließ sie dort versinken. Die Natur fraß sie auf wie alles in dieser grünen Hölle.
Drei Tage später – die Thais hatten die Sprenglücke im Bambusverhau wieder geschlossen und die Fallgruben wieder abgedeckt – zogen zwei Hubschrauber der Regierungstruppen Kreise über dem Dorf Muang Thao. Der alte Puan Lampun starrte hinauf in den blauen Himmel und verfolgte die schwirrenden und brummenden Rieseninsekten mit besorgten Blicken. Dr. Heidkamp, der ein Signalfeuer entfachen wollte, wurde durch einen Fausthieb daran gehindert.
»Es tut mir leid, Monsieur«, sagte Puan Lampun zu Michael Pohland. »Aber Sie wissen: Unsere Feinde sind überall. Auch die da oben sind im Grunde nicht anders als die Rebellen. Die Rebellen berauben uns, und die Regierungstruppen bestrafen uns, weil wir uns berauben lassen. Sie nennen es Konspiration mit den Rebellen. Was sollen wir tun? Wir müssen wie die Ratten leben …«
Es zeigte sich bald, daß Puan Lampun recht hatte. Die beiden Hubschrauber gingen tiefer, überflogen ein paarmal das Dschungeldorf und warfen dann kleine Bomben und Sprenghandgranaten ab. Mitten zwischen den Hütten explodierten sie und schleuderten Erde, Menschenkörper, Hausteile in die kochende Luft. Puan Lampun saß steif inmitten des Chaos, hatte die Hände über der Brust gekreuzt und erwartete den Tod. Er war so ruhig wie nie, hatte den Kopf zurückgelegt und sah auf die Hubschrauber, die immer wieder anflogen und neue kleine Bomben abwarfen. Der zweite Hubschrauber begann jetzt auch, mit einem Maschinengewehr auf alles zu schießen, was sich zwischen den Hütten und innerhalb der Palisaden bewegte. Er kreiste wenige Meter über dem Boden, und Pohland sah deutlich unter der ledernen Fliegerkappe das breite, gelbe Gesicht des Schützen.
Das Dorf war verlassen. Die Überlebenden, Männer, Frauen, Kinder, Greise, waren in das Schilf geflüchtet und versteckten sich im Sumpf wie Wasserratten. Nur Puan Lampun war allein zurückgeblieben. Wie eine
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