Geliebter Teufel
Lagerplatzes begrüßten die Vaqueros ihre Familien und Freunde. Ignacio und Santiago, den beiden Männern, die bei dem Überfall verwundet worden waren, wurde beim Absitzen geholfen. Sie wurden in ein anderes kleines Haus geführt, wo sich ihre Frauen um sie kümmern konnten.
Ruiz Domingo, sein jüngster Vaquero, brachte das Packpferd mit, das die Leiche seines Bruders trug. Die Nachricht war schon vorausgeschickt worden. Padre Xavier würde im Morgengrauen eintreffen. Im Schatten auf der Veranda sprach Miranda Aguilar kurz mit Ruiz, dann kam sie auf Ramon zu. Sie war groß und graziös und wirkte sehr anziehend. Sie war halb Miwok-Indianerin und halb spanischer Herkunft, besaß eine samtene Haut und glänzendes, langes, schwarzes Haar.
»Ramon«, begrüßte sie ihn und streckte ihm die Hände entgegen, während ihre schönen, dunklen Augen sich mit Tränen füllten. Ihr Mann war mit Murieta geritten und bei einem Überfall auf eine Gruppe Reisender umgekommen, etwa zehn Monate nach Joaquin Murietas letztem Zusammenstoß mit dem Gesetz.
»Dios mio, es tut mir so leid.« Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und drückte sich an ihn.
Sie würde mit ihm gehen, das wußte er, ihn auch in ihren weichen Frauenkörper aufnehmen und seinen Schmerz zu lindern suchen. Aber er wußte genau, daß er das nicht zulassen würde.
»Es tut uns allen leid, querida.« Er löste sich von ihr. »Bitte ... geh jetzt mit den anderen.«
»Aber ich will bei dir sein. Schick mich nicht weg, Ramon.«
Er wich noch weiter von ihr zurück. »Ich habe gesagt, du sollst gehen. Das habe ich auch gemeint.«
Sie stand einen Moment reglos da, den Kopf stolz erhoben, das lange schwarze Haar reichte ihr fast bis zur Taille. Dann wandte sie sich um und ging. Er wußte, sie würde sich nicht gegen ihn stellen. Nicht wie die Amerikanerin, die gringa. Doch genau an die mußte er denken, als er zum Wald hinüberging, sich von den anderen entfernte und einen Ort aufsuchte, an dem er beten konnte.
5. Kapitel
Verärgert und zugleich mitleidig beobachtete Pedro Sanchez den Mann, der für ihn wie ein eigener Sohn war. Ramon de la Guerra stand am Grab seines Bruders unter einer hohen Eiche, hielt seinen Hut in Händen, hatte die Augen geschlossen und den Kopf leicht gesenkt. Es war fast Abend. Padre Xavier hatte am frühen Morgen eine kurze Messe für Andreas gelesen. Seither war Ramon bereits dreimal ans Grab zurückgekehrt.
Er ging jetzt dort weg, kam zum Lagerplatz zurück, obwohl er noch nicht im Haus gewesen war, nicht mal in der vergangenen Nacht, um zu schlafen. Pedro seufzte in die Stille, wollte schon gehen und ihn seiner Trauer überlassen, doch dazu war er im Moment zu verärgert. Außerdem hatte er das Gefühl, Ramon müsse vom Tod seines Bruders abgelenkt werden.
Pedro biß die Zähne aufeinander. Er wußte genau, was da jetzt am besten wirken würde.
Er ging zu seinem Freund hinüber und trat neben ihn. »Ich würde gern mit dir sprechen, Ramon. Es gibt etwas, das ich dir unbedingt sagen muß.«
Ramon hob den Kopf. »Was denn, Pedro?«
»Es geht um das Mädchen.«
»Über das Mädchen will ich nicht sprechen.«
»Nein? Vielleicht hast du recht, und du solltest dir dein Werk lieber selbst ansehen.«
Er trat unangenehm berührt von einem Fuß auf den anderen. »Wovon sprichst du?«
»Komm mit.«
Wortlos ging Pedro zum Haus vor, und Ramon folgte ihm. Sie betraten das kleine spanische Landhaus, in dem es kräftig nach roten Pfefferschoten roch, die in einem schweren gußeisernen Kessel über dem Feuer im Herd hingen. Gleichzeitig hörten sie, wie masa auf dem Tisch geklopft und geknetet wurde.
Florentia, eine kleine, rundliche, schwarzhaarige Frau um die Fünfzig, wandte sich um, als die Tür so laut zufiel. »La comida wird bald fertig sein, Don Ramon«, rief sie ihm zu. »Es wird Zeit, daß Sie etwas essen.«
Ramon erwiderte nichts, sondern folgte Sanchez zu der Tür, die in das eine kleine Schlafzimmer führte. Der ältere Vaquero schob die Tür auf, und Ramon ging hinein.
Pedro wandte sich ihm zu. »Du hast dem Mädchen die Schuld an Andreas’ Tod gegeben. Und du hast dir selbst die Schuld gegeben. Das Mädchen hat nichts anderes gemacht, als wir in derselben Situation auch getan hätten. Und du hast nur gemacht, was dein Bruder wollte. Du hättest weder das eine noch das andere verhindern können.«
Ramon sagte nichts dazu. Er starrte nur auf die zierliche Gestalt, die zusammengekauert in dem Bett lag.
»Es wird Zeit, daß
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