Geliebter Bodyguard
Lüge. Sie wusste es genau. Sie konnte nicht länger die Augen davor verschließen. Doch der Himmel bewahre, sie würde es niemanden wissen lassen.
Ein lautes Hämmern ertönte an der Badezimmertür. „Eine Minute, Bissette. Sonst fällt das Frühstück aus.“
Elle kniff die Augen zusammen. Von wegen fürsorglich. Falco Orsini war ein ungehobelter Tyrann! Sie wollte nicht, dass er in ihrem Leben herumschnüffelte. Sie konnte es sich nicht leisten.
Sobald sie in der realen Welt zurück waren, würde sie ihn seiner Wege schicken. Hier ist der Scheck für Ihren Aufwand. Auf Nimmerwiedersehen, Mr. Bodyguard.
Und was diese lächerliche Drohung anbelangte, dass das Frühstück ausfallen würde …
Ihr Magen knurrte geräuschvoll.
Elle verdrehte entnervt die Augen, stellte das Wasser ab und griff nach dem Handtuch.
Falco befürchtete, dass man Elle erkennen würde. Schließlich war ihr Gesicht überall bekannt. Es fehlte noch, dass durchsickerte, Elle Bissette halte sich in wie immer dieses Nest hier hieß auf.
Sobald sie im Geländewagen saßen, griff Falco ins Handschuhfach und holte eine Sonnenbrille hervor.
„Setz die auf“, meinte er knapp.
Elle blickte ihn an, als hätte sie noch niemals eine Sonnenbrille gesehen. „Die brauche ich nicht. Aber danke für das Angebot.“
Fast hätte er laut gelacht. Ihr Dank kam einer Verwünschung näher als alles, was er bisher gehört hatte. Die Lady hatte Mumm, das musste man ihr lassen. „Setz sie trotzdem auf.“
„Ich sagte doch gerade …“
„Willst du in Ruhe frühstücken? Oder soll irgendein Trucker dich erkennen und begeistert die lokale Presse informieren, weil die berühmte Elle Bissette im Diner sitzt?“
Sie hasste ihn! Er hatte tatsächlich vorausgedacht. Also riss sie ihm die Brille aus der Hand und setzte sie sich auf die Nase.
Besser, aber immer noch nicht ausreichend, dachte er, bog links ab und fuhr auf eine Tankstelle auf. Stellte den Motor ab, tankte und verschwand in dem winzigen Laden, um zu bezahlen. Kam wieder heraus mit einer roten Baseballkappe, auf der das Logo der Ölfirma prangte.
„Hier. Versteck dein Haar darunter.“
Sie beäugte die Kappe, schauderte leicht angeekelt – der Schauder wäre wesentlich heftiger ausgefallen, hätte sie den Typen gesehen, dem Falco die Kappe für zwanzig Dollar abgekauft hatte! –, drehte sich das Haar zu einem improvisierten Knoten zusammen, zog die Kappe darüber und tief in die Stirn.
Schon viel besser. Zwar konnte man noch immer die untere Hälfte ihres Gesichts sehen, sehr schön, sehr fein und typisch Elle Bissette, aber der Einzige, der das erkannte, war der Mann, der sie heute Nacht sicher in den Armen gehalten hatte, der lange vor ihr wach geworden war und sich ausgemalt hatte, wie es wohl sein würde, wenn er die schlafende Prinzessin mit seinem Kuss aufweckte.
Er war ein Vollidiot.
Falco trat das Gaspedal durch, obwohl das Lokal keine zweihundert Meter weiter lag, und schwenkte rasant in die Parklücke.
„Ich weiß, es ist nicht das, was du gewohnt bist, aber wir alle müssen Opfer bringen.“
Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Du ahnst nicht einmal, an was ich gewöhnt bin.“ Und noch bevor er ihr sagen konnte, dass er das sehr wohl wusste und dass drittklassige Motels, schäbige Diner und hochnäsige, eingebildete Frauenzimmer ebenso wenig seiner Vorstellung von Spaß entsprachen, war sie schon aus dem Wagen heraus und marschierte auf den Eingang zu.
Das, was heute im Morgengrauen passiert war, passierte nun mal, wenn ein gesunder, viriler Mann nach genügend Schlaf neben einer Frau aufwachte. Elle war gerade da gewesen, mehr nicht.
Und was nun die herzzerreißende kleine Story über „diese Sache mit dem Sex“ betraf … Das war kompletter Blödsinn. Sie wusste genau, wie sie Männer benutzen konnte. Erst locken, dann zurückstoßen, dann wieder locken und noch mal zurückstoßen. Das machte einen Mann so fertig, bis sie von ihm genau das bekam, was sie wollte.
Sie war fast an der Tür. Er eilte ihr nach, packte ihr Handgelenk, zog sie an seine Seite.
„Ich kann allein laufen, Orsini“, fauchte sie ihn an.
„Nicht, solange du mit mir zusammen bist“, knurrte er zurück.
Der Blick, mit dem sie ihn bedachte, sagte laut und deutlich: Das wird nicht mehr lange sein .
Und das war ihm nur recht.
Sie fasste die Speisekarte nicht einmal an.
„Ich habe keinen Hunger“, sagte sie spitz und bestellte schwarzen Kaffee, als die Bedienung an den Tisch
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