Geliebter Bodyguard
Wochenende vermutlich zu Hause.
Elle Bissette fuhr auf die Autobahn auf, er folgte ihr in entsprechendem Abstand. Irgendwann setzte sie den Blinker und nahm eine Ausfahrt.
Sie befanden sich jetzt auf einer Landstraße, die irgendwann durch eine Kleinstadt führte. Die Dämmerung hatte eingesetzt, es herrschte kaum Verkehr. Falco hielt sich hinter einem Lastwagen, der Gemüsekisten transportierte.
Die Minuten tickten vorbei. Je länger die Fahrt dauerte, desto mehr wuchs Falcos Argwohn. Wieso war Elle Bissette so entschlossen, die Sache allein zu regeln? Und wieso war sie so überzeugt, dass er niemals als ihr Liebhaber durchgehen würde?
Seine Finger umklammerten das Lenkrad fester.
War das der wahre Grund, warum er ihr folgte? Weil er ihr beweisen wollte, was zwischen ihnen passieren konnte, wenn er es darauf anlegte? Dass sie gar keine Rolle spielen musste, wenn er sie in seinen Armen hielt?
„Merda!“
Falco verlangsamte das Tempo. Was war los mit ihm? Es war Jahre her, seit er das Bedürfnis verspürt hatte, jemandem etwas zu beweisen. Und nie hatte es sich bei dem anderen um eine Frau gehandelt. Mit dem weiblichen Geschlecht hatte er noch nie Schwierigkeiten gehabt. Frauen, schönere Frauen als Elle Bissette, ließen sich problemlos von ihm erobern. Frauen, die keine Spielchen spielten. Wieso also folgte er dieser Bissette, noch dazu ins Nirgendwo?
Es war unlogisch – und somit völlig untypisch für ihn.
Lag wohl an dem langen Tag. Es war Zeit, sich etwas Entspannung zu gönnen. Ein Drink, eine warme Mahlzeit …
Die Frage war doch wohl eher – was wollte Elle Bissette hier mitten im Nichts? Hier gab es nur eine kurvige Straße, die sich den Berg hinaufwand, bestanden von hohen Bäumen zu beiden Seiten. Eine derart einsame Gegend war nicht gut, wenn man von einem Verrückten verfolgt wurde. Lichter, Leute … Menschenmengen boten Sicherheit. Ein Klischee, aber wahr.
Falco runzelte die Stirn.
Vielleicht war das Ganze ja nur ein Publicity-Gag von ihr. Oder auch die Idee des Regisseurs. Und jetzt war sie den weiten Weg hier herausgefahren, um sich mit einem Typen zu treffen. Eine Frau wie sie, schön und sinnlich, hatte bestimmt einen Liebhaber. Ein Wochenende mit heißem Sex in den Armen ihres Geliebten, dem sie alles gab, was sie Falco niemals geben würde. Ihr nackter Körper, ihre streichelnden Hände, ihr sinnlicher Mund …
Die Reaktion seines Körpers erfolgte so prompt, dass es peinlich war. Nein, er brauchte keinen Drink, er musste sich körperlich verausgaben und überschüssige Energie loswerden. Er kannte ein paar Fitnessstudios hier in L.A., wo er mit hartem Training ausschwitzen konnte, was immer durch sein System kursierte, und …
Weit vor ihm leuchteten die Rücklichter des Käfers auf, dann verschwanden sie. Falco blinzelte. Hatte sie ihn etwa abgehängt?
Er beschleunigte, bremste ab, als er an die Stelle kam, wo sie verschwunden war. Da er ohne Licht fuhr, war es schwierig, irgendetwas zu erkennen. Doch da … da schimmerte ein altes Holzgatter heller in der Dunkelheit, und dahinter lag ein Feldweg. Im Kegel der Scheinwerfer des Käfers konnte Falco eine Blockhütte auf einer Lichtung liegen sehen.
Die Lady hatte scheinbar ihr Ziel erreicht.
Ein Muskel zuckte in Falcos Wange. Ein seltsamer Ort für ein Rendezvous, ein gefährlicher Ort, falls sie hier allein sein sollte. Aber war das etwa sein Problem?
„Verdammt“, murmelte er, parkte den Geländewagen am Straßenrand und stieg aus.
Elle seufzte erleichtert auf, als die Hütte im Licht der Scheinwerfer auftauchte. Sie parkte den VW unter einer riesigen Fichte und stieg aus dem Wagen. Die Lichtung lag in fast absoluter Dunkelheit, ein paar Sterne funkelten zwar am Himmel, aber der Mond war noch nicht aufgegangen.
Nicht schlimm. Sie kannte hier jeden Zentimeter, sowohl der Lichtung als auch der Hütte. Und sie liebte jeden einzelnen davon.
Sie hatte die Hütte eine Zeit lang gemietet und war schrecklich enttäuscht gewesen, als der Besitzer ihr mitteilte, dass er sie abreißen lassen oder verkaufen wolle. Es war eine kleine Hütte, musste dazu dringend renoviert werden. Die Pläne für den Ausbau des Skiorts hier in der Nähe waren nie realisiert worden. Niemand hatte Interesse, das Blockhaus zu kaufen – niemand außer ihr. Nur konnte sie es sich nicht leisten.
Und dann, Wunder über Wunder, hatte sie das Engagement bei Bon Soir unterschrieben. Der Vertrag garantierte ihr mehr Geld, als sie je zu verdienen gehofft
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