Geliebter Freibeuter
aufzusuchen, und um einen letzten Kuss gebeten. Er hatte tatsächlich die Frechheit besessen, anzunehmen, dass Eloise erneut bereitwillig in seine Arme sinken würde.
»Was ist geschehen, Eloise?«, hatte er erstaunt gefragt, als sie vor ihm zurückwich und ihn kalt ansah. »Wir können doch als … Freunde scheiden.«
»Eine Dame wie ich wird niemals die Freundin eines gemeinen Piraten sein. Bildet Euch nur nichts auf gestern ein, Captain. Das geschah, weil ich allein mit Euch war und Angst hatte, Ihr würdet mir etwas antun, wenn ich Euch nicht zu Willen bin.«
Flynn schüttelte verwirrt den Kopf.
»Es schien mir aber gar nicht so, als würdest du dich widerwillig in meine Arme schmiegen«, entgegnete er und streckte eine Hand nach Eloise aus. Schnell wich sie so weit zurück, bis sie die Kante des Frisiertisches an ihrem Rücken spürte.
»Was erlaubt Ihr Euch, mich zu duzen?«, schleuderte Eloise ihm entgegen. »Ihr habt Euch mir gegenüber schon genügend Freiheiten herausgenommen. Können wir nun an Bord gehen? Je eher ich von hier … von Euch fortkomme, umso besser.«
»Aber Eloise, ich dachte …«
Es war nur eine geringe Genugtuung für Eloise, dass Flynn offensichtlich verwirrt war. Ohne ihn weiter zu beachten, drängte sie sich an ihm vorbei und verließ das Zimmer. Kate war schon vorausgegangen und hatte veranlasst, dass ihr Gepäck an Bord gebracht wurde. Eloise wusste nicht, ob sie froh oder traurig war, als sich Flynn am Hafen nicht sehen ließ. Bestimmt war er zu Betty gegangen. Ob er sie wohl jetzt, wenn sie sein Kind unter ihrem Herzen trug, heiraten würde? Oder hatte Flynn noch weitere Geliebte? Zuzutrauen wäre es ihm, und er hatte sicher leichtes Spiel bei den Damen.
Bei diesen Gedanken knirschte Eloise mit den Zähnen. Ja, auch mit ihr hätte er beinahe leichtes Spiel gehabt. Nur gut, dass sie rechtzeitig die Wahrheit erfahren hatte. Eloise hoffte, dass niemand, am wenigstens David Morgan, je erfahren würde, wie nahe sie und Flynn sich gekommen waren.
Als die letzten Konturen der Insel am Horizont verschwanden, trat der Seemann Robert, der für diese Reise den Status des Captains innehatte, zu den beiden Frauen und zog seinen Hut.
»Leider muss ich Euch bitten, mir unter Deck zu folgen, Ladys. Befehl von Captain Flynn …«
»Ich weiß«, unterbrach Eloise. »Wir dürfen nicht sehen, wohin die Fahrt geht. Wir könnten ja etwas erkennen, was später Hinweise auf das Versteck von euch Piraten liefert.«
Robert brachte sie in einen kleinen, fensterlosen Raum auf dem dritten Deck. Nur zwei Öllampen spendeten ein wenig Licht. Missbilligend sah Kate sich um.
»Hier sollen wir bleiben? Ohne Licht und Luft? Das kann nicht Euer Ernst sein!«
Roberts bartfreie Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.
»Mein Freund Cubert hat mich bereits vor Eurer scharfen Zunge gewarnt, Miss Kate. Seid versichert, es wird Euch an nichts mangeln, und des Nachts hole ich Euch an Deck. Es tut mir selbst leid, Euch keine bessere Unterkunft bieten zu können, aber Ihr dürft nichts sehen, was einen Hinweis auf unsere Route geben könnte.«
»Als ob wir etwas von Navigation oder sonst was in der Art verstehen würden«, grummelte Kate und drückte auf die Matratzen der zwei schmalen Kojen. »Na ja, die sind wenigstens weich, und ich hoffe, das Essen wird auch genießbar sein. Wenn nicht, wird der Smutje Ärger bekommen, das könnt Ihr ihm schon mal bestellen.«
Zum ersten Mal seit dem gestrigen Tag musste Eloise lachen. In den letzten Wochen hatte sie eine völlig neue Kate kennengelernt. Eine Kate, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzte und kein Blatt vor den Mund nahm. Aber auch eine Kate, die sich verliebt hatte, und das rührte Eloises Herz.
Eloise störte es weniger als erwartet, die folgenden Tage unter Deck eingeschlossen zu sein. Das Essen war einfach, aber wohlschmeckend, doch sie hatte ohnehin keinen Hunger.Kates Herzschmerz schlug sich allerdings nicht auf deren Appetit nieder, und Eloise war ihr dankbar, dass sie beinahe pausenlos von Cubert sprach, wurde sie dadurch doch von ihren eigenen Gedanken abgelenkt. Kate war davon überzeugt, Cubert eines Tages wiederzusehen.
»Ich bin sicher, es wird ihm und dem Captain nichts geschehen. Die ganze Mannschaft ist so clever, dass man sie niemals fangen wird, und irgendwann wird man anerkennen, was Captain Flynn für die armen Sklaven getan hat. Vielleicht wird er sogar vom König geadelt?«
Das schien Eloise allerdings doch sehr weit
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