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Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Titel: Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Ganzwohl
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machen.«
    »Sondern?«
    »Kürzlich haben wir mal spaßeshalber gerauft.«
    »Gerauft? Was meinst du damit?«
    »So eine typische, lustige Pärchenbalgerei auf der Wohnzimmercouch – na, du weißt schon. Und da habe ich gemerkt, also richtig gespürt, wie stark Claus ist. Und dass ich nicht die kleinste Chance gegen ihn hätte.«
    »Was ja irgendwie logisch ist, bei einem derart durchtrainierten Kerl, der außerdem größer und schwerer ist als du.«
    »So etwas theoretisch zu wissen ist eine Sache. Aber das am eigenen Leib zu spüren ist – eine andere. In diesem Moment hatte ich zum Beispiel kurz mal Angst. Ein paar Sekunden lang. Aber das sage ich Claus nicht; ich will ihn nicht verunsichern. Er soll sich nicht jedes Wort, jede Handlung, jede Berührung vorher überlegen müssen.«
    Hannah überlegt. »Das ist alles so – verzwickt und schwierig. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, es mit einer Paartherapie zu versuchen?«
    »Ja, das habe ich schon beim allerersten Gespräch vorgeschlagen, direkt, als er mir davon erzählte. Ich habe das Gefühl, das ist alles einfach zu groß und zu viel, um allein damit fertigzuwerden. Ich habe das Gefühl, wir brauchen eine Art Coach.«
    »Und?«
    »Er hat Ja gesagt.«
    »Das finde ich super, spricht wieder mal für ihn.«
    »Stimmt.«
    »Vor allem, weil er nach all den Knasttherapien bestimmt die Schnauze voll hat.«
    »Ja, hat er. Aber da muss er durch.«

Sonja
    Sonja reagiert am Telefon ganz ähnlich wie Hannah vor Weihnachten. Auch sie wirkt fassungslos, und es ver schlägt ihr kurz die Sprache, als ich ihr die Geschichte erzähle. Ein paar Sekunden höre ich nur ihr Atmen im Hörer.
    »Ich habe nach deinem Es-geht-um-Claus-es-ist-wasSchlimmes-passiert mit allem Möglichen gerechnet«, sagt sie, als sie sich gefangen hat. »Dass er Sex mit ’ner Ex hatte. Oder dass er nicht aufgehört hat, im Netz nach Damenbekanntschaften zu suchen. Oder dass er dir eine fünfköpfige Kinderschar verschwiegen hat. Oder dass er hohe Schulden hat und sich Geld von dir pumpen will …«
    »Du dachtest an ganz normale Katastrophen.«
    »Ja, so ähnlich. Aber das …«
    Wieder fehlen ihr die Worte, um weiterzusprechen – bei Sonja ziemlich ungewöhnlich.
    »Und jetzt?«, fragt sie schließlich. »Was willst du machen?«
    »Deine Meinung dazu hören.«
    Wir müssen das Handy-Telefonat unterbrechen, denn Sonja ist noch im Büro, und ihr Festnetztelefon auf dem Schreibtisch klingelt. Sie verspricht, mich morgen anzurufen, da habe sie dann auch viel mehr Zeit. Ich bin ein bisschen enttäuscht – jetzt, da ich mich durchgerungen habe, es zu erzählen, will ich nicht warten. Ich will reden, will alles loswerden, und ich will Antworten. Aber das sage ich natürlich nicht – es wäre kindisch und egoistisch. Mir ist außerdem bewusst, dass ich mit der Geschichte und mit meiner Entscheidung, bei Claus zu bleiben, auch meinen Freunden eine Last aufbürde. Ich habe Sonja, wie zuvor auch Hannah, einen Schock versetzt. Hannah konnte, wie sie mir auch bei unserem Treffen erzählte, tagelang nur schlecht schlafen, hatte Albträume, dachte während der Weihnachtsfeiertage immer wieder daran und hatte Angst um mich, als ich mit Claus auf Hiddensee war. Besonders schwer war ihr gefallen, Jan nichts davon zu erzählen – anders als von Claus prophezeit, hatte sie ihr Versprechen wirklich eingehalten, von dem ich sie nun aber entbunden habe. Es ist einfach zu viel verlangt. Bei Sonja hatte ich keine Gelegenheit, sie darum zu bitten, es für sich zu behalten, wie mir genau in dem Moment einfällt, in dem ich auflege.
    Darum schicke ich eine SMS hinterher. Bitte erzähl niemandem davon – außer Hannes natürlich. Seine Meinung würde mich sehr interessieren. LGK
    Sie antwortet wie immer nur zehn Sekunden später – ich kenne niemanden, der so schnell SMS tippt wie Sonja. Versteht sich von selbst! Bis morgen! LGS
    »Also, hier bin ich«, beginnt sie das Telefongespräch am nächsten Tag. Sie scheint sich inzwischen gefasst zu haben, klingt wie immer.
    Ich habe vor dem laufenden Fernseher mit dem Handy in der Hand auf ihren Anruf gewartet. Ich presse das Telefon ans Ohr, stelle mit der anderen Hand den Ton leise, lege die Fernbedienung auf den Boden und greife nach dem heißen Kakao, den ich in letzter Zeit abends immer häufiger trinke, weil er mich an meine Kindheit erinnert und irgendwie beruhigt.
    Sonja berichtet, dass sie mit Hannes gesprochen habe. Sie hat ihm die ganze Geschichte sofort

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