Geliebter Feind
lassen konnte!
„Vielleicht hast du ja gar keinen Märchentraum verloren“, setzte er an.
„Was soll das nun wieder heißen?“, zischelte Abbey.
„Das besprechen wir weiter, wenn wir in meinem Apartment sind.“
„Ich würde gern jetzt wissen, was du damit andeuten willst.“
„Ich glaube, du hast bereits eine ziemlich gute Ahnung. Sobald wir bei mir sind, gebe ich dir den Beweis. Ich bluffe nie, lubow moja .“
Argwöhnisch runzelte sie die Stirn. „Den Beweis?“
„Ich habe deinen verstorbenen Ehemann von einer Detektei überprüfen lassen“, sagte er, als sie mit dem Lift zu seinem Penthouse hinauffuhren.
Fassungslos rückte Abbey von ihm ab. „Aber wieso?“
„Nenn es eine Laune. Du hast so oft über Jeffrey gesprochen, dass ich neugierig wurde“, gestand Nikolai.
„Ich kann nicht glauben, dass du dich derart in mein Privatleben einmischst!“ Wütend schnappte sie nach Luft. „So etwas ist absolut widerlich!“
„In diesem Fall war es eher erhellend.“ Keine Spur von Reue oder Befangenheit stand in seinen Augen, als sein harter Blick auf ihren vorwurfsvollen traf. In der geräumigen Diele seiner Wohnung ließ er sie stehen und ging zu seinem Arbeitszimmer weiter. Abbey folgte ihm zögernd. Ungute Vermutungen schwirrten in ihrem Kopf.
Nikolai öffnete den Safe und holte eine Aktenmappe heraus. Hätte Abbey ihn nicht erneut herausgefordert, hätte er sich vielleicht überlegt, ob und wann er diese Informationen über den anderen Mann nutzte. Doch nun war er der Ansicht, dass sie ein Recht auf die Wahrheit hatte.
„Jeffrey war ein wunderbarer Mann!“, beharrte sie entschieden. „Mir ist gleich, was da in dieser Akte steht. Es wird nichts ändern. Ich habe meinen Mann geliebt, und er hat mich geliebt.“
Nikolai reichte ihr den Ordner. „An deiner Stelle wäre ich nicht so sicher.“
Abbey riss ihm die Mappe aus der Hand. „Ich hasse dich. Dafür werde ich dir nie vergeben! Hast du überhaupt keinen Anstand?“
„Mehr als dein Mann, der sich ein Schulmädchen als Braut genommen hat.“
Abbey ließ sich auf dem Stuhl neben der Tür nieder und begann durch die Seiten zu blättern. Die Informationen über Jeffreys Kindheit und Ausbildung enthielten nichts Neues für sie. Dann sprang sie ein Frauenname von den Blättern an – Jane Morrell, die mit Jeffrey zusammen in Oxford Jura studiert und zum Kreis der befreundeten Anwälte gehört hatte. Abbey hatte immer vermutet, dass Jane und Jeffrey während der Studienzeit eine Beziehung gehabt hatten. Vor allem die bissigen Kommentare der Älteren bei der Trauung hatten in Abbey diesen Verdacht geschürt.
Jane hatte einen Richter geheiratet, zwei Kinder geboren und war Lady Jane Dalkeith geworden, noch bevor Abbey Jeffrey kennenlernte. Laut Bericht jedoch hatten Jeffrey und Jane über fünfzehn Jahre lang eine heimliche Affäre. Der Report endete damit, dass Jeffrey das Wochenende vor seiner Heirat mit Jane in einem Hotel in Paris verbracht hatte.
„Nichts als bösartige Lügen!“, spie Abbey angewidert aus und schlug die Mappe zu. „Ich glaube nicht ein Wort davon! Mein Vertrauen in Jeffrey kann von solchem Schmutz nicht erschüttert werden!“
„Die Affäre war in ihrem Freundeskreis allgemein bekannt“, sagte Nikolai. „Es ist nur zu bedauern, dass niemand so viel Anstand besessen hat, es dir zu sagen. Vor allem nach seinem Tod.“
Abbey bebte vor Wut, sie brachte die Worte kaum heraus. „Wie kannst du es wagen, mir solchen Schmutz zu geben, um Jeffreys Ruf zu zerstören? Wie tief kannst du überhaupt sinken?“
„So tief wie er bin ich noch nie gekommen. Wenn ich mit einer Frau zusammen bin, dann bin ich auch immer offen. Ich betrüge niemanden“, erwiderte er trocken.
„Ich höre mir diesen Schwachsinn nicht länger an.“ Entrüstet stand sie auf. „Ich gehe nach Hause.“
Sie war bleich wie ein Laken, nur ihre Wangen leuchteten rot vor Rage. Nikolai konnte nur bedauern, dass ihre Liebe und Loyalität von ihrem Ehemann nicht erwidert worden war. Er fragte sich, wie sie sich fühlen würde, wenn sie letztendlich gezwungen war, die Wahrheit anzuerkennen. Diese plötzliche Sorge war völlig untypisch für ihn.
Mit zitternden Fingern nahm Abbey die Ohrringe ab und legte sie auf das Tischchen neben sich, an den Verschluss der Kette kam sie nicht heran, sodass Nikolai ihr helfen musste.
„Warum nimmst du sie ab? Sie gehören dir.“
„Du scherzt wohl. Ich gehöre nicht zu den Frauen, die alles nehmen, was sie
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