Geliebter Freibeuter
rechtswidrig.«
»Aber moralisch verwerflich!«, ereiferte sich Eloise. Sie sprang auf, wickelte eine Decke um sich und trat neben Flynn. Sanft legte sie eine Hand auf seine Schulter. »Kannst du es mit deinem Gewissen vereinbaren, von einem geplanten Mord zu wissen und nichts getan zu haben, diesen zu verhindern?«
Flynn presste die Lippen zusammen und knirschte mit den Zähnen. Ihm fiel nur noch ein Argument ein.
»Hast du vergessen, dass auch du mich als Mörder bezeichnet hast? Du hast mir zugetraut, für meine Belange über Leichen zu gehen, und mir vorgeworfen, ich wäre ein Mann ohne Gewissen. Und jetzt appellierst du ausgerechnet daran? Das verstehe ich nicht, Eloise.«
Die leichte Missstimmung, die plötzlich im Raum lag, machte Eloise traurig, aber sie konnte nicht anders handeln.
»Wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich nicht, was ich vondir halten oder wie ich dich einschätzen soll, Captain Dark Flynn. Halte mich für verrückt, denn ich weiß nur eines: dass ich dich liebe und dir vertraue. Gleichgültig, was du getan hast und vielleicht immer noch tust.«
Und was ist mit Ryan Mitchell? Du hast mich gehasst, weil ich ihn ermordet haben soll. Die Fragen brannten auf Flynns Zunge, er wagte aber nicht, sie zu stellen. Flynn fürchtete kein Unwetter, kein Gefecht auf hoher See und auch keinen Nahkampf, aber er fürchtete sich davor, von Eloise wieder verlassen zu werden. Er streckte eine Hand nach ihr aus, und sie flüchtete sich in die Wärme und Geborgenheit seiner Umarmung. Aus ihrem Haar stieg ein leichter Duft auf, der ihn trunken machte. Nach einigen Minuten des Schweigens sagte er. »Nun gut, ich sehe ein, dass wir Trelawny nicht in sein Unglück laufen lassen dürfen, denn er tut ja nur seine Pflicht als Gouverneur. Was man so hört, soll er ein guter, aber auch ein schwacher Mann sein. Dann segeln wir eben zurück nach Jamaika und hoffen, dass wir nicht zu spät kommen.«
17. Kapitel
Was soll das heißen, es ist niemand an Bord?« Das Gesicht krebsrot und die Hände in die Hüften gestemmt, herrschte David Morgan den Offizier an. »Wollt Ihr mich auf den Arm nehmen?«
Der Marineoffizier wich einen Schritt zurück.
»Nichts liegt mir ferner, Sir, aber es ist so, wie ich sage: An Bord dieses Schiffes befindet sich nicht eine einzige Person. Weder lebend noch tot.«
»Aber … es ist doch Flynns Schiff?«, mischte sich Captain Carrick ein und deutete auf die Flagge mit dem Totenschädel und den vier gekreuzten Knochen. »Das ist doch eindeutig Flynns Flagge.«
»Aber dieser verdammte Pirat ist nicht an Bord!« Morgan hieb mit der Faust gegen den Hauptmast, dann dämmerte ihm, welcher Finte sie aufgesessen waren. »Das ist ein Trick! Wir müssen sofort zurück nach Jamaika. Flynn wollte uns aus Kingston weglocken, damit er die Insel überfallen kann.« Sein Zeigefinger bohrte sich in die Rippen des Captains. »Na los, lasst sofort Segel setzen, wir müssen uns beeilen. Und lasst alle Geschütze klarmachen, wer weiß, was uns zu Hause erwartet.«
»Bei allem Respekt, Sir, aber mindestens ein Schiff muss zu der genannten Insel, um die Besatzung dieses Seglers zu retten.«
Wütend presste Morgan die Lippen aufeinander. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Er hatte nicht die Macht,zu befehlen, mit der ganzen Flotte nach Jamaika zurückzusegeln und die Mannschaft des Handelsschiffes auf der Insel zu lassen, um sie irgendwann abzuholen, auch wenn ihm diese Männer völlig gleichgültig waren. Darum musste er zähneknirschend nachgeben.
»Nun gut, ein Schiff soll zu der genannten Insel fahren, die anderen drei nehmen jedoch sofort Kurs auf Jamaika.«
Mit schweren Schritten stapfte Morgan übers Deck und schlug die Tür seiner Kajüte krachend hinter sich zu.
Als sie vor vier Tagen aus Kingston ausgelaufen waren, war Morgan der festen Überzeugung gewesen, dieses Mal den verwegenen Piraten zu erwischen. Im Morgengrauen waren die Umrisse des Schiffes am Horizont sichtbar geworden, und nicht nur Morgan hatte sich gewundert, dass der Segler so regungslos vor sich hindümpelte. Sie hatten die Geschütze klarmachen und laden lassen, jederzeit dazu bereit, das Feuer zu eröffnen, sollte sich auf dem Schiff etwas regen. Es war jedoch alles ruhig geblieben. Selbst als sich die
Adriana
, das Schiff, auf dem sich Morgan befand, längsseits schob, war kein Lebenszeichen auf dem Segler, an dessen Mast Flynns Piratenflagge im Wind flatterte, zu erkennen gewesen. Zwanzig Marinesoldaten mit
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