Geliebter Normanne
veranlassen, dass man Euch etwas zu essen und zu trinken bringt.«
Hayla informierte Waline über die Neuankömmlinge, und sofort wurden den beiden Frauen und ihren Begleitern angewärmtes Bier, Brot, Käse und kaltes Fleisch vom Vorabend serviert. Ein Knecht holte das Gepäck und brachte es nach Haylas Anweisung in die Kammer im südlichen Anbau, der erst Anfang des Jahres fertiggestellt worden war.
Nachdem Constance Aubrey sich gestärkt hatte, winkte sie Hayla zu sich.
»Du scheinst nicht nur unsere kultivierte Sprache gut zu beherrschen, Mädchen, auch sonst verfügst du über Umgangsformen, die ich hier nicht erwartet hätte.« Constances Stimme hatte zwar einen wohlwollenden Klang, aber Hayla blieb zurückhaltend.
»Es ist die Sprache des Königs«, antwortete sie diplomatisch. »König William ist unser Herrscher, und wir sind seine Untertanen.«
Constance lächelte zufrieden. »Das ist eine gute Einstellung. Ich denke, ich werde es mit dir aushalten können.«
»Aushalten? Wie meint Ihr das?« Die Worte waren Hayla unbedacht entschlüpft. Wollte die Dame etwa länger auf Penderroc Castle bleiben?
Constances Lächeln vertiefte sich. Am besten, sie stellte von Anfang an klar, welche Position sie hier einnehmen würde, um dem Mädchen gleich zu zeigen, dass ihre Nächte mit Bosgard nun zu Ende waren.
»Sir Bosgard de Briscaut und ich werden heiraten. Ich bin aus London gekommen, um endlich an der Seite meines Verlobten zu sein, auch wenn die Lebensumstände hier sich von denen am Hof doch sehr unterscheiden. In diesem Haus fehlt eindeutig eine weibliche Hand, aber das wird sich jetzt ja bald ändern.«
Hayla war, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen. Halt suchend klammerte sie sich an eine Stuhllehne.
»Sir Bosgard hat nie erzählt, dass er … verlobt ist.« Nur mit Mühe gelang es ihr zu sprechen.
»Ach, der liebe Bosgard …« Constance machte eine unbekümmerte Handbewegung. »Er kann manchmal recht schüchtern sein, Mädchen. Wahrscheinlich wollte er dieses Haus hier erst so weit herrichten, dass es einer Frau wie mir würdig ist, doch der König drängt auf eine baldige Hochzeit. Er findet es nicht gut, wenn zwei Liebende monatelang voneinander getrennt sind.« Sie kniff die Augen zusammen und musterte Hayla von oben bis unten. »Luchia ist meine Kammerfrau, aber ich könnte durchaus noch ein zweites Mädchen gebrauchen. Da du unsere Sprache sprichst und auch sonst einigermaßen kultiviert wirkst, wirst du mir ab sofort dienen. Wie ist eigentlich dein Name?«
»Hayla …« Sie musste ihren Namen rauspressen, so eng war ihr Hals geworden. »Ich bin Magd.«
Constance Aubrey nickte zufrieden. Ihre Vermutung hatte sich bestätigt, und sie genoss das Spiel mit dem Mädchen. Natürlich würde sie Hayla nach ihrer Vermählung keinen Tag länger in der Burg dulden, aber im Augenblick machte ihr Haylas offensichtliche Verwirrung Spaß.
»Dann zeig mir jetzt meine Kammer und sorge dafür, dass meine Gewänder zum Lüften aufgehängt werden. Sie haben unter der langen Reise bestimmt ein wenig gelitten.«
»Ja, Mylady.« Es blieb Hayla nichts anderes übrig, als Constances Anweisung zu folgen. Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Bosgard war verlobt! Wie hatte sie nur so naiv, nein, so dumm, sein können anzunehmen, ein Mann wie er wäre noch frei und ungebunden und würde tatsächlich eine Angelsächsin heiraten wollen. Natürlich war die Frau an Bosgards Seite eine Normannin, und zwar eine nicht unvermögende Normannin aus einem guten Haus, wie man an Lady Constance deutlich sehen konnte. Haylas Wangen brannten vor Scham, doch zum Glück bemerkte es die Dame nicht, da Hayla sie in ihre Kammer führte. Wie naiv von ihr zu glauben, Bosgards Worte wären mehr als nur ein harmloses Geplänkel gewesen.
Als Hayla wieder die Küche betrat, ließ sie sich auf die Bank neben dem Feuer fallen. Immer noch zitterte sie am ganzen Körper und konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten.
Waline, die Lady Constances Ankunft schweigend verfolgt hatte, legte eine Hand auf Haylas Schulter.
»Überrascht es dich wirklich zu erkennen, welches Spiel der Normanne mit dir getrieben hat? All seine Freundlichkeit und schönen Worte dienten einzig und allein dem Zweck, dich zu seiner Hure zu machen.«
Zum ersten Mal war Hayla über Walines schonungslose Offenheit und ihre Art, die Dinge beim Namen zu nennen, nicht schockiert oder gar böse. Der Kloß in ihrem Hals wurde immer
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