Geliebter Lord
vorbehaltlos, dass es ihn beunruhigte.
Er holte Wasser vom Brunnen und schuf, während sie das Geschirr abwusch, Ordnung in der Küche. Als er zwischendurch zu Mary blickte, sah er, dass sie ihn lächelnd betrachtete.
»Du bist ein sehr anziehender Mann, Hamish MacRae«, sagte sie. Einen Moment lang schauten sie einander nur an.
»Gibt es einen besonderen Grund für dieses Kompliment?«, fragte er.
Noch immer lächelnd, schüttelte sie den Kopf.
Er löschte das Kochfeuer, indem er es mit Asche belegte, wartete, bis Mary an der Tür war, und löschte dann die Kerzen und die Laterne.
Hand in Hand gingen sie über den Hof. Ein unbeteiligter Betrachter hätte sie für ein Liebespaar gehalten, das einen Abendspaziergang machte.
Im Turm angelangt, folgte Hamish ihr die Wendeltreppe hinauf. Zweimal hielt Mary inne, zweifellos ob ihrer Höhenangst. Beim zweiten Mal trat er zu ihr, legte die Hand auf ihren Rücken und neigte den Kopf, als befänden sie sich in einer Menschenmenge und seine Worte wären nur für ihre Ohren bestimmt.
»Fürchte dich nicht, Mary. Du wirst nicht fallen. Ich lasse es nicht zu.«
Wieder nickte sie, akzeptierte sein Versprechen vorbehaltlos und ging weiter.
Er blieb an ihrer Seite. »Du solltest mir nicht so einfach glauben«, sagte er.
Sie war überrascht. Vielleicht ließ es der flackernde Schein der Kerze in ihrer Hand aber auch nur so aussehen.
»Kann man deinem Wort denn nicht trauen, Hamish?«
Er musste lächeln. Sie stand ihm in Unverblümtheit nicht nach. »Es geht nicht um mein Wort, sondern um deine Vertrauensseligkeit.«
Auch er hatte früher an das Gute im Menschen geglaubt, aber er war nicht mehr der unbekümmerte Mann, der so gern lachte.
Als sie den Treppenabsatz vor seinem Zimmer erreichten, wandte Mary sich Hamish zu und schaute ihn über die Flamme hinweg ernst an. »Täte ich besser daran, dir nicht zu glauben, Hamish?«
Er sollte ihr sagen, dass er kein Mann war, auf den sie sich verlassen konnte, dass andere es getan hatten und gestorben waren. Aber er tat es nicht, denn dann würde sie sich von ihm abwenden, und er brauchte ihre Leidenschaft.
Er ließ sie ein, schloss die Tür hinter ihnen, zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor, bedeutete Mary, sich zu setzen, stellte sich hinter sie und löste das Ende ihres Zopfes, schaute zu, wie er über ihren Rücken hinabfiel.
»Ich mag dein Haar am liebsten offen«, sagte er und begann, die Nadeln herauszuziehen. Mary wollte sie auffangen, doch da regneten sie bereits wie ein goldener Schauer auf den Boden.
Hamish trat vor Mary hin. Ihr Gesicht war gerötet, ihre Augen glänzten, und dabei hatte das Spiel noch gar nicht angefangen.
Er berührte ihre Wange.
»Bist du, bevor du mich kennenlerntest, auch schon so oft errötet?«, fragte er. »Wenn ja, dann muss es dir bei deiner Arbeit hinderlich gewesen sein, denn es wurde dir bestimmt als Unerfahrenheit ausgelegt.«
»Ich bin nicht unerfahren, das solltest du eigentlich wissen«, erwiderte sie.
Ja, das wusste er nur zu gut. Und nachdem er ihr zweimal beigewohnt hatte, wusste er auch – und es irritierte ihn –, dass ihm das nicht genügte. Er wollte sie am Morgen und am Abend und vielleicht auch noch anstatt des Mittagessens.
»Aber um deine Frage zu beantworten – nein, ich erröte eigentlich nie.«
Er sagte ihr nicht, dass er schon mehr als einmal beobachtet hatte, wie sich ihre Wangen rosig färbten oder sie den Blick senkte, als wollte sie den Ausdruck in ihren Augen verbergen.
Hamish zündete überall im Raum Kerzen an, ging leichtsinnig mit dem Vorrat um, den Brendan aus Inverness mitgebracht hatte. Eines Tages würde er sein Warenlager auffüllen müssen, doch das lag noch in zu weiter Ferne, um ihn jetzt zu beschäftigen.
Wie beim Abendessen vorhin nahmen sie einander gegenüber Platz, doch hier knisterte die Atmosphäre. Der Wind kam aus dem Norden, und es war ziemlich kühl im Zimmer, da Hamish das Kohlenbecken nicht angezündet hatte. Aber er machte keine Anstalten, es nachzuholen, denn er dachte, dass ihnen schon bald warm genug werden würde.
Auf einmal hatte er keine Lust mehr, mit ihr zu spielen, nicht Schatrandsch und nicht mit Worten.
»Müssen wir spielen?«, fragte er ungeduldig.
Sie war dabei, die Figuren aufzustellen. Mit einem schelmischen Lächeln schaute sie ihn an. »Ja, das müssen wir. Es sei denn, du gibst dich geschlagen.«
»Ich gebe mich geschlagen.«
Sie lehnte sich zurück und musterte ihn. »Einfach so?«
»Manche
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