Geliebter Tyrann
verwandt war; doch sie hatte ihn nicht akzeptiert. Für sie war er immer noch der Sohn eines Flickschusters, und egal, was er tat, in ihren Augen würde er nie etwas anderes sein.
Gerard dachte daran, was er in dem vergangenen Jahr auf ihr Geheiß hin hatte tun müssen. Sie hatte ihn gezwungen, sich für diese primitiven amerikanischen Frauen zu prostituieren. Das waren grobe, ungebildete Dinger, die nur dieses Kauderwelsch beherrschten, diese amerikanische Sprache. Er betrachtete zu gerne ihre Augen, wenn er ihnen schreckliche Dinge auf französisch sagte. Sie waren zu dumm und unwissend. Sie glaubten, er machte ihnen Komplimente.
ünd dann, des Nachts, spielte Nicole mit ihm, spannte ihn auf die Folter, daß es kaum noch zu ertragen war. Nur ein Vorhang trennte seinen Raum von dem ihren. Er pflegte im Dunkeln im Bett zu liegen, Adele schnarchend neben ihm, und die Ohren zu spitzen, wenn sie sich auszog. Er erkannte jedes Kleidungsstück an dem ihm eigenen Geräusch. Er wußte, wann sie nackt hinter dem Vorhang stand, bevor sie das Nachthemd über den Kopf streifte. Er stellte sich ihren goldenen Körper vor, stellte sich vor, wie er die Arme öffnete und sie zu ihm kam. Dann würde er es ihr zeigen! Dann würde sie bitter bereuen, daß sie ihn einmal geohrfeigt hatte.
Er bewegte sich von dem Baum fort. Eines Tages würde sie bereuen müssen, daß sie glaubte, sie wäre besser als er. Er malte sich in Gedanken alles aus, was er mit ihr anstellen würde. Er würde sie zwingen, daß sie vor ihm kroch und winselte. Ja! Sie war eine leidenschaftliche Frau; er würde sie nicht eher anfassen, bis sie auf den Knien zu ihm kam. Er würde ihr zeigen, daß der Sohn eines Flickschusters genauso gut war wie irgendeiner von ihren snobistischen französischen Verwandten.
Er ging von der Mühle weg zwischen die Bäume. Die Mühle machte ihn krank. Sie machten ihn alle krank, wenn sie zusammen lachten und redeten - zweifellos über ihn. Einmal hatte er zwei Männer belauscht, die von dem »kleinen Franzmann« sprachen. Er hatte einen Stein aufgehoben; es sich aber dann doch anders überlegt. Es gab andere Möglichkeiten, ihnen das heimzuzahlen, Möglichkeiten, die für ihn ungefährlich waren. Im Herbst hatten dann beide Männer ihre Scheunen durch Feuer verloren, in denen sie ihre ganze Tabakernte untergebracht hatten. Einer der Männer hatte Konkurs anmelden müssen.
Gerard lächelte, als er sich an diese Sache erinnerte. Während er auf dem Kamm des Hügels ging, lenkte eine Bewegung auf dem anderen Flußufer seinen Blick auf sich. Da war jemand, eine große Frau auf einem Pferd. Er blieb stehen und starrte einen Moment hinüber. Im letzten Jahr war es dort drüben immer stiller geworden, arbeiteten immer weniger Leute auf den Feldern. Die Beziehung von Nicole zu Armstrong hatte ihn nie sonderlich interessiert. Er wußte nur, daß sie einmal mit ihm verheiratet gewesen war und sich auf der Party bei den Backes benommen hatte wie eine Hure. So oft hatte Gerard davon geträumt, daß Nicole sich bei ihm ebenso benahm. Als sie schon kurz nach seiner Ankunft ihre Ehe hatte annullieren lassen, war er angenehm überrascht gewesen. Damit hatte sie ihm nur sagen wollen, nach welchem Mann sie wirklich verlangte. Was für ein erregender Gedanke, die Ehe annullieren zu lassen, damit sie Gerard heiraten konnte. Er hatte eine Weile gewartet und ihr dann zu verstehen gegeben, daß sie in seinem Bett willkommen wäre.
Er preßte in Erinnerung daran seine Zähne zusammen.
Sie war eine Kokotte, die im ersten Moment Versprechungen machte und im nächsten so tat, als wäre es unverschämt, sie beim Wort zu nehmen.
Während er über den Fluß sah, hob die Frau die Peitsche und schlug damit das Pferd auf den Schenkel. Das Pferd machte einen Satz, senkte dann den Kopf und keilte hinten aus. Die Frau flog durch die Luft und landete in einem Schauer aus Staub und Kieselsteinen auf ihrer Kehrseite. Gerard zögerte einen Moment und begann dann, zum Landungssteg hinunter-
zulaufen. Es war keine überlegte Handlung. Er wußte nur, daß er zu dieser Frau gelangen mußte.
»Sind Sie verletzt?« fragte er, als er sie erreicht hatte.
Bianca saß regungslos auf dem Boden, ihr ganzer Körper schmerzte von dem Fall und von dem Ritt auf diesem verfluchten Pferd. Sie nahm ein Stück Lehm aus dem Mund und betrachtete es angewidert. Sie fuhr überrascht zusammen, als sie Gerard vor sich auftauchen sah. Es war schon so lange her, daß sie einen Gentleman
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