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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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für möglich, was sie da erblickt.
    »Aber...«
    »Stimmt etwas nicht?“
    »Wer hat Ihnen denn das eingepackt?« fragt sie und starrt immer noch fassungslos auf den Inhalt des Päckchens.
    »Ist es kein Huhn?« fragt er.
    »Natürlich ist es ein Huhn!«
    »Was dann?«
    »Aber ein rohes, ein ungebratenes!«
    »Dann ist das andere Huhn auch ungebraten!« sagt der Mann und verrät in seiner Stimme nicht, was er denkt. »Ich habe gesagt, packen Sie mir diese zwei Hühner ein, die dort liegen!«
    »Sie haben sie also gesehen?«
    »Ja. Aber nicht bemerkt, ob sie roh oder gebraten sind. Sind sie wenigstens ausgenommen?«
    »Was nützt uns das jetzt?« fährt sie ihn wütend an.
    Ein völlig unmögliches Mannsbild! Läßt sich ungebratene Hühner zum Picknick anhängen! Jetzt könnte sie unten im Hotel sitzen und nach der Speisekarte auswählen, was ihr Herz begehrt. Sie hat plötzlich einen wahren Heißhunger auf all die guten Dinge, die im Hotel auf sie warten. Sie hat nach dieser anstrengenden Tennispartie und der Wanderung jetzt nichts als zwei ungebratene Hühner in der Hand, die außerdem miserabel gerupft sind.
    »Haben wir wenigstens etwas zu trinken?« fragt sie.
    »Ja«, sagt er stolz. »Eine Flasche Wein. Ich habe an alles gedacht.«
    »Und den Korkenzieher?«
    »Daran habe ich nicht gedacht«, gesteht er.
    So sitzen sie da und knabbern ihr trockenes Brot und die letzten zwei Äpfel, die sie noch in den Taschen haben. Wenn die Vögel und Stare um sie pfeifen, hat Valerie die Empfindung, daß es Spottdrosseln sind, die sich über sie lustig machen, über ihre Dummheit, sich auf die ganze Picknickidee überhaupt eingelassen zu haben.
    Als sie von ihrem Picknickplatz, auf dem kein Picknick stattgefunden hat, wieder hinuntersteigen, haben sie die beiden Hühner, im Beutel wieder wohlverpackt, an der Kirchentür niedergelegt und einen Zettel darangeheftet :
    »Es sind zwei frische Hühner für jeden, der kommt, sie mitzunehmen, und einen Herd daheim hat, sie zu braten. Wir wünschen Ihnen einen guten...« — »Schreibt man Appetit eigentlich mit zwei p in der Mitte?«
    »Es ist lateinisch und heißt übersetzt: Eßlust.«
    Er vollendet den Zettel und schreibt:
    »... und wünschen Ihnen eine gute Eßlust!«
    Auf dem steilen Abstieg hilft er ihr bei jeder Wurzel, die über den Weg zieht. Er hält ihre Hand und stützt sie.
    »Vorsicht! Wurzel!« sagt er immer wieder.
    »Danke. Ich sehe es selbst.«
    Aber sie hat es doch gern, wenn einer um sie besorgt ist. Manchmal faßt ihre Hand die seine fester, wenn es über eine bemooste Steinplatte geht. Als sie einmal ins Rutschen gerät, fängt er sie auf. Steile Abstiege sind für die Gefühle günstig. Darum wundert sie sich auch nicht, als er sie kurz vor dem Hotel fragt:
    »Leihen Sie mir Ihren Wagen?«
    »Wozu wollen Sie ihn?«
    »Ich habe etwas in der Stadt zu erledigen. In drei Stunden bin ich zurück.«
    »In drei Stunden? Unmöglich!«
    »Darf ich alles herausholen, was in dem Wagen steckt?«
    »Lassen Sie sich zuvor noch einmal anschauen! Es könnte sein, daß ich Ihr Gesicht in dem Zustand nicht wiedersehe.«
    »Dann sehen Sie sich lieber Ihren Wagen an. Vielleicht sehen Sie ihn auch nicht in seinem jetzigen Zustand wieder.«
    »Der Wagen ist versichert.«
    »Mein Gesicht nicht. Das stimmt. Also? Haben Sie mich jetzt genug betrachtet? Dann bitte ich um die Papiere und den Wagenschlüssel.«
    Sie gibt ihm beides. Frauen sind unberechenbar.
    Wenn ihr einer das gestern früh gesagt hätte, sie hätte ihn für verrückt erklärt. Sie hebt sogar die Hand, als er in ihrem
    Wagen an ihr vorüberfährt, vielleicht auf Nimmerwiedersehen, dieses unmögliche Mannsbild, von dem sie noch nicht einmal weiß, wie er heißt.
    Vier Stunden sind vergangen. Valerie sitzt an einem Tisch der um diese Spätmittagsstunde menschenleeren Terrasse und wendet keinen Blick von der Auffahrt auf dem Parkplatz. Immer wieder sieht sie auf die Uhr. Kann man sich so verspäten? Warum ruft er nicht an, wenn ihm etwas mit dem Wagen passiert ist? Er hat die Wagenpapiere, weiß jetzt ihren Namen. Wenn das Ganze nun ein abgekartetes Spiel ist? Wenn er gar nicht in die Stadt zurückgefahren ist, sondern längst mit dem Wagen über die nahe Grenze? Was weiß sie von ihm? Nichts, als daß er einen roten Bart trägt. Vielleicht jetzt schon nicht mehr, sondern rasiert ist, den Wagen ins Ausland verkauft hat...
    »Ich habe den Wagen weder verkauft noch mich rasiert«, sagt eine Stimme hinter ihr.
    Sie fährt

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