Geliebter Schuft
liege.«
»Doch, Sie sind eine Gefahr«, sagte sie und biss sich auf die Unterlippe. »Ob Sie es glauben oder nicht, Mr. Ensor, ich spiele ziemlich gut, und ich verfolge eine eigene Strategie.«
»Da bin ich sicher«, murmelte er. »Mir ist schon aufgefallen, wie geschickt Sie im Spielen sind, Miss Duncan.«
Sie hielt inne, den Schläger halb zum Schwung erhoben. Natürlich hieß das, die Spielsituation ausnutzen, doch erschien es ihr ein wenig hinterhältig, Krocket mit jenem anderen Spiel, das zwischen ihnen lief, zu vergleichen. Aber andererseits war beim Krocket allerhand erlaubt, und wenn es um Tricks ging, konnte sie es an Gerissenheit und Rücksichtslosigkeit mit jedem aufnehmen. Sie schwang den Schläger und trieb die Kugel durchs erste Tor.
Rasch ging sie zu ihrer Kugel, nahm wieder die Ausgangsposition ein und trieb die Kugel mit so viel Kraft weiter, dass sie gegen Chastitys Kugel prallte, die sich in direkter Linie zum zweiten Tor befand. Sie legte sie nebeneinander und schlug diesmal ihre Kugel so geschickt, dass Chastitys Kugel durch das Tor rollte und ihre eigene ihr folgte.
Max lehnte an der Buche und beobachtete amüsiert und voller Bewunderung, wie Constance ihre und die Kugel ihrer Schwester durch die Tore trieb, den Signalpfahl mit der eigenen Kugel touchierte und dann ihrer Schwester den Schläger reichte, damit diese mit dem letzten Schlag ihre Kugel ins Ziel bringen konnte.
»Gut gespielt, Chastity, gut gespielt.« David Lucan spendete laut Applaus.
»David, ich habe ja bis auf den letzten Schlag gar nichts gemacht«, protestierte Chastity und legte den Schläger aus der Hand. »Constance hat ihren Ball so gut wie meinen gespielt. Haben Sie das nicht gesehen?«
Der junge Mann schien verwirrt, und Chastity lächelte ihm sofort zu und ging zu ihm hin. »Spielt sie denn nicht gut?«
»Ja, schon«, sagte er, »aber nicht so gut wie Sie.«
Es war höchste Zeit, dass Hester Winthrop die Szene betrat, fand Chastity.
»Prudence, was ist mit deiner Tischordnung?«, fragte Edith und spielte mit ihrem Fächer. »Wohin hast du Mr. Ensor gesetzt? Ich glaube, er sollte am Kopf der Tafel sitzen, wo dein Vater seinen Platz hat. Er und Lord Barclay. Dann können sie über Politik reden.«
»Es wäre aber möglich, dass sie das gar nicht wollen, Tante«, sagte Prudence. »In London haben sie genug mit Politik zu tun. Wir setzen ihn zwischen Constance und Lady Winthrop.« Ihr war nun klar, warum Constance Hester und Lord Lucan nebeneinander platziert hatte, möglichst weit von Lady Winthrop entfernt.
»Na schön, wenn du glaubst, dass dies allen zusagt, meine Liebe, dann überlasse ich es dir.« Edith lächelte vage und entfernte sich, um mit ihren Bekannten zu plaudern.
Prudence, die wartete, bis sie an die Reihe kam, dachte über Hester Winthrop und David Lucan nach. Es war eine Konstellation, wie man sie sich besser nicht denken konnte. Aber wie sollten sie zu ihrem Honorar kommen, wenn sie die glückliche Verbindung gestiftet hatten und das Paar gar nicht wusste, dass es verkuppelt worden war? Constances
Idee mit der Eheanbahnung war großartig, wie aber sollten sie Geld damit verdienen?
Sie griff nach ihrem Schläger und betrat den Rasen, als ihr Vater mit seiner Kugel die Signalstange berührte.
»So reizende junge Frauen ... ein Jammer, dass sie keine Männer finden«, vertraute Lady Winthrop ihrer Bridgepartnerin nach dem Dinner an. »Möchte wissen, warum Chastity nicht Lucan nimmt?« Sie hob ihr Lorgnon und blickte durch den Salon zu dem jungen Mann, der mit Hester plauderte. David Lucan, der hinter dem Sofa stand, fixierte Chastity wie ein ergebenes Hündchen.
»Er wäre eine gute Partie ... Pik vier«, sagte ihre Partnerin. »Aber Emily hat die Mädchen auf merkwürdige, um nicht zu sagen, höchst unpassende Ideen gebracht. Natürlich wäre die arme Constance schon seit Jahren verheiratet, wenn ...« Sie legte einen Finger auf die Lippen, als sich Edith Duncan dem Tisch näherte.
Auf der anderen Seite des Raumes lächelte Chastity über ihre Schulter David Lucan zu und sagte: »Setzen Sie sich doch und leisten Sie Hester Gesellschaft. Ich muss mich darum kümmern, ob alle mit allem versorgt sind.«
Sie klopfte einladend auf das Sofa. »Mach kein so verängstigtes Gesicht, Hester. David beißt nicht. Außerdem habt ihr beide etwas gemeinsam. Ihr liebt Hunde.«
Natürlich liebte Hester Spaniels, und David züchtete Staffordshire— Bullterrier, doch das war nur ein Detail am Rande,
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