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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zur eigenen Praxis fehlt das Geld. Er verdient zu wenig. Jutta muß mitarbeiten, denn wie soll man bei den heutigen Preisen mit dem bißchen Geld eine Ehe aufbauen, sich einrichten, sich kleiden, die wahnsinnigen Mieten zahlen? Gut. Jutta bekommt eine Stellung. Sie hat etwas gelernt und – nehmen wir es an – sie erhält einen Posten, wo auch sie ein paar hundert Mark nach Hause bringt. Hurra, sagen die beiden jungen Leute – jetzt kann man eine Ehe anfangen. Und nun erscheint das erste Kind. Das geht noch, man kann sich einigermaßen einrichten. Aber dann kommt das zweite Kind, Jutta muß naturgemäß bei zwei Kindern ihre Stellung aufgeben, der Ehemann schuftet allein weiter. Und dann kommt – es ist ja Gottes Segen – das dritte Kind. Nun wachsen die Sorgen über den Kopf, es kommen Schwierigkeiten, Differenzen, unüberwindliche Klippen. Die Ehe zerbricht, muß zerbrechen, weil es keinen Ausweg gibt aus dem, was Sie ›sittliche Ordnung‹ nennen.«
    »Sie sollten Politiker werden«, sagte Dechant Bader spitz. »Man kann Moral nicht mit Zahlen abschaffen.«
    »Sehen Sie sich die Petermanns an, Herr Dechant … deshalb war ich überhaupt gekommen.«
    »Ja, die Anna.« Bader nickte schwer. »Sagen Sie bloß nicht, daß sie ihre sechs Kinder als Last empfindet. Ich weiß es besser.«
    »Sie wissen aber auch, daß sie dreimal dem Tode nahe war. Zuletzt hat sie nur ein Wunder gerettet.«
    »Sie sagen es: Gott war bei ihr.«
    »Und vier Ärzte mit allen Möglichkeiten der modernen Medizin. Mit Ihrem Segen allein wäre sie jämmerlich verblutet.«
    »Ich werfe Sie doch noch hinaus, Doktor!« sagte Dechant Bader laut.
    »Wissen Sie, daß Anna Petermann ein siebtes Kind garantiert nicht überlebt?«
    »Dann muß man enthaltsam sein, Doktor.«
    »Ein schönes Wort, aber nur realisierbar in der Soutane.«
    »Sehen Sie. Das ist ein Beweis, daß es möglich ist. Die Kirche wird nie mehr verlangen als das, zu was sie selbst fähig ist.«
    »In diesem Falle unter Niederknüppelung eines Naturtriebes.«
    »Sie sagen Trieb. Das ist gut. Triebe soll man unterdrücken können.«
    »Können Sie Ihren Eßtrieb unterdrücken?«
    »Das ist doch wohl etwas anderes, Doktor.«
    »Wenn die männliche Bevölkerung der Welt samt und sonders so zum Heiligen begabt wäre, daß sie das tut, was Ihre religiöse Moral erwartet, und wenn die Frauen ebenso eremitenhaft wären, Himmel noch mal, dann mag diese Welt untergehen, denn dann ist sie stinklangweilig! Guten Tag.«
    Dr. Wehrmann rannte aus dem Zimmer. In der Bibliothek holte ihn Dechant Bader ein und hielt ihn am Mantel fest.
    »Darüber sprechen wir noch, Doktor!« schrie er. »Hier geht es um Grundsätze der Kirche! Nur noch eine Frage: Was ist mit Anna Petermann? Warum sind Sie gekommen?«
    »Nur, um Ihnen zu sagen, daß ich ein siebtes Kind verhindern werde. Ich werde Anna von nächster Woche an Anti-Baby-Pillen geben.«
    »Sind Sie verrückt, Doktor?« stotterte Bader entsetzt. »Ich werde das verhindern.«
    »Das können Sie nicht. Eine Predigt über Kindersegen wirkt nie so stark wie die Garantie, daß ein neues Kind den sicheren Tod bedeutet. Und nun fahre ich zu Jutta Westhues. Man tröstet die Ängstlichen nicht, indem man ihnen von Strafe predigt. War es nicht Christus, der die Gefallene zu sich aufhob und sprach: Wer unter euch ist ohne Sünde, der werfe den ersten Stein auf sie …?« Dr. Wehrmann riß die Tür zur Diele auf. »Sie sehen, lieber Dechant, selbst ich erinnere mich manchmal an Gottes Wort, denn es ist gnädiger als das, was die Menschen aus ihm gemacht haben.«
    Von der ›Pfarrburg‹ aus fuhr Dr. Wehrmann nach Heidkamp zum Hof des Bauern Westhues. Auch Dechant Bader setzte sich in seinen Wagen, um zu seinem Bischof zu fahren. Allerdings machte er einen Umweg und fuhr an Gut Heidfeld vorbei.
    Gotthelf Petermann, der im Pferdestall Heu aufschüttete, rannte durch einen Quergang in sein Haus.
    »Der Dechant kommt, Anna!« rief er und stellte einen Blumentopf mit Hyazinthen auf den Tisch. »Kein Wort von den Pillen des Doktors. Und wenn er davon anfängt, sagste, daß doch alles Spaß war.«
    Die Haustür klappte und schlug wieder zu. Ein schwerer Schritt kam durch den Flur. Anna Petermann zog die Decke bis zum Hals.
    Es klopfte kurz, energisch, keinen Widerspruch duldend. Ehe Gotthelf Petermann sein »Herein!« rufen konnte, war Dechant Bader schon im Zimmer und nickte Anna mit einem Lächeln zu.
    »Wie geht es uns denn?« fragte er leutselig und setzte sich

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