Geliebter Boss
Geld?«
»Wir sind mit einer Reisegesellschaft gefahren, alles inklusive. Wir haben sogar noch etwas gekauft.«
»Was denn?«
»Bunte spanische Luster.«
Das klingt in Sächsisch ganz besonders schön.
Vom zweiten Stock, aus den Verwaltungsräumen, kommt Peter. In seinen Hosentaschen stecken die 60 000 Mark.
»Guten Abend!« sagt er.
»Guten Abend!« sagt der Nachtwächter.
Er hält den Hund zurück, um Peter vorbeizulassen. Dann sieht er ihm verwundert nach, schüttelt ein wenig den Kopf, aber als er sieht, daß der Fremde sich den beiden Männern vor der Portiersloge nähert und dort stehenbleibt, setzt er seinen Rundgang fort.
»Guten Abend, Herr Hans!« sagt Peter.
»Guten Abend, Herr Zanders«, sagt der Portier höflich, »hat es geklappt? Haben Sie das Geld bekommen?«
»Alles bestens«, sagt Peter.
Er fügt hinzu:
»Ist das junge Fräulein schon weg?«
»Vor fünf Minuten.«
»Nette Person.«
»Angenehm kurvig.«
Herr Zanders hebt lachend den Zeigefinger.
»Das haben Sie als verheirateter Mann gar nicht zu bemerken!«
»Man hat’s nicht immer in der Gewalt, wohin sich die Blicke verirren.«
Peter Zanders nickt ihm gut gelaunt zu.
»Wann geht’s denn auf Urlaub?«
»In vierzehn Tagen ist es soweit.«
»Ist der Urlaub schon voll finanziert?«
»Für die Postkarten reicht es noch nicht.«
Peter Zanders drückt ihm einen zusammengeknüllten Geldschein in die Hand.
»Da — schreiben Sie fleißig!«
»Vielen Dank, Herr Zanders«, sagt der Portier und reißt vor ihm die Tür auf.
»Danke. Gute Nacht!«
»Gute Nacht, Herr Zanders!«
Und zu seinem Kumpel zurückkommend und den Schein, einen Hundertmarkschein, überrascht betrachtend:
»Ein prima Kerl, unser Juniorchef! Leider kümmert er sich überhaupt nicht um die Bank. Unser stillster Teilhaber, den wir haben. Immer nur seine Hobbys im Kopf — Autos und junge Mädchen...«
7
Die marmorgetäfelte Halle des Hotels Imperial mit ihren berühmten Lobmeyrlustern liegt in der Einsamkeit der frühen Morgenstunde. Große Hotels strahlen ihren Zauber aus. Das Grand-Hotel Imperial in Wien, einmal als kaiserliches Gästehaus mitten in der Stadt erbaut, im Herzen Wiens, fünf Fiakerminuten von der kaiserlichen Hofburg, im Schatten der Wiener Oper und unweit des Schlosses Belvedere und einer der schönsten Kirchen der Welt, der Karlskirche, war einmal das Gästehaus der Habsburger gewesen. Der Kaiser selbst bestimmte, wer von seinen erlauchten Besuchern hier wohnen durfte. Noch heute zeigt das Hotel seinen kaiserlichen Glanz, nur wenig ist verändert, lediglich dies, daß es heute nur eines Telefonanrufes bedarf, um Gast dieses Palais auf Tage oder Wochen zu sein und daß man nicht erst der Fürsprache des
Hofmarschalls oder der Hofmarschallin aus dem Rosenkavalier bedurfte.
Um diese morgendliche Stunde gleiten Staubsauger über die roten Teppiche, die Fensterputzer sind am Werk, die alte Blumenbinderin Anna Wessely erneuert die großen Sträuße in den Vasen, an der Rezeption werden die Rechnungen für die am Morgen abreisenden Gäste vorbereitet und die Lunchpakete bereitgestellt; eine Einführung des jungen Direktors Peter Littich , den Damen der abreisenden Gäste ein kleines Frühstückspaket mit Schokolade, einem Schinkensandwich, einem halben gebratenen Huhn und ein wenig Obst vom Besten und einer winzigen Bouteille Kognak in einem »Rendezvous- packerl « bei der Abreise zu überreichen.
Direktor Littich geht zur Portiersloge hinüber.
»Sind die Vorbestellungen eingegangen?« fragt er.
»Hier ist die Aufstellung«, sagt der junge Portier Horst Göller, der heute Frühdienst hat. Göller ist erst seit vier Monaten in diesem Hotel. Es war für ihn gar nicht so leicht gewesen, hier als Portier unterzukommen. Dazu braucht man schon eine ganze Reihe Empfehlungen und Verbindungen, das Abitur selbstverständlich, die Hotelakademie in Lausanne, eine Volontärzeit im »Baur au lac « in Zürich und ein Jahr im »Ritz« in Barcelona, sechs Sprachen werden gefordert, auch ein Verständnis für die schönen Künste, für Oper, Schauspiel, Kirchenmusik, Konzerte — denn das Hotel Imperial liegt inmitten der schönsten Konzertsäle der Welt, bei dem Portier holen sich die Gäste Rat, wenn sie Opernkarten bestellen und nach der Besetzung des Abends fragen.
Der Portier hat stets für die Gäste des Hauses am Sonntagmorgen ein paar Plätze für die Messe in der kaiserlichen Hofburg reserviert, wo die Wiener Sängerknaben singen und die Wiener
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