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Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte

Titel: Geliebter Moerder - Eine wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Ganzwohl
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erzählt, nachdem sie ihre Wohnung betreten hatte, noch im Mantel und mit Handschuhen.
    »Er blieb ganz ruhig und gelassen.«
    Ich muss lächeln – diese Reaktion passt zu Hannes.
    »Anders als wir Hühner. Andererseits ist er ja auch nur sehr indirekt betroffen.«
    Da hat sie natürlich recht. Trotzdem interessiert mich Hannes’ Meinung ganz besonders, das weiß Sonja wahrscheinlich. Hannes ist ein außergewöhnlich kluger Vollblut-Journalist der alten Schule und arbeitet als Ressortleiter für ein großes deutsches Magazin. Für mich in diesem Fall wichtiger ist es jedoch, dass er davor lange als Gerichtsreporter tätig war. Er saß in Hunderten von Verhandlungen und hat sich jahrelang mit Verbrechen, Tätern und Tathintergründen beschäftigt. Auch Sonja arbeitete in den Anfängen ihrer Karriere als Gerichtsreporterin – dabei haben sich die beiden kennengelernt –, allerdings nicht so lange und so intensiv wie ihr Mann. Mich wundert daher nicht, dass sie sich sofort mit ihm ausgetauscht hat und erst mal seine Sichtweise schildert, bevor sie ihre eigene Meinung kundtut.
    »Hannes hält es für völlig unwahrscheinlich, dass dein Claus gefährlich ist. Also, ich meine, dass er dir gefährlich werden könnte.«
    Die wichtigste Info zuerst – typisch für Sonja. Wieder muss ich lächeln.
    »Er denkt, nach allem, was er wisse und allen Statistiken, die er kenne, sei es wahrscheinlicher, dass einer von uns einen Mord begeht, als dass Claus noch mal jemanden umbringt.«
    »Echt jetzt?«
    »Ja, er meint, in solchen Fällen sei ein Rückfall eher unwahrscheinlich.«
    »Eher unwahrscheinlich?«
    »Ganz ausschließen kann man so was natürlich nicht. Aber so gut wie. Zu achtundneunzig Prozent.«
    »Das ist – ist wirklich beruhigend.«
    »Ja, finde ich auch. Und du weißt ja, Hannes würde so was nicht einfach so dahinsagen. Wenn, dann ist er sich seiner Sache sicher.«
    »Sicher. Äh, ja klar, das weiß ich doch.«
    Später am Abend werde ich googeln und versuchen, irgendwelche Studien zur Rückfallwahrscheinlichkeit bei Gewalttaten zu finden. Dabei stoße ich auf die Angabe null Komma drei Prozent: Zwar muss jeder vierte entlassene Strafgefangene wieder ins Gefängnis, aber selten wegen schwerer Straftaten. Unter entlassenen Mördern und Totschlägern hatten nur null Komma drei Prozent erneut getötet.
    Hannes hatte also wie immer recht gehabt.
    »Interessant finde ich auch, dass er sich überhaupt nicht darüber gewundert hat, dass jemand wie Claus eine solche Tat begeht. Er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt«, fährt Sonja fort.
    »Was meinst du mit ›jemand wie Claus‹?«
    »Na ja, jemand … Also ein ganz normaler Mensch … So wie wir.«
    »Du findest, wir sind ganz normal?«
    Sonja lacht.
    »Nein, sind wir definitiv nicht. Aber ich meine mit normal – ach, du weißt schon. Jemand aus der, nun ja, gehobenen Mittelschicht, weitab von Drogenmilieus oder irgendeiner Gang oder Mafia, jemand aus der Provinz, aus geordneten Verhältnissen, also …«
    »Sonja, ich weiß schon, was du meinst. Jemand, der wie wir ein stinknormales Leben führt. Mal abgesehen von dieser Sportsucht …«
    »Mensch, ist doch toll, dass er das macht; ich kann das nur bewundern, wirklich!«
    »Du wirst ja auch nicht sonntags um halb acht geweckt, weil Herr Spitzensportler vor dem Frühstück kurz mal einen Halbmarathon oder die halbe Tour de France absolvieren will und beim Anziehen unglaublich viel Krach macht. Und das ist keine Ausnahme, sondern die Regel.«
    »Sonntag, halb acht? Hm, das ist echt hart.«
    »Hart ist gar kein Ausdruck.«
    »Na ja, jedenfalls war Hannes kein bisschen überrascht. Bei den meisten seiner Verhandlungen, in denen es um Mord ging, saßen immer Typen auf der Anklagebank, denen man das nie zugetraut hätte, meint er. Durchschnittsbürger mit völlig durchschnittlichen Lebensläufen. Ganz anders als bei Raubüberfällen oder Drogendelikten und so. Da kamen die Täter meist aus einem kriminellen Milieu oder hatten eine entsprechende Biografie.«
    »Hm. Das, was Hannes sagt, stimmt genau mit dem überein, was ich in diesem Buch gelesen habe.«
    »Buch? Welches Buch?«
    » Unheil heißt es, ganz neu, geschrieben von einem Münchner Mordermittler. Die Unterzeile lautet: Warum jeder zum Mörder werden kann. «
    »Siehste. Ich habe das übrigens schon immer geglaubt, auch ohne dieses Buch, und bevor ich mit Hannes darüber gesprochen habe.«
    »Was?«
    »Dass in jedem von uns ein potenzieller Mörder

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