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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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trocken wurden. »Dann wissen Sie also, daß sie nicht der reine kleine Engel ist, für den jeder sie zu halten scheint! Sie heiratete meinen Verlobten! Sie versuchte, mir die Plantage und Arundel Hall wegzunehmen. Doch jeder scheint zu denken, ich hätte ihr ein Unrecht angetan. Ich habe mir nur genommen, was mir gehörte.«
    »Ja«, stimmte Gerard ihr zu. »Aber ich nehme an, Sie meinen die Amerikaner, wenn Sie von >jedermann< sprechen. Doch, was können Sie denn von so primitiven Leuten anderes erwarten?«
    Bianca lächelte. »Sie sind eine unwissende Bande. Und sie wollten einfach nicht sehen, auf welche schamlose Weise Nicole mit diesem Wesley Stanford flirtete!«
    »Oder mit Isaac Simmons!« sagte Gerard mit Abscheu in der Stimme. »Sie verbringt täglich viele, viele Stunden mit diesem Bauernlümmel.«
    Eine Glocke ertönte in einiger Entfernung hinter ihnen. Sie rief die Feldarbeiter, die noch auf der Plantage geblieben waren, zum Mittagessen.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte Bianca. »Könnten wir uns... Wiedersehen?«
    Gerard mußte seine ganze Kraft aufbieten, um ihr vom Boden aufzuhelfen. Dann zog er seine Jacke an. »Sie könnten mich gar nicht daran hindern, Sie wiederzusehen. Darf ich Ihnen sagen, daß ich zum erstenmal, seit ich in Amerika bin, das Gefühl habe, als hätte ich einen Freund gefunden?«
    »Ja«, sagte Bianca leise, »ich empfinde es auch so.«
    Er nahm ihre Hand und küßte sie mit viel Gefühl. »Also - wie wäre es mit morgen?«
    »Hier. Zum Lunch! Ich werde einen Picknickkorb mitbringen.«
    Er nickte rasch und verließ sie dann.

20
    Bianca starrte Gerard einen Moment lang nach. Er war wirklich eine edle Erscheinung - so taktvoll, so gut erzogen, so meilenweit von diesen schrecklichen Amerikanern entfernt Sie wandte sich dem Haus zu und seufzte bei dem Gedanken, welch weiten Weg sie zu Fuß zurücklegen mußte. Das war Claytons Schuld. Sie hatte verlangt, daß sie jemand in der Kutsche auf der Plantage herumfahren sollte, doch Clay hatte bei diesem Ansinnen nur gelacht und gesagt, er würde keine Straßen bauen lassen, nur weil sie zu faul sei, zu Fuß zu gehen.
    Während des langen, heißen Marsches zum Haus zurück dachte sie über Gerard nach. Warum hatte sie nicht einen Mann wie ihn bekommen? Warum hatte sie einen gemeinen, ungebildeten Menschen wie Clayton geheiratet? Sie hätte mit einem
    Mann wie Gerard glücklich werden können. Sie ließ seinen Namen ein paarmal auf der Zunge zergehen. Ja, das Leben mit ihm wäre angenehm. Er würde sich nie über sie lustig machen oder ihr verletzende Dinge sagen.
    Sobald sie das Haus betrat, brach ihre Euphorie in sich zusammen. Das Haus war unglaublich schmutzig. Es war seit mehr als einem Jahr nicht mehr gründlich gesäubert worden. Spinnweben hingen von der Decke. Kleider, Papier und vertrocknete Blumen lagen auf den Tischen herum. Die Böden waren abgewetzt und blind vom Schmutz. Die Teppiche waren so voller Staub, daß er in kleinen Wolken aufwirbelte, wenn man darauf ging.
    Bianca hatte versucht, sich einen Stab von Bediensteten zuzulegen; doch Clay hatte immer wieder ihre Disziplin untergraben. Er verteidigte stets die Dienstboten gegen sie. Nach ein paar Monaten hatte er sich geweigert, ein Hausmädchen oder einen Diener zu engagieren. Er sagte, er könne niemanden dazu zwingen, sich Biancas niederträchtige Handlungsweise gefallen zu lassen. Bianca hatte furchtbar geschimpft und ihm gesagt, er habe keinen Begriff davon, wie man Dienstboten behandeln müsse. Aber er hatte ihr, wie immer, nicht zugehört.
    »Hier ist ja meine teure Frau«, sagte Clay. Er lehnte vor der Tür des Speisezimmers am Treppengeländer. Sein Hemd war einmal weiß gewesen; doch nun war es zerrissen und schmutzig. Es war offen bis zur Taille hinunter, nur nachlässig hinter den breiten Ledergürtel über den Hüften hineingestopft. Seine hohen Stiefel waren voller getrocknetem Lehm. In der Hand hielt er, wie immer, ein Glas Bourbon. Seit Monaten hatte sie ihn nicht mehr anders erlebt.
    »Dachte ich mir doch, daß das Läuten zum Dinner dich ins Haus zurückbringen würde«, sagte er und fuhr sich mit der Hand über das unrasierte Kinn. »Egal, was passiert - das Wort Essen genügt, und du kommst angetrabt.«
    »Du widerst mich an«, sagte sie verächtlich und begab sich ins Speisezimmer. Der Tisch war sie gewöhnlich mit Speisen überladen. Maggie gehörte zu den wenigen Dienstboten, die noch bei Clay geblieben waren. Bianca setzte sich, breitete eine

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