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Geliebter Freibeuter

Geliebter Freibeuter

Titel: Geliebter Freibeuter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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geladenen Gewehren im Anschlag enterten das Schiff, darauf gefasst, jederzeit angegriffen zu werden. Denn vielleicht hatte sich Flynns Mannschaft unter Deck verschanzt und würde sie aus dem Hinterhalt überfallen? Aber nichts geschah, und die einzigen Lebewesen, die die Offiziere fanden, waren ein paar Mäuse, die auf der Suche nach Nahrung im geplünderten Laderaum umherhuschten. An den Fockmast genagelt fanden sie dann den Ausschnitt einer Seekarte mit dem Hinweis, die Besatzung des Seglerssei auf eine kleine unbewohnte Insel ungefähr fünfzig Seemeilen westlich von hier gebracht worden war. Unterzeichnet war der Zettel mit den zwei ineinander verschlungenen Buchstaben D und F – Dark Flynn!
    Morgan griff nach einer Flasche Brandy. Er machte sich nicht die Mühe, den Alkohol in ein Glas zu schenken, sondern trank gierig aus der Flasche. Größer als sein Zorn, Flynn wieder nicht erwischt zu haben, war die Schmach, auf dessen Trick hereingefallen zu sein. Damit hatte er sich zum Gespött der Karibik gemacht, wenn nicht sogar von ganz England, sollte sich die Nachricht in der Heimat verbreiten. Seinen Plan, Gouverneur zu werden, ohne dass Trelawny durch einen plötzlichen Unfall vorzeitig aus dem Leben abberufen werden würde, konnte er vergessen! Keiner würde ihn mehr unterstützen, im Gegenteil – lachend würden sie mit Fingern auf ihn zeigen und ihn verhöhnen.
    »Das wirst du mir büßen, du Hurensohn!«
    Er nahm einen zweiten, langen Schluck aus der Flasche. Sein Hass auf Dark Flynn steigerte sich ins Unermessliche. Gleichgültig, wie entstellt das Gesicht des Piraten unter seiner Maske sein mochte – das war noch gar nichts verglichen mit dem, wie er aussehen würde, wenn er, Morgan, mit ihm fertig war! Er würde ihm die Augen ausstechen, die Ohren abschneiden und ihm bei lebendigem Leib die Haut in kleinen Fetzen abziehen …
    Solch grausame Visionen und der Inhalt der Brandyflasche begleiteten David Morgan für den Rest des Tages, an dem die
Adriana
unter vollen Segeln durch das Wasser zurück nach Jamaika pflügte, nicht ahnend, dass ihm die größte Überraschung noch bevorstand.
     
    Nur ungern verließ Sir William Trelawny sein Haus, als die Meldung kam, die
Adriana
wäre gesichtet worden. Die Niederkunft seiner Frau stand bevor. Obwohl es ihr zweites Kind war, zog sich die Geburt nun schon über zwanzig Stunden hin, und er war in großer Sorge um die Gesundheit seiner Frau und des Kindes, aber er musste seinen Pflichten nachgehen. Just in dem Augenblick, als Morgan über die Planke das Schiff verließ und auf den Kai trat, traf Trelawnys Kutsche ein. Morgan blieb nichts anderes übrig, als dem Gouverneur zu berichten, dass sie in eine Falle gegangen waren, und Trelawny hörte ihm fassungslos zu.
    »Ich hatte erwartet, Flynn hier vorzufinden«, schloss Morgan und schaute sich um. »Ich dachte, er hätte uns von der Insel fortgelockt, um diese dann in aller Seelenruhe überfallen zu können, aber offenbar ist nichts geschehen.«
    Trelawny kratzte sich nachdenklich die Stirn und schüttelte dann den Kopf.
    »In den letzten Tagen wurden weder ein unbekanntes Schiff noch sonstige Vorfälle gemeldet«, antwortete er. »Man kann allerdings nicht ausschließen, dass sich dieses Piratenpack an einer einsamen Stelle an Land geschlichen hat. Ich frage mich nur, warum sollte Flynn das tun? Er hat keinen Grund, sich direkt in die Höhle des Löwen zu wagen, auch wenn er davon ausgehen kann, dass der Großteil des Militärs auf See ist. Was sollte Flynn hier wollen?«
    »Die Stadt überfallen und in seine Gewalt bekommen«, antwortete Morgan spontan.
    Trelawny bedachte ihn mit einem skeptischen Blick.
    »Aus welchem Grund? Seit Jahren kapert Flynn die Schiffe auf dem Meer, um in den Besitz der Handelswaren und des Geldes zu kommen. Auch wenn er dabei immer Erfolg hat, soverfügt er doch nicht über eine solch große Anzahl an Gefolgsleuten, um es zu wagen, eine Insel in der Größe von Jamaika anzugreifen. Ich weiß nur eines, mein lieber Morgan, diese sinnlose Aktion hat die Krone mal wieder für nichts und wieder nichts eine beträchtliche Summe gekostet. Ich weiß nicht, wie ich das dem König gegenüber begründen soll.«
    Morgan ballte hinter seinem Rücken beide Hände zu Fäusten. Am liebsten hätte er dem Gouverneur einen Kinnhaken verpasst, denn der Tadel über Morgans Fehler stand Trelawny deutlich ins Gesicht geschrieben. Da fuhr dieser auch schon fort: »Es bleibt mir nichts anderes übrig, als

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