Geliebter Tyrann
und das nur, weil er mich haßt. Er sagt, er will sich nicht zu Tode schuften, nur damit ich mir Flitterkram kaufen könne.«
»Flitterkram?«
»Dabei bin ich sparsam genug. Ich kaufe nichts, was ich nicht brauche- ein paar schlichte Kleider, eine Kutsche, ein paar Möbel für das Haus; nichts, was eine Lady meines Standes nicht benötigte.«
»Es ist eine Schande, daß Sie einen so egoistischen Ehemann haben.«
Bianca starrte über den Fluß. »Das ist alles ihre Schuld. Wenn sie sich nicht meinem Mann an den Hals geworfen hätte, wäre das alles nicht passiert.«
»Ich dachte, Nicole wäre einmal mit Mr. Armstrong verheiratet gewesen?« Gerard versuchte gar nicht erst, den Unwissenden zu spielen.
»Das war sie; aber ich habe ihr die Suppe gründlich versalzen. Sie dachte, sie könnte mir mein Eigentum wegnehmen, um das ich so schwer gekämpft habe; doch es gelang ihr nicht.«
Gerard sah um sich, betrachtete die Tabakfelder zu seiner Linken. »Was gehört Armstrong eigentlich alles?«
Biancas Augen funkelten lebhaft. »Er ist reich, oder könnte es sein, wenn er nur ein bißchen arbeiten würde. Er hat ein sehr hübsches Haus; es ist nur zu klein.«
»ünd Nicole hat das alles aufgegeben?« Es war eine Frage, die er mehr an sich als an sie richtete.
Biancas Gesicht rötete sich vor Zorn. »Sie hat es nicht aufgegeben. Wir haben ein Spiel gespielt, und ich habe gewonnen. Das ist alles.«
Gerard hörte ihr jetzt gespannt zu. »Ein Spiel, sagten Sie? Könnten Sie mir das nicht etwas näher erläutern?«
Er saß da und hörte gebannt zu, als Bianca ihre Geschichte erzählte. Ihre Gerissenheit verblüffte ihn. Hier saß jemand bei ihm, den er gut verstehen konnte. Er lachte, als sie ihm erzählte! wie sie Abe dazu überredete, Nicole zu entführen. Er betrachtete sie fast mit Ehrfurcht, als sie ihm berichtete, mit welcher List sie Clay einen Beischlaf vorgegaukelt hatte.
Bianca hatte noch nie jemanden in Amerika gefunden, der ihr zuhörte, und noch weniger hatte man sich für ihre Meinung interessiert. Sie war schon immer überzeugt gewesen, daß ihre Manipulationen Meisterstücke gewesen seien; doch niemand hatte sich dafür interessiert. Aber Gerard schien so wißbegierig zu sein, daß sie ihm auch davon erzählte, wie sie Oliver Hawthorne dafür bezahlt hatte, sie zu schwängern. Sie erschauerte bei der Erinnerung daran, erzählte ihm, daß sie sich erst mit einem Schlafmittel betäuben mußte, um die Prozedur über sich ergehen lassen zu können.
Gerard brach in ein Gelächter aus. »Es ist nicht einmal Armstrongs Kind gewesen! Genial! Nicole muß außer sich gewesen sein, als sie entdeckte, daß ihr teurer Ehemann mit einer anderen schlief, ihr sogar ein Kind gemacht hatte!« Einer spontanen Regung folgend, ergriff Gerard Biancas fette Hand und küßte sie. »Zu schade, daß Sie das Baby verloren haben. Armstrong hätte es verdient, wenn sein Kind ausgesehen hätte wie sein Nachbar.«
»Ja«, sagte Bianca verträumt. »Ich hätte mich gefreut, einen Narren aus ihm zu machen. Denn er hatte mich die ganze Zeit wie einen Dummkopf behandelt.«
»Sie sind alles andere als ein Dummkopf. Wenn die Leute Sie nicht schätzen, ist nur deren eigene Dummheit daran schuld.«
»Ja, oh ja«, flüsterte sie. »Sie verstehen mich.«
Die beiden saßen einen Moment stumm nebeneinander. Bianca hatte das Gefühl, als hätte sie ihren ersten Freund gefunden, jemand, der sich für sie interessierte. Alle anderen schienen auf Clays oder Nicoles Seite zu stehen.
Was Gerard betraf, war er sich nicht sicher, was er mit Biancas Enthüllungen anfangen sollte; doch er spürte, daß sie ihm von Nutzen sein konnten. »Ich habe bisher versäumt, mich vorzustellen. Ich bin Gerard Gautier aus der Familie der Courtalains.«
»Courtalain«, flüsterte Bianca betroffen. »Aber das ist ja Nicoles Nachname.«
»Wir sind... verwandt, richtig.«
Biancas Augen füllten sich mit Tränen. »Sie haben mich ausgenützt«, flüsterte sie verzweifelt. »Sie haben mir zugehört, stehen aber auf ihrer Seite!« Sie wollte sich erheben, aber das fiel ihr sehr schwer bei ihrem Gewicht.
Gerard faßte sie an den Schultern und drückte sie gewaltsam wieder zu Boden. »Weil ich mit Nicole verwandt bin, bedeutet das noch lange nicht, daß ich auch auf ihrer Seite stehe. Absolut nicht! ich bin ein Gast in ihrem Haus, und sie läßt mich keinen Moment vergessen, daß ich von ihrer Wohltätigkeit lebe.«
Bianca blinzelte rasch, damit ihre Augen wieder
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