Geliebter Normanne
antwortete: »Wir hätten ein ruhiges und gutes Leben führen können, wenn du nicht so stur wärst. Bosgard de Briscaut und du, ihr habt mich und Lady Constance unsäglich beleidigt, da mussten wir etwas tun.«
Hayla zuckte mit den Schultern. Noch nie hatte sie verstanden, warum Menschen aus verletzter Eitelkeit andere Menschen ins Verderben stürzten oder gar töteten. Ihr waren solche Gedanken fremd. Natürlich sann sie danach, sich an Ralph Clemency zu rächen, aber dieser Mann hatte nicht nur versucht, sie zu vergewaltigen, sondern auch, Bosgard zu töten. Hayla sah die drei Menschen an, die zu ihren erbitterten Feinden geworden waren, und sagte sich, dass ihr Schicksal in London nicht schlimmer sein konnte als die Gesellschaft dieser drei. Haylas Blick wanderte zu Constances Leibesmitte, und ein spöttisches Lächeln begleitete ihre Worte, als sie sagte: »Langsam wird es Zeit, einen Vater für Euer Kind zu finden. Man kann nämlich schon etwas erkennen …«
»Du unverschämtes Ding, dir werde ich es zeigen!« Constance hob die Hand und hätte Hayla wohl geschlagen, wenn Mandric sich nicht dazwischengestellt hätte.
»Nicht hier und nicht jetzt, Lady Constance«, flüsterte er, denn in diesem Moment trug der Wirt das Essen auf.
Constance trat einen Schritt zurück, sah Hayla jedoch hasserfüllt an. »Wir beide sind noch nicht miteinander fertig«, zischte sie ihr ins Ohr, als sie dicht an ihr vorbeiging.
Nach und nach füllte sich der Gastraum, und die Männer langten kräftig zu. Zwei Schankmädchen brachten Krüge mit Bier, de Mantes, Ralph und Constance erhielten dunkelroten Wein. Hayla wurde auf einen Platz neben Mandric geschubst. Sie sah ihn fragend an.
»Machst du bitte meine Fesseln los? Wie soll ich sonst essen und trinken?«
Mandric zögerte. Erst als er die Erlaubnis von de Mantes, der am anderen Ende des Gastraums Platz genommen hatte, eingeholt hatte, sagte er zu Ralph: »Ich glaube kaum, dass die Gefangene versucht zu fliehen. Mylord de Mantes wünscht jedoch, dass Ihr, Sir Ralph, Euch auf ihre andere Seite setzt und sie im Auge behaltet.«
Ralph Clemency kam dieser Aufforderung nur zu gerne nach. Mit einem vielsagenden Lächeln setzte er sich dichter als nötig neben Hayla und drückte seinen Oberschenkel gegen den ihren. Obwohl Hayla großen Hunger verspürt hatte, war ihr Magen plötzlich wie zugeschnürt. Mandric wie auch Ralph rochen unangenehm, beide mussten wohl seit Tagen nicht mehr gebadet haben. Sie beobachtete, wie der Speichel von Ralphs Lippen tropfte, wenn er in die Fleischstücke biss. Bevor ihr übel werden konnte, nahm sie schnell einen Schluck Bier. Es war lauwarm und schmeckte widerlich, beruhigte Haylas Magen jedoch ein wenig. Für einen Augenblick schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, einfach zu hungern. Wenn sie nichts mehr aß, würde sie auf der Reise nach London sterben und so all dem, was sie dort erwartete, aus dem Weg gehen. Das ist feige, schalt sie sich selbst. Sie hatte diesen Weg gewählt und würde ihn auch bis zum Ende gehen. Darum griff Hayla nach einem Stück Entenbrust und aß langsam, um ihren Magen nicht zu überlasten.
Nachdem Ralph seinen Hunger gestillt und mehrere Becher Wein geleert hatte, legte er vertraulich einen Arm um Haylas Schultern.
»Na, meine Schöne, sollen wir jetzt hochgehen und zum gemütlichen Teil des Abends kommen?« Dabei drückte er sie so fest, dass Hayla empört aufschrie.
»Nehmt sofort Eure Finger von mir!«
Mandric hatte die Annäherung bemerkt und funkelte Ralph wütend an. »Es scheint Euch entgangen zu sein, dass die Lady meine Braut ist, Sir Ralph.«
Ralph verharrte in der Bewegung und starrte Mandric fassungslos an. »Was erlaubst du dir, so mit mir zu sprechen? Du weißt wohl nicht, mit wem du es zu tun hast, Knappe.«
Mandric straffte die Schultern und sagte kalt: »Ich bin ebenso ein Ritter wie Ihr, Sir, und Hayla ist meine Braut.«
Ralph ließ Hayla los und schlug sich laut lachend auf die Schenkel. »Braut! Das ist der beste Witz, den ich seit langem gehört habe. Soviel ich weiß, teilte diese Hure bis vor wenigen Tagen das Bett von Bosgard de Briscaut, und davor von was weiß ich wie vielen anderen Männern.«
Constance Aubrey hatte das Gespräch verfolgt und trat neben Ralph. Sie legte eine Hand auf seine Schulter, zeigte mit der anderen auf Mandric und sagte leise: »Ihr müsst wissen, Sir Ralph, das ist der Mann, der beweisen kann, dass Hayla die uneheliche Tochter König Harolds ist. Ihr solltet
Weitere Kostenlose Bücher