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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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denken und schreiben zugleich.«
    »Ein Phänomen! Und hübsch sind Sie außerdem noch.«
    »Kann ich jetzt gehen, Herr Direktor?«
    In diesem Augenblick klopft es an der Tür.
    Ein Mann in einer schwarzen Lüsterjacke tritt ein.
    »Sie haben mich rufen lassen, Herr Direktor?«
    »Ich brauche bis um fünf Uhr 60 000 in bar. Sonderkonto 112233. Machen Sie eine Ausgangsnotiz. Die Quittung bringt Ihnen morgen früh Fräulein Schulz.«
    »Ich gehe morgen früh in Urlaub«, sagt Birke.
    »Darüber reden wir noch. Bitte, Herr Seiler, besorgen Sie das Geld, am besten sofort. Ich warte hier darauf.«
    »Schnellstens, Herr Direktor.«
    Er verschwindet.
    Graßmann lehnt sich im Sessel zurück.
    »Ich möchte gern, daß Sie das Geld hinübertragen, Fräulein Schulz.“
    »In einer halben Stunde ist es fünf Uhr. Von da an befinde ich mich im Urlaub.«
    »Ich weiß es. Bis wann haben Sie Urlaub?«
    »Bis zum dritten Juli.«
    Direktor Graßmann nimmt einen Bleistift.
    »Was ist das für ein Wochentag?«
    »Ein Freitag.«
    Er streicht auf der Urlaubsliste hinter ihrem Namen das letzte Datum durch und schreibt:
    »Urlaubsende 6. Juli.«
    Er schiebt Birke die Liste hinüber.
    »Sehen Sie selbst! Was sagen Sie jetzt? Warum sollen Sie Freitag Ihren Dienst beginnen, wenn Sie noch ein freies Wochenende anschließen können? Ihr Dienst beginnt also erst wieder am Montag, dem 6. Juli. Dafür haben Sie die Liebenswürdigkeit und bringen die 60 000 Mark ins Regina-Palast-Hotel. Wie ich Herrn Zanders kenne, vermehrt er Ihr Urlaubsgeld um mindestens fünfzig Mark. Soviel hat er jedenfalls das letztemal dem Boten gegeben. Nun, zufrieden mit Ihrem Direktor Graßmann?«
    Birke zögert.
    »Ich möchte doch lieber —«
    Graßmann sagt:
    »Und ich möchte lieber, daß es so geschieht, wie ich es anordne. Sie bereiten eine Quittung vor und lassen sich den Empfang von Herrn Zanders bestätigen. Die Quittung können Sie heute abend in unseren Nachttresor einwerfen, und Ihrem Urlaub steht nichts mehr im Weg.«
    »Wie Sie es wünschen.«
    »Was haben Sie für Reisepläne?«
    »Die ersten vierzehn Tage fahre ich zu meiner Mutter...«
    »Ans Mutterherz, ans teure, schließ dich an«, spottet Graßmann.
    »Ich sehe sie nur einmal im Jahr«, sagt Birke heftig.
    »Und was machen Sie mit dem Rest Ihres Urlaubs? Spanien? Italien?“
    »Ich bin von einem Ehepaar eingeladen.«
    »Bravo! Von einem ganzen?«
    Da Birke ihn fragend anschaut, ergänzt er:
    »Genügt nicht auch ein halbes Ehepaar, also nur ein Mann? Ich beispielsweise bin auch ein Ehepaar, wenn ich meine Frau mitrechne. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, mit Ihnen Ferien zu machen. Können Sie sich das nicht vorstellen?«
    »Nein«, sagt Birke.
    »Sie haben keine Phantasie. Sie dürften sich auswählen, wo Sie hinwollen. Oder vielleicht nur drei Tage? Vielleicht eine kleine Flugreise über das Wochenende nach Paris?«
    »Nein«, sagt Birke zum zweitenmal .
    »Mögen Sie Paris nicht? Wäre Ihnen Wien lieber?«
    »Mit Ihnen führe ich auch nicht nach Wien!«
    Herr Graßmann ist nicht erschüttert.
    Er weiß, wie man junge Mädchen herumbekommt.
    »Warum stehen Sie sich eigentlich immer selbst im Licht, Fräulein Schulz? Ich bin auf der Suche nach einer neuen Privatsekretärin. Gut bezahlt, selbstverständlich, weit über Tarif. Da meine Sekretärin oft mit mir auf Reisen gehen muß, komme ich auch für ihre Garderobe auf. Sie werden fremde Länder kennenlernen, den Orient, Indien, Japan, Pakistan, Manhattan — Sie werden in den besten Hotels der Welt wohnen —, natürlich muß ich erst einmal feststellen, wie Sie sich als Privatsekretärin anlassen. Dazu wäre eine Dreitagereise nach Paris genau das richtige.«
    »Zum Wochenende?« fragt Birke.
    Es ist keine Frage. Es ist ein Nein.
    Es ist doch eine Frage. Ungefähr diese:
    Was stellen Sie sich eigentlich vor, wem Sie Ihre indiskutablen Vorschläge machen? Sie sind doppelt so alt wie ich. Haben Sie schon einmal in den Spiegel gesehen? Na also! Sie rasieren sich elektrisch. Sie verwenden ein gutes Rasierwasser, Sie tragen teure Krawatten für dreißig Mark, goldene Manschettenknöpfe und haben den unangenehmsten Geruch, den ich kenne: Sie stinken nach Wohlstand. Das ist Ihr gutes Recht, Sie können riechen, wonach Sie wollen. Sogar nach Veilchen, wenn es Ihnen Spaß macht. Aber mir machen Leute wie Sie keinen Spaß, auch nicht das Hotel in Paris, wenn Sie mir im Restaurant gegenübersitzen und sagen: Ich habe für uns noch eine Flasche Champagner

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