Geliebter Teufel
Pfad ein und wandte sich in ein kleines Waldstück.
Während sie unter dem dichten Blattwerk daherritten, die Sonne direkt über ihnen schien, konnte sie weder Norden von Süden unterscheiden noch Osten und Westen, und da wurde ihr klar, daß er genau das beabsichtigt hatte.
Sie versuchte nicht länger herauszufinden, in welche Richtung es ging, und lehnte sich entspannt zurück. Doch als sie ihn dabei mehr berührte, richtete sie sich hastig wieder auf. Sie war überaus erleichtert, als der Don schließlich den Hengst auf einer Anhöhe zügelte, von der aus sie auf ein Dorf hinunterblicken konnten.
Es lag auf einer Lichtung, die rundum von Pinien umgeben war, und bestand aus fünfzehn bis zwanzig halbrunden Hütten, die aus Lehm und Weidenzweigen gebaut waren. Eine größere Hütte, die zum Teil in den Boden versenkt war, stand auf der einen Seite, eine temescal, wie die Spanier sie nannten, eine Schwitzhütte, der Platz, an dem die Indianer auch ihre Waffen unterbrachten. Riesige Körbe, so groß wie ein Mensch, hingen in den Bäumen und waren mit Vorräten von Eicheln und anderem Saatgut gefüllt.
»Dies sind überwiegend Yocuts«, erklärte Ramon und drängte den Hengst vorwärts. »Vom großen Tal bis nach Osten. Es gibt auch noch Miwok und Mutsen - das sind die Küstenindianer, die früher einmal nah am Meer gelebt haben.«
»Warum leben sie alle zusammen? Ich dachte, bei den Indianern lebt jeder Stamm für sich.«
»Bevor sie missioniert wurden, war das auch so. Die meisten bewegten sich in Gebieten von nicht mehr als zweihundertsechzig Quadratkilometern. Zum größten Teil wurde ihr Lebensbereich zerstört, als die Missionare eintrafen. Verstehen Sie mich nicht falsch. Die Pater hatten gute Absichten. Sie glaubten, für die Indianer sei es vorteilhaft, wenn sie sich der Kirche anschließen würden. Sie würden lernen, sich ihre eigene Nahrung zu ziehen, Ranches zu bauen, und somit wären ihre Seelen gerettet. Leider haben sie sich diesem Lebensstil nicht angepaßt und waren kaum widerstandsfähig gegen jede mögliche Krankheit. Die meisten von ihnen starben.«
Carly empfand Mitleid mit ihnen. »Und diese hier?«
»Als das Missionssystem sich aufgelöst hatte, gab man den Indianern gewisse Landparzellen, aber die haben sie auch mit der Zeit verloren. Sie ließen sich leicht betrügen, durften nicht vor Gericht gehen und konnten sich dadurch nicht verteidigen. So begannen sie auf den Ranches zu arbeiten, aber damit können sie sich inzwischen auch nicht mehr durchbringen. Dadurch ist ihre alte Lebensweise wiederaufgelebt. Die verschiedenen Stämme haben sich überall in den Bergen zu kleinen Gruppen wie dieser hier zusammengeschlossen.«
»Ich hörte, wie mein Onkel einmal von ihnen sprach. Er sagte, sie würden sämtliche Ranches in der Umgebung überfallen und unschuldige Menschen ermorden.«
Da sie vor ihm auf dem Pferd saß, spürte sie sofort, als er seine Muskeln anspannte und mit den Achseln zuckte. Erneut breitete sich ein eigenartiges Prickeln in ihrem Magen aus.
»Sie sind verbittert«, erwiderte er. »Und manchmal greifen sie an. So wie wir kämpfen sie nur ums Überleben.«
Genau wie ich, dachte Carly, aber sie sagte nichts weiter dazu. Sie setzten den Abstieg den Berg hinunter fort und hielten mitten im Dorf an. Nur eine alte Frau und zwei junge Männer kamen auf sie zu, um sie zu begrüßen. Die Männer hatten Bärte und Schnäuzer und hatten etwas an, das aussah wie eine viel zu große Windel aus Kaninchenfell. Sie trugen Haarnetze aus Seidenfasern, während die Frauen lockere Hemden anhatten, die nur bis zu den Knien reichten.
»Über tausend Jahre sind sie nackt herumgelaufen«, berichtete ihr der Don leicht amüsiert bei ihrem überraschten Gesichtsausdruck. »Das bißchen Kleidung, das sie jetzt tragen, ist ein Vermächtnis der Missionare.«
Er beugte sich vor, half Carly vom Pferd, dann stieg er selbst elegant ab. »Wo ist Lena?« erkundigte er sich bei der gebeugten alten Frau. »Trah-ush-nah und die anderen?«
Sie antwortete auf Spanisch, das sie in der Mission gelernt hatte. »Eine schreckliche Krankheit ist ausgebrochen. Sie geht schon seit über einer Woche um. Sie tötet ohne Gnade. Sie sollten nicht herkommen.«
Das Gesicht des Don verspannte sich. »Die Pocken?« fragte er.
Die Frau schüttelte den Kopf. »Die Krankheit heißt Masern. Vier von den Alten sind ihr schon zum Opfer gefallen. Alle Männer und die meisten Frauen sind erkrankt. Es ist niemand da, der sie
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