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Geliebter Boss

Geliebter Boss

Titel: Geliebter Boss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Hanns Roesler
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hinterste Bankreihe, weit weg vom Eingang, so daß sie das Kirchentor im Auge behält. Sie starrt auf das Tor. Ihr Herz schlägt bis zum Hals.
    Nach zehn Minuten öffnet sie ihre Handtasche.
    Sie nimmt die Tabatiere heraus.
    Auf dem Boden der Handtasche liegt das Halsband mit den Smaragden.

10

    Die Kapuzinerkirche in Wien am Neuen Markt vor dem Donnerbrunnen ist nur zwei Steinwürfe von dem berühmten Hotel Sacher entfernt. Jenes Hotel, das Geschichte gemacht hat und mit dem Wiener Raum eng verbunden ist, kennen die Fremden meist von der Torte der Frau Sacher, der Sachertorte, die nachzuahmen sich alle Konditoreien der Welt bemühen, ohne daß es ihnen gelingt; eine Schokoladentorte mit Schlagobers obenauf und dünnen Streifen von Gelee im Innern.
    »Nein, danke, keine Sachertorte!« sagt Zanders zu dem hübschen Kuchenmädchen.
    Er sitzt im Cafe des Hotels, zur gleichen Minute, in der Birke im Halbdunkel der Kirche das Halsband mit zitternden Händen hält. Zanders greift in seine Tasche, sucht sein Zigarettenetui, erinnert sich, zieht die Hand wieder leer heraus. Der Chefingenieur der Steyr-Werke reicht ihm seine Schachtel hinüber.
    »Bedienen Sie sich!«
    »Danke.«
    »Ich habe ein schlechtes Gewissen«, beginnt der Ingenieur das Gespräch. »Ich muß Sie leider enttäuschen, lieber Saussen. Wir konnten Sie leider nicht rechtzeitig verständigen...«
    »Worum geht es?«
    »Der neue Wagen.«
    »Das klingt sehr nach einer Ausrede!« sagt Zanders verärgert.
    »Nein, ehrlich gesagt, es ist wieder einmal eine typisch wienerische Schlamperei, daß man Ihnen nicht geschrieben hat. Einer hat sich da auf den anderen verlassen, bis wir feststellen mußten, daß der neue Wagen, um dessen Test wir Sie gebeten hatten, erst in vier Wochen startklar ist. Es haben sich kleine Mängel herausgestellt, und ehe wir mit dem Wagen an die Öffentlichkeit treten — und das geschieht in der Minute, wenn wir den Wagen mit Ihnen auf die Testfahrt schicken...«
    »Mit anderen Worten — mein Wiener Aufenthalt ist überflüssig?«
    »Wir kommen für die Spesen selbstverständlich auf.«
    »Das ist es nicht, was mich ärgert. Ich müßte an sich in Turin sein und habe Ihretwegen die Fiat-Leute verstimmt. Wann rechnen Sie, daß Ihr neuer Wagen klar ist?«
    »Wir hoffen, in vier Wochen.«
    »In vier Wochen befinde ich mich auf der Hochzeitsreise.«
    Der Chefingenieur blickt überrascht auf.
    »Sie wollen heiraten?«
    »Ich habe die Absicht.«
    »Wovon hängt es ab?«
    Zanders zündet sich jetzt erst die Zigarette an.
    Er bläst den Rauch gemütlich vor sich hin.
    »Die Frau, die ich heiraten will, weiß es noch nicht.«
    »Warum sagen Sie es ihr nicht?«
    »Ich traue mich nicht.«
    »Ein Mann, der aussieht wie Sie — weltmännisch, überall zu Hause, begabt, von den Frauen verwöhnt...«
    »Mit anderen Worten: ein Götterliebling!« sagt Zanders spöttisch.
    »Sie wird allein schon bei Ihrem Vermögen nicht nein sagen.«
    Zanders lacht.
    »Ihr Wiener denkt in diesen Dingen immer so entsetzlich prosaisch! Das Mädchen, um das es sich handelt, kennt mich, nur als armen Schlucker.«
    »Eine neue Note von Ihnen?«
    »Nein. Der Zufall der Begegnung.«
    »Oder machen Sie hier auch einen Test, einen Ehetest?«
    »Es ist etwas anderes. Selbst wenn der Test versagt — ich werde sie heiraten.«
    »Wider alle Vernunft?«
    »Wider alle Vernunft!«
    Er winkt dem Kellner, der nahe am Tisch steht und mit gleichgültiger Miene interessiert zuhört:
    »Zwei trockene Sherry!«
    Wie in Gedanken spricht er weiter:
    »Ich bin da in eine Sache hineingeraten, ich habe das Spiel mit einer falschen Karte eröffnet, sozusagen mit einem fünften As, und jetzt traue ich mich nicht, die anderen vier Asse auszuspielen.«
    »Sie waren immer ein hervorragender Kartenspieler. Ich erinnere mich an eine Pokerpartie...«
    »Wenn das Herz mitspielt, kann man nicht bluffen.«
    Der Kellner bringt die beiden bestellten Sherry.
    »Auf Ihren neuen Wagen!« sagt Zanders.
    »Auf Ihren Test!« erwidert der Chefingenieur.
    »Wenn ich darauf verzichte, den Wagen zu fahren?«
    »Das ist ausgeschlossen, Saussen! Sie sind mit unserem Werk so eng verbunden — Ihr Urteil zählt in der Fachpresse.«
    Zanders zögert.
    »Wann ist der Wagen frühestens startklar?«
    »Wenn wir alles daransetzen...«
    »Setzen Sie alles daran!“
    »In vierzehn Tagen.«
    »Das bedeutet für mich acht Tage Venedig, acht Tage Frankreich.«
    »Für wen testen Sie in Frankreich?«
    Zanders lacht vor Vergnügen

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