Geliebter Feind
kriegen können. Begleiche die Rechnung von Support Systems pünktlich, mehr schuldest du mir nicht.“
Nikolai schaute sie nachdenklich an, dann griff er zum Telefon. „Mein Fahrer wird dich nach Hause bringen.“
Wie eine Schlafwandlerin stieg Abbey in den vorgefahrenen Wagen, die Mappe mit dem Bericht noch immer im Arm. Sie schlug den Aktendeckel auf und las die Seiten noch einmal sorgfältig durch. Angst und Misstrauen machten sich in ihr breit, Reaktionen, die sie vor Nikolai nicht hatte zeigen wollen. Impulsiv rief sie Caroline an.
„Ich weiß, es ist schon spät, aber … kann ich noch vorbeikommen? Ich brauche dringend jemanden zum Reden.“
„Was ist denn passiert?“, fragte die Freundin besorgt.
„Das erzähle ich dir, wenn ich bei dir bin.“ Sie lehnte sich vor, schob die Trennscheibe beiseite und bat den Fahrer, sie zu Carolines Adresse zu bringen anstatt nach Hause.
„Ich habe dich im Fernsehen gesehen!“, grüßte Caroline überschäumend, als Abbey ins Wohnzimmer kam. „Zusammen mit den ganzen Filmstars. Du sahst absolut fantastisch aus! Aber wo sind denn die umwerfenden Juwelen geblieben?“
„Die waren nur geliehen, ich habe sie Nikolai zurückgegeben.“ Abbey hielt Caroline die Mappe entgegen. „Sieh dir das an und sag mir, was du davon hältst.“
„Was ist es denn?“ Jeffreys Schwester war neugierig, doch sobald sie die ersten Zeilen gelesen hatte, schnappte sie nach Luft. „Um Himmels willen! Woher hast du das?“, fragte sie schrill.
„Von Nikolai.“ Abbey konnte kaum atmen, so angespannt war sie. Sie vertraute Caroline. Es war eigentlich undenkbar, dass Caroline von der Liebschaft ihres Bruders nichts gewusst haben sollte, die beiden Geschwister hatten sich immer sehr nahegestanden.
„Großer Gott, wie kann jemand dir nur so etwas geben!“
Abbeys Kehle war wie zugeschnürt, sie ließ die Freundin nicht aus den Augen. Als Caroline zu ihr aufschaute, wurde ihr übel. Ihre Knie gaben nach, schwer ließ sie sich auf das Sofa fallen. „Bitte sag, dass es nicht stimmt“, flehte sie.
„Ich wünschte, ich könnte es“, flüsterte Caroline bedrückt.
Beklemmendes Schweigen breitete sich aus. Abbey kam sich vor, als wäre sie in einem Albtraum gefangen. Alles, was ihr lieb und vertraut war, stellte plötzlich eine Bedrohung da. Selbst die beste Freundin konnte ihr nicht mehr in die Augen schauen.
„Jeffrey hat all die Jahre über eine Affäre gehabt? Während er mit mir zusammen war?“, stieß sie aus.
Caroline nickte nur stumm. Man sah ihr an, wie unangenehm ihr das Thema war.
Es zerriss Abbey. Caroline war ihre beste Freundin und Jeffreys Schwester. Es hatte keinen Zweck, die Wahrheit länger ignorieren zu wollen. „Aber wieso hat er mich dann geheiratet?“, flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Das ergibt doch keinen Sinn.“
„Jane wollte ihren Mann nicht verlassen, und die Affäre mit ihr zerstörte Jeffreys Leben. Er wollte eine eigene Familie gründen, denn mit Jane hatte er keine Zukunft.“
Ein Schauder schüttelte Abbey. All ihre Träume, all ihre romantischen Vorstellungen … Illusion, mehr nicht. Die Geschichte ihrer Liebe zu Jeffrey zerbarst in tausend Scherben. Jane war die Frau gewesen, die er geliebt hatte. „Warum hast du mir nie etwas gesagt? Hatte ich nicht einmal eine Warnung verdient?“
Caroline warf ihr einen schuldigen Blick zu. „Er hat geschworen, dass er die Sache vor eurer Heirat beenden und dir dann treu bleiben wird …“
„Ihr schmutziges kleines Schäferstündchen in Paris am Wochenende vor der Trauung lässt aber nicht gerade darauf schließen, dass er vorhatte, mit Jane Schluss zu machen“, meinte Abbey scharf. „Jeffrey konnte offenbar nicht die Finger von ihr lassen. Ich bezweifle ernsthaft, dass er sie um meinetwillen aufgegeben hätte.“
„Du hast ihn so sehr geliebt. Das hat ihn unaufhaltsam zu dir hingezogen …“
„Lass uns doch offen sein, was Jeffrey wirklich angezogen hat“, fiel Abbey ihr angriffslustig ins Wort. „Ich war jung und dumm und kannte niemanden von seinen Freunden. Ich hatte nie etwas von den Gerüchten über ihn und Jane gehört, und ich stellte keine Fragen. Die ganze Beziehung war von Anfang an eine Lüge. Gemeiner Betrug, und ich war das naive Opfer!“
„Nein, du warst Jeffrey wichtig“, protestierte Caroline.
„Ich war Jeffrey nützlich“, korrigierte Abbey bitter. „Ich wäre die Hausfrau und Mutter seiner Kinder gewesen, während er seine Leidenschaft mit Jane
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