Geliebter, betrogener Mann
…«
»Renaissance!«
»Ja, so heißt's. Und 'n Schlafzimmer.« Petermann blinzelte verträumt. »Ich sage, meine Alte hat gestaunt. Betten mit gelber Seide bezogen. Und was hat Anna gesagt? ›Wennste mit deinem Speckkopf dadrin liegst, wär alles in einer Woche versaut.‹ So geht's einem nach acht Jahren Ehe. Ja, und der Herr Ludwig ist gestern gekommen, der Vater der Chefin.«
»Ach ja.« Pohland nickte und klopfte Petermann auf die Schulter. Der Vater Gerdas. Er hatte ihn nur einmal gesehen, bei der Hochzeit. Ein fröhlicher, alter Herr, der zum Frühstück eine halbe Flasche Rotwein trank. Er hatte versprochen, nach den Flitterwochen zu Besuch zu kommen. An ihn hatte keiner mehr gedacht. Nun war er da, und man würde nicht wissen, was man mit ihm anfangen sollte.
Petermann riß Pohland aus seinen Gedanken.
»Ich habe auch Rosen besorgt, Chef. Langstielige, dunkelrote, noch ganz knospig. Fünfundzwanzig Stück. Ist's recht so?«
»Wie immer, Petermann.« Pohland lachte etwas gequält. »Sie sind meine zweiten Gedanken.« Rote Rosen … das war eine Liebeserklärung. Wie würde Gerda sie aufnehmen?
Michael Pohland hatte Angst vor ihrem ersten Wort, ja sogar vor dem ersten Blick, der ihm galt.
Sie saßen im Salon und tranken Wein, als Michael Pohland eintrat. Der große, offene Kamin war angezündet, in den Flammen pras selte und knackte das Buchenholz und schoß Funken aus den di cken Kloben hinauf in den Rauchfang. Gerda sprang mit einem kleinen Schrei der Freude auf, und auch Ernst Ludwig erhob sich aus dem tiefen Sessel.
Ohne ein Wort hielt Pohland den großen Rosenstrauß hin. Über die blutroten Blüten hinweg trafen sich ihre Blicke, und es war nichts mehr in ihnen von Schuld oder Frage, Abwarten oder Abwehr. Sie sahen sich an wie damals auf Capri, und alles, was gewesen war, versank unter diesem Blick zu Asche, die der heiße Wind ihres Atems wegblies.
»Rote Rosen!« sagte Ernst Ludwig und räusperte sich, als der Kuß über die Blüten hinweg ein bißchen zu lang ausfiel. »Ich dachte, das Füttern ist vorbei. Bin ich zu früh gekommen, Kinder?«
»Willkommen, Vater!« Pohland reichte ihm die Hand hin. »Wenn es danach geht, ist es immer zu früh. Aber du weißt, daß du jederzeit hier zu Hause bist.«
»Ein großes Wort, mein Junge.« Der alte Ludwig lachte und trank schnell sein Glas leer. »Leider erlebe ich eure silberne Hochzeit nicht – dann hätte ich dich an dieses Wort erinnert.«
»Alte Unke!« Gerda lachte in hektischer Fröhlichkeit. »Und dabei warst du mit Mama so glücklich.«
»Man ist eben ein guter Komödiant.« Ernst Ludwig hob beide Arme, als seine Tochter ihm einen Klaps geben wollte. Dann blinzelte er seinem Schwiegersohn zu. »Und müde bin ich, Kinder. In meinem Alter ist das Autofahren wie eine Schwerarbeit. Ich haue mich hin. Ihr seid doch nicht böse, was?«
»Nein, Paps«, rief Gerda.
»Das glaube ich dir gern.«
Er winkte fröhlich und verließ schnell den Salon.
Gerda trug die Rosen zu einem Tisch und legte sie ab. Dann drehte sie sich langsam um. Pohland stand mitten im Raum, die weißen Strähnen in seinen Haaren leuchteten im Flackern des Kaminfeuers.
»Soll ich dir ein Glas Wein einschenken, Micha?« fragte sie.
»Nein, danke.« Sie sah, wie er an der Unterlippe nagte, wie er Worte suchte, wie er hilflos war, so hilflos und einsam wie nie in seinem Leben.
»Komm!« sagte sie leise und zärtlich. »Komm her, Micha.«
Sie nahm seine Hand, zog ihn mit sich aus dem Zimmer, und er folgte ihr wie ein gehorsamer Junge, der nicht weiß, ob er belohnt oder bestraft werden soll. Erst als sie vor der Tür des Schlafzimmers stand, zögerte er. Sie stieß die Tür auf und drehte das Licht an.
Das Zimmer war umgeräumt. Die alten Möbel waren entfernt; statt dessen stand ein weißes Schlafzimmer auf hellblauen Teppichen im Raum, bezogen mit gelber Seide.
»Gerda!« sagte Pohland mit wie zugeschnürter Kehle. »Gerda …«
Sie antwortete nicht. Als er an ihr vorbeigegangen war, schloß sie hinter sich die Tür. Dann breitete sie die Arme aus, es war eine Geste völliger Hingabe.
»Ich liebe dich, Micha«, sagte sie leise, und doch war es, als bräche ein Vulkan aus …
Unten im Park standen Anna und Gotthelf Petermann und sahen auf die erleuchteten Fenster des Schlafzimmers. Sie standen Hand in Hand und warteten, kleine Schatten in der Dunkelheit. Als die Lichter erloschen, drückte Petermann seiner Frau die Hand.
»Nun ist alles gut«, sagte er in seiner
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