Geliebter des Windes - Croft, S: Geliebter des Windes - Unleashing the Storm - ACRO, Book 2
bist sicher, sie sind …«
Beinahe ließ sein glühender Blick ihr Herz stillstehen. »Sie werden uns nicht mehr verfolgen.«
Obwohl sie ihrer Fantasie Einhalt gebot - aber seine Wunde, das Blut an seiner Kleidung, die nicht nur von ihm stammen konnte, das tödliche Messer, das er bei sich trug … Herrje, sie konnte nicht anders. In Gedanken suchte sie grausige Orte auf, und ihr Herz begann wieder schneller zu pochen, in schmerzhaften, schwachen Schlägen. Das schien Tom zu spüren, denn er umfasste ihre Hand - eine seiner seltenen zärtlichen Gesten.
»Das hast du alles richtig gemacht, Kira. Hast mir Hilfe geschickt und dich versteckt, so wie ich’s wollte.
Und du warst stark. Ich kenne jede Menge Männer, die an deiner Stelle zusammengebrochen wären.« An dieses Lob klammerte sie sich, während er die Schnürsenkel ihrer Stiefel band und aufstand. »Nun müssen wir weitergehen. Bald werden andere Itor-Agenten auftauchen, und wir sollten ein paar Meilen Vorsprung haben.«
Bedrückt nickte sie. Wie sollte sie auch nur ein paar Schritte schaffen, geschweige denn Meilen? Diese stumme Frage beantwortete Tom. Nachdem er seine Tasche und ihren Rucksack ergriffen hatte, hob er Kira auf seine Schultern und folgte dem Flussstrom abwärts.
Donnerstag, 9 Uhr abends, PST
(Pacific Standard Time,
US-Zeitzone an der Westküste)
»IHRE MUTTER IST HIER«, sagte Oz und musterte die schöne Blondine, die ihm am Tisch gegenübersaß. Die blauen Augen weit geöffnet, erwiderte sie seinen Blick.
»Hier? In diesem Raum?« Ihre Stimme zitterte ein wenig. Auch ihre Lippen bebten, und es war an der Zeit, die Sitzung zu beenden.
»Ja, sie steht direkt hinter Ihnen, und ihre Hand liegt auf Ihrer rechten Schulter. Spüren Sie es?«
Nach ein paar Sekunden nickte sie. Suggestivkraft war wirklich etwas Wundervolles, denn neunundneunzig Prozent der Menschen fühlten die Berührung eines Geistes nur, wenn der das wirklich wollte. Und wenn ein solcher Kontakt zwischen Lebenden und Toten tatsächlich
stattfand, gerieten die Lebenden in ernsthafte Schwierigkeiten.
»Ja, ich spüre es«, wisperte sie dramatisch. Oz bezwang den Impuls, die Augen zu verdrehen.
Kiki Karlson gehörte zu den berühmtesten und bestbezahlten Hollywoodschauspielerinnen, bewohnte ein Haus hoch oben in den Hollywood Hills und gab einige Tausend Dollar für diesen beschissenen, simplen Zaubertrick aus. Selbst wenn sie merkte, dass er ihr nicht die reine Wahrheit erzählte - das würde sie nicht stören. An dieser Frau war alles falsch - die Haare, die Brüste, die Fingernägel. Und ja, er erzählte ihr einfach nur, was sie hören wollte.
Im Allgemeinen wollten die Leute die Wahrheit nicht hören. Nämlich, dass die meisten Existenzen, die das Jenseits nicht erreicht hatten, keine gutmütigen Wesen waren. Nicht der liebe Geistertyp Casper, der auf einen netten Besuch kam (»ich bleib immer bei dir, auf deiner Schulter«). O nein, wie Oz aus Erfahrung wusste, dürsteten die meisten Geister, Phantome oder Gespenster nach Rache. Sie wollten eben lebendig sein, statt im Schattenreich zwischen dem Leben und der anderen Seite festzusitzen. Und sie taten ihr Bestes, um ihre Qualen den Lebenden aufzuzwingen.
Natürlich war das nur sein Erbe. Ob andere Spiritisten die schöne Gestalten in weißen Roben sahen, logen oder die Wahrheit sagten, wusste er nicht. Aber aus irgendwelchen Gründen besaß er das Talent, nur das Allerschlimmste zu sehen. Deshalb hielt er logischerweise nicht viel von der Menschheit.
Und so lieferte er seinen Kunden statt der Wahrheit diesen albernen Zirkus, zog von Haus zu Haus und verhökerte seine Ware. Immerhin besser als Prostitution, fand er. Aber die hatte sich eigentlich viel besser angefühlt.
Wenn er seine Trümpfe richtig ausspielte, würde Kiki ihn ranlassen.
»Ihre Mutter sagt, sie liebt Sie, Miss Karlson. Und sie würde immer auf Sie aufpassen.«
»Geht es ihr gut? Ist sie glücklich? Sieht sie schön aus?«
»Oh, sie ist sehr glücklich. Und sie sieht wunderschön aus.«
»Nicht so wie damals, als ich sie fand?« Über Kikis Gesicht rollten Tränen. »Wie ich es hasse, an jene Nacht denken zu müssen …«
»Nun hat sie diesen Mord ja hinter sich, Kiki. Sie ist ganz in Weiß gehüllt. Keine Narben.«
»Darf ich meine Hand auf ihre legen?«
Oz spähte über Kikis Schulter hinweg auf den Geist mit dem langen, zerzausten weißen Haar, mit verzerrten Lippen, die faulige Zähne entblößten. Nur zu gut kannte Oz den
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