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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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lacht.
    »Haben Sie Angst, daß ich wie ein Zauberkünstler etwas verschwinden lasse? Zumal wir jetzt ganz allein in der Bank sind?«
    »Die Putzfrauen sind noch im Hause.«
    »Heute ist Freitag. Da kommen die verehrten Raumpflegerinnen erst morgen früh.«
    Er geht auf sie zu. Birke stopft den Rest des Geldes schnell in den Umschlag, will zur Tür, sagt aufgeregt:
    »Gute Nacht, Herr Direktor!«
    Er faßt ihre Hand, hält sie fest.
    »Kann man dich kleine Bestie mit nichts verlocken?«
    »Doch«, sagt Birke, »damit, daß Sie meine Hand loslassen.«
    »Was bist du für ein Mädchen? Hast du keine Sehnsucht, hier herauszukommen? Hast du keine Sehnsucht nach dem großen Leben?«
    »Eine große Sehnsucht!« sagt Birke.
    Sie hat sich losgerissen und ist schon in der geöffneten Tür. Hier, zehn Schritte von ihm entfernt, vielleicht auch aus der Angst und Aufregung dieses Zwischenfalls und des vielen Geldes in ihrer Hand, wird sie plötzlich gesprächig. Nachdem die Tür offen ist, spielt sie wie jedes Mädchen mit der Gefahr, vor der sie gerade geflohen ist.
    »Eine große Sehnsucht!« wiederholt Birke. »Ich sehne mich nach dem großen Leben, nach fremden Städten und Ländern, nach Reisen, nach Schlafwagen, großen Hotels und eleganten Kleidern — wie jedes junge Mädchen...«
    »Warum lehnst du dann meinen Vorschlag ab?«
    »Ich weiß nicht«, sagt Birke leise, »sicher aus Dummheit, bestimmt aus einer ganz großen Dummheit heraus... ich habe einfach Angst...«
    »Vor mir?«
    »Ach!« sagt Birke. »Sie habe ich mir noch nicht einmal richtig angesehen — Sie haben immer so unangenehm nahe bei mir gestanden...«

    »Fünf — vier — drei — zwei — eins — null!«
    Der Motor heult auf.
    Der Wagen rast los.
    In neun Sekunden zeigt die Tachonadel 110.
    Fünf Sekunden später 150-180.
    Der Fahrer schreit, um den Lärm des karosserielosen Versuchswagens zu übertönen:
    »Spitze 280!«
    »Wann wird er fertig?«
    »In zwei Jahren — sagen sie.«
    »Habt ihr schon einen Namen?«
    »Wir hatten einen. Mustang.«
    »Gibt’s schon.«
    »Ich weiß. Der Chef tobte, als er es erfuhr.«
    Der Wagen fliegt mit 220 Kilometern über die Versuchsstrecke des Werkes.
    »Festhalten! Ich bremse!«
    »Aus 220 heraus?«
    »Stopp mit! Kilometerstein 48!«
    »Okay.«
    Der Fahrer tritt hart auf das Pedal.
    Die Bremsen schreien auf.
    »Hoppla!« sagt Peter nur, als der Wagen steht.
    Peter ist der Mann in den Blue jeans, mit dem roten Bart, das Hemd offen, die Haare zerzaust.
    »Hast du gestoppt?«
    »Ja. Keine 300 Meter.«
    »Zeit?«
    »Sechs Sekunden!«
    »Bravo! Wohlauf?«
    »Ich ja. Aber nicht meine Uhr. Der menschliche Körper verträgt mehr als eine Uhr.«
    »Zigarette?«
    »Danke. Ich rauche noch.«
    »Wie?«
    »Die Zigarette hat’s vertragen. Nicht ausgegangen.«
    »Bist du verrückt? Wenn wir uns überschlagen hätten...« Peter lacht.
    »Stell dir vor, ich wäre dann im Himmel mit einer brennenden Zigarette angekommen! Das Gesicht von Petrus!«
    Die Maschine gibt im Leerlauf ihre mißbilligend brummenden Bemerkungen dazu. Sie hat’s nicht gern, wenn man so spricht.
    »Wollen wir wieder?« fragt der andere.
    Peter sagt nichts. Wirft die Zigarette aus dem Wagen.
    »Wechseln wir die Plätze! Ich fahre jetzt.«
    »Nichts zu machen. Ich fahre selber schwarz.«
    »Die wissen nichts?«
    »War niemand da, den ich fragen konnte. Als du zum Tor kamst und sagtest, ich müsse hinter dir herfahren und dich abholen — noch dazu auf freier Strecke —, war gar nicht so einfach für mich.«
    »Wenn sie dich jetzt entlassen?«
    »Können sie nicht! Ich bin der Beste vom Stall! Das wissen die. Wenn einer etwas riskiert, bin ich es.«
    Er ist ungefähr im gleichen Alter wie Peter. Lukas heißt er. Lukas, wie der Apostel. Luck rufen sie ihn im Werk. Auch Apostel. Die Chefs, die Ingenieure, die Monteure. Alle. Wenn sie ihn brauchen. Apostel zum Chef, Apostel ans Telefon, Apostel zum Tor!
    »Was machst du heute, Peter?«
    »Nichts. Ich bin völlig blank?«
    »Wieder einmal?«
    »Stell mich auf den Kopf — no penny in my pocket !«
    »Soll ich dir etwas borgen?«
    »Danke. War schon großartig, daß du mich mit dem Wagen abgeholt hast. Fahr mich in die Stadt. Das Weitere wird sich finden.«
    »Als du das letztemal hier warst —«
    »Was war da?«
    »Am nächsten Tag stand in der Zeitung, daß einer Bank Geld fehlte.«
    »Das hast du meiner Tüchtigkeit zugeschrieben?« fragt Peter belustigt.
    »Bei dir weiß man nie...«
    Er spricht es nicht aus,

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