Geliebter Teufel
und seine Mutter wohl reagieren würden, sollten sie erfahren, daß sie die Frau war, die an dem Abend des Überfalls den Alarm ausgelöst hatte. Er hoffte inständig, daß das nie der Fall sein würde.
Er dachte daran, wie er sie bei der Hochzeit behandelt hatte, erinnerte sich an die grausamen Dinge, die er gestern abend zu ihr gesagt hatte. Die Schuldgefühle bedrückten ihn so sehr, daß ihm der Schweiß auf der Stirn ausbrach. Er hatte sie schlecht behandelt, hatte sich von seiner eigenen Unsicherheit verleiten lassen, Dinge zu sagen und zu machen, die er nicht wirklich hatte tun wollen.
Dennoch hatte er keine andere Wahl gehabt. Er konnte es sich nicht leisten, den Gefühlen nachzugeben, die sie bei ihm weckte, und verstand auch nicht, wieso er das Bedürfnis verspürte, sie zu beschützen. Ebensowenig schmeckte ihm die Eifersucht, die ihn plagte, sobald ein Mann nur in ihre Richtung schaute. Aber auch die Wärme, die er in ihrer Nähe verspürte, war ihm fremd.
Ramon zügelte sein Pferd oben auf dem Hügel und schaute hinunter ins Tal. Las Almas war längst aus seinem Blickfeld verschwunden, aber trotzdem konnte er die westliche Grenze des Achttausend Hektar Grundstücks von Rancho del Robles sehen. Grund und Boden, der ihm gehörte. Grund und Boden, den er geschworen hatte, seiner Familie zurückzugewinnen — das den de la Guerras zugewiesene Land, das jetzt Fletcher Austin gehörte, dem einzigen lebenden Verwandten seiner anglo -Frau.
Er hätte bei ihr bleiben sollen, überlegte er erneut. Was würde sie denken, wenn sie herausfand, daß er sie gleich nach der Hochzeitsnacht verlassen hatte? Zumindest hatte er sie behutsam genommen, und in seinem tiefsten Innern wußte er, daß er das auf jeden Fall getan hätte, gleichgültig, wie wütend er gewesen wäre.
Er erinnerte sich an ihre ungestüme Leidenschaft, das unglaubliche Verlangen, das sie in ihm weckte. So verrückt wie nach ihr war er nie zuvor nach einer Frau gewesen. Nicht mal Lily hatte sein Blut so in Wallung gebracht wie seine kleine Frau. Trotzdem hatte er sie in dem Glauben gelassen, sie sei wie jede andere, mit der er im Bett gewesen war.
Das stimmte aber nicht. Er sehnte sich so sehr nach ihr, daß es fast schon an Besessenheit grenzte. Das wagte er ihr jedoch nicht zu zeigen. Sie war eine gringa, und die dachten über die Ehe anders als spanische Frauen. Den Ehemann zu betrügen bedeutete ihnen nichts. Mit einem Dutzend verschiedener Männer zu schlafen bedeutete ihnen auch nichts. Sie suchten sich ihr Vergnügen, wo immer sie es fanden.
In Spanien hatte er sich in den Kreisen bewegt, in denen sich die ewig herumziehenden Reichen, zumeist Amerikaner, Engländer und Franzosen, bewegten. Dabei hatte er Lily kennengelernt, im Hause eines engen Freundes in Sevilla. Zuerst war er von Lily hingerissen gewesen. Doch in den darauffolgenden Jahren hatte er mit einem Dutzend solcher Frauen geschlafen.
Vielleicht war Caralee anders. Er hoffte es zumindest sehr, aber sicher war er sich nicht.
In vielen Dingen vertraute er ihr, aber nicht mit dem Schlüssel zu seinem Herzen.
Er gab dem Hengst die Sporen, so daß die feuchte Erde unter den Hufen des Tieres wegspritzte. Es gab ein paar Dinge, um die er sich im Lager kümmern mußte, und wenn er ein paar Tage von Carly getrennt war, hatte er Zeit, sein inneres Gleichgewicht wiederzuerlangen. Bis zu seiner Rückkehr würden Sanchez und die Vaqueros schon auf sie aufpassen. In drei Tagen kamen auch seine Mutter und seine Tante von ihrem Besuch bei seinen Cousinen zurück. Dann war sie nicht länger allein.
Ramon beachtete nicht das leise Bedauern, das ihn unwillkürlich bei dem Gedanken, drei ganze Tage in den Armen seiner leidenschaftlichen kleinen Braut verpaßt zu haben, beschlich.
Er hatte ihr eine Notiz auf den Kaminsims gelegt. Darauf stand, daß er im Lager etwas zu erledigen hatte, aber Carly wußte es besser. Gestern abend hatte Ramon sie nur genommen, weil er unbedingt eine Frau brauchte, aber sie hatte es nicht geschafft, ihm Vergnügen zu bereiten. In Wirklichkeit hatte sie ihn weggetrieben.
Ihr wurde schwer ums Herz, und ihre Kehle fühlte sich an wie zugeschnürt. Unruhig ging sie in dem warmen, gemütlichen sala des Hauses auf und ab, bemerkte dabei kaum die dunklen, geschnitzten Balken über sich oder das Knistern des niedrig brennenden Feuers in dem großen, felsigen Kamin. Gemälde von Ramons Vater und Mutter, seiner Tante und seinem Bruder zierten die weißgekalkten Wände des
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