Geliebter Tyrann
dabei einen bedeutungsvollen Blick zu.
»Das werde ich, sobald du mir das Jawort gibst«, sagte er lachend. »Nein! Ich kann dich nicht heiraten. Mir fällt gerade ein, daß ich bereits einer von Isaacs kleinen Schwestern versprochen bin.«
»Das ist großartig«, lachte Janie. »Du fragst mich, ob ich dich heiraten möchte, und ich wollte dir schon mein Jawort geben. Stell die Kinder auf den Boden zurück und komm hierher. Sonst wird dein Essen kalt.«
Später, als Wes aß und zwischendurch die Fragen der Zwillinge beantwortete, betrachtete er verstohlen Nicoles Gesicht. Er wußte, was sie beunruhigte. Er langte über den Tisch und drückte ihre Hand. »Es wird ein gutes Ende nehmen. Du wirst schon sehen. Travis und ich werden dafür sorgen, daß er die Plantage nicht verliert.«
Nicoles Kopf flog in die Höhe. »Was meinst du damit, daß er die Plantage verliert? Der Verlust einer Jahresernte würde ihn doch nicht ruinieren.«
Wes und Janie tauschten einen Blick. »Normalerweise nicht;
aber selten verliert ein Farmer ja auch seine ganze Ernte. Clay hätte auch die Felder auf den Hügeln bestellen müssen.«
»Aber selbst dann müßte er doch noch genügend Geldreserven haben, um überleben zu können. Ich kann nicht glauben, daß die Plantage durch eine einzige Überschwemmung bankrott sein könnte.«
Wes schob seinen Teller von sich. Der Regen donnerte auf das Dach. »Ich sollte dir lieber die ganze Wahrheit sagen, Nicole. Im letzten Jahr ließ Clay seine Ernte auf den Feldern verderben; doch dank seiner harten Arbeit in den Jahren zuvor und dank der Anstrengungen seines Vaters und seines Bruders war die Plantage finanziell gesund. Aber Bianca...« Er stockte, weil er in Nicoles Augen lesen konnte, wie sehr ihr dieser Name weh tat.
»Bianca«, fuhr er fort, »hat ungewöhnlich hohe Schulden gemacht. Ich habe Clay zuletzt vor ungefähr einem Monat gesprochen, und er erzählte mir, daß sie Geld aufgenommen und die Plantage als Sicherheit verpfändet habe. Sie hat ihrem Vater in England Geld geschickt. Es scheint, als versuche sie das Herrenhaus zurückzukaufen, das einmal ihrer Familie gehört hatte.«
Nicole stand auf, ging zum Feuer und stocherte mit dem Schürhaken in der Asche. Sie dachte an den Park, der sich vor Biancas Haus ausgedehnt und einmal der Familie Maleson gehört hatte. Bianca hatte immer davon geredet, daß sie eines Tages den ehemaligen Besitz ihrer Familie zurückerhalten werde, »ünd Clay ließ das einfach so zu, daß sie sein Land verpfändete? Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
Wes nahm sich Zeit für seine Antwort; »Ich bin nicht sicher. Vielleicht täuschst du dich. Clay hat sich verändert, Nicole. Es ist ihm ziemlich gleichgültig, was aus seiner Plantage oder aus ihm selbst wird. Man trifft ihn nie ohne ein Glas Whisky in der Hand. Als ich versuchte, ihm ins Gewissen zu reden, wollte er mir nicht zuhören. Er ignorierte mich einfach, ln gewisser Hinsicht war das schlimmer als alles andere. Clay war stets ein temperamentvoller Mann gewesen und schlug meistens zu, ehe er nachdachte. Doch jetzt...« Er ließ den Satz unbeendet.
»Also verlor Clay die Ernte des letzten Jahres und wird auch diese verlieren. Willst du damit sagen, daß er bankrott ist?«
»Nein. Travis und ich sprachen mit den Gläubigem, und wir geben Clay finanziellen Rückhalt. Ich sagte Clay lediglich, daß er Bianca daran hindern soll, noch mehr Geld auszugeben.«
Sie wandte sich ihm zu. »Hast du Clay gesagt, du würdest für seine Schulden bürgen?«
»Natürlich. Ich wollte nicht, daß er sich Sorgen macht.«
»Männer!« sagte Nicole wütend und setzte dann etwas auf Französisch hinzu, daß Gerard, der mit gleichgültiger Miene zuhörte, die Augenbrauen in die Höhe zog. »Was würdest du wohl dazu sagen, wenn Clay dir erklärte, du wüßtest zwar nicht mit deinem eigenen Land umzugehen, brauchtest dir aber keine Sorgen zu machen, weil er dich schon über Wasser halten würde?«
»So war es nicht! Wir sind Freunde; immer Freunde gewesen.«
»Freunde helfen einander und vernichten sich nicht gegenseitig.«
»Nicole!« sagte Wes warnend. »Ich habe Clay mein ganzes Leben lang gekannt, und...«
»ünd nun wirfst du einem ertrinkenden Mann einen Anker zu, wie?«
Wes stand auf. Sein Gesicht wurde puterrot vor Zorn, seine Hände krampften sich an den Tisch.
Janie trat zwischen die beiden. »Hört sofort auf damit! Ihr benehmt euch wie Kinder! Schlimmer als Kinder, da die Zwillinge sich noch nie so
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