Geliebter Boss
weiter. Mäntel und Pelze sind an der Reihe. Darunter auch schwarze Nerzmäntel und schwarze Nerzjacken. Sie sehen aus wie schwarzer Hund und kosten ein Vermögen, da man diese Farbe nicht züchten kann. Man muß die teuersten hellen Nerze dazu verwenden. Birke kommt aus dem Erstaunen nicht heraus, wie schön Mäntel sein können. Sie schaut und schaut und hat alles um sich vergessen.
Plötzlich spürt sie einen Zettel in ihrer Hand. Ganz deutlich, es ist ein Zettel, den jemand von hinten in ihre Hand zu drücken versucht. Sicher der andere, der Unverschämte, der Zanders vorhin Feuer reichte. Er hat den Blick nicht von ihr gelassen. Birke tut, als ob sie nichts merkt. Hält die Hand, in der der Zettel liegt, weiterhin geschlossen und wendet den blick nicht von den jungen Mannequins.
Als die Vorführung zu Ende geht, zehn Minuten später, wendet sie sich nach Zanders um. Sie erschrickt. Sein Platz ist leer. Ihr erster Gedanke ist der Zettel in ihrer Hand. Sie faltet ihn auseinander und liest:
»Ich muß Dich jetzt verlassen. Wir treffen uns im Hotel.«
Sie kommt nicht dazu, darüber nachzudenken.
Plötzlich ist eine große Aufregung um sie.
Die Dame neben ihr, die Gräfin Schönberg, hat einen Schrei ausgestoßen.
Sie tastet nach ihrem Hals.
»Meine Smaragde!« schreit sie auf.
Sie blickt auf den Teppich, beugt sich nach vorn, ob das Halsband hinuntergefallen ist. Alle eilen herbei, die Mannequins unterbrechen ihre Vorführung, kommen in Mänteln und Pelzen. Die Gräfin wendet sich an Birke.
»Helfen Sie mir bitte!«
»Gern...«
»Schauen Sie bitte für mich unter das Sofa!«
Birke tut es. Es ist für sie selbstverständlich, daß sie es tut. Sie kniet nieder und sucht. Aber unter dem Sofa liegt der Schmuck auch nicht. Die zweite Gräfin Schönberg, die auf dem Sofa saß, beteiligt sich an der Suche. Sie heben die Causeuse beiseite.
»Vor zehn Minuten hatte ich das Halsband noch!«
Jetzt tut die Gräfin Schönberg etwas, was man ihr nie zugetraut hätte. Sie greift sich vor allen Menschen tief in die Bluse, sucht und sucht. Vielleicht sind die Smaragde in den Ausschnitt der Bluse gerutscht. Vielleicht hat sich das Schloß nur gelöst. Aber sosehr ihre Finger auch wühlen und schürfen, alles von links nach rechts und wieder von rechts nach links schieben, ein kurioser Anblick, sie zieht ihre Hand leer wieder heraus.
Ines, die Nichte der Gräfin, läuft auf ihre Tante zu.
»Ich habe das Halsband noch vor zehn Minuten an dir gesehen und Pamela darauf aufmerksam gemacht«, sagt sie.
»Das Sofa!« ruft plötzlich einer.
Sie durchsuchen das Sofa. Greifen suchend in die Rinnen und Ritzen. Aber auch hier finden sie nichts.
»Wer hat neben dir gesessen, Tante?« fragt Ines und blickt auf Birke.
Birke wird rot. Sie merkt, wie ihr das Blut ins Gesicht steigt, sie weiß plötzlich, was geschehen ist. Es kann keinen Zweifel geben. Der Boß! Darum ist er so schnell verschwunden. Sie versucht, den Zettel in ihrer Hand ganz klein zu drücken. Der Boß! Kein anderer! Deswegen ist er mit ihr hierhergegangen!
Einer ruft:
»Ich bin dafür, daß wir uns alle untersuchen lassen.«
»Ja. Eine Leibesvisitation!«
»Ohne Ausnahme!«
Birke erschrickt. Wenn man ihre Handtasche öffnet, wird man die goldene Tabatiere finden und feststellen, daß sie gestohlen ist. Entweder hier oder schon vor Jahren. Solche Dinge verschwinden nicht ohne Aufsehen und stehen im Fahndungsbuch.
Da ist plötzlich der Unverschämte hinter ihr. Er faßt sie an der Hand. Sie läßt es sich gefallen. Sie weiß in ihrer Angst nicht, was sie tut.
»Geben Sie mir Ihre Handtasche!« raunt er ihr zu. »Schnell! Man soll die Tabatiere nicht bei Ihnen finden!«
Sie fühlt sich erkannt. Sie überläßt dem Fremden die Tasche. Sie hört, wie er sie hinter ihrem Rücken öffnet und wieder schließt. Plötzlich hat sie die Tasche wieder in ihrer Hand. Das ist alles blitzschnell gegangen. Die Gäste bestehen weiterhin auf Leibesvisitation.
Frau Eckersberger , die Dame des Hauses, ist dagegen. Sie hebt ihre Hand und verschafft sich Gehör.
»Darf ich zuerst die anwesenden Herren von der Presse bitten, nichts darüber in Ihrer Zeitung zu bringen«, sagt sie. Ein Schweigen der Anwesenden setzt ein. Sie fährt fort:
»Sie werden verstehen, daß der Vorfall für alle sehr peinlich ist, am unangenehmsten für mich selbst. Eine Durchsuchung jedes einzelnen kommt nicht in Frage. Ich stehe für jeden meiner Gäste ein. Sie sind mir alle bis auf wenige
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