Geliebter Tyrann
können, aber nicht sie. »Es liegt ein schreckliches Mißverständnis vor. Sehen Sie...«
»Ich sehe, daß jemand anders sich in der Kabine meiner Frau befindet!« Er hielt die Kerze über den Kopf und betrachtete die Gepäckstücke an der Wand. »Das gehört alles den Armstrongs, glaube ich.«
»Ja, das stimmt. Wenn Sie mich nur zu Wort kommen ließen, könnte ich alles erklären. Bianca und ich waren zusammen, als...«
»Ist sie hier? Sie sind während der Reise mit ihr zusammen gewesen, sagen Sie?«
Es war schwierig, etwas zu erklären, wenn er sie nicht einmal einen Satz zu Ende sprechen ließ. »Bianca ist nicht hier. Sie kam nicht mit auf das Schiff. Wenn Sie mir zuhören wollten, könnte ich...«
Er stellte die Kerze auf die Truhe in der Ecke, kam näher, ragte mit auseinandergebreiteten Armen, die Hände über den Hüften, vor ihr auf. »Sie ist nicht mit Ihnen gereist! Was, zum Teufel, soll das nun wieder bedeuten? Ich habe eben den Kapitän dieses Schiffes dafür bezahlt, daß er eine Ferntrauung vornahm und meine Frau nach Amerika transportierte. Und nun möchte ich wissen, wo sie ist!«
Nicole sprang nun ebenfalls vom Bett auf. Sie ließ sich nicht dadurch einschüchtern, daß ihr Kopf nur bis zu seinen Schultern reichte oder daß die winzige Kabine sie zwang, sich auf Tuchfühlung gegenüberzustehen. Doch nun waren sie eher Feinde als Liebende. »Ich habe versucht, Ihnen etwas zu erklären; doch wenn Ihnen jeder Anstand abgeht, kommt es wohl zu keiner Verständigung. Deshalb...« »Ich möchte eine Erklärung, nicht den Vortrag einer Lehrerin!«
Nicole wurde wütend: »Sie ungehobelter, flegelhafter...!« Sie schluckte. »Also gut. Ich werde es Ihnen erklären. Ich bin Ihre Ehefrau. Das heißt, falls Sie Clayton Armstrong sind. Was ich nicht wissen kann, da Sie so ungezogen waren, mir jedes Wort abzuschneiden.«
Clay rückte noch etwas dichter an sie heran. »Sie sind nicht meine Bianca.«
»Ich bin froh, sagen zu können, daß ich das nicht bin. Wie in aller Welt könnte sie sich damit einverstanden erklären, einen so unerträglichen...« Sie unterbrach sich, weil sie sich von ihrem Zorn nicht hinreißen lassen wollte. Sie hatte mehr als einen Monat Zeit gehabt, sich an den Status einer Mrs. Armstrong zu gewöhnen; doch er war an Bord gekommen in der Erwartung, dort Bianca anzutreffen und hatte statt dessen eine Fremde vorgefunden.
»Mr. Armstrong, mir tut das alles leid. Ich kann aber auch alles erklären.«
Er wich vor ihr zurück und setzte sich auf einen Koffer. »Woher wußten Sie, daß der Kapitän Bianca noch nie gesehen hat?« fragte er leise.
»Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht.«
»Ich bin überzeugt, daß Sie mich verstehen. Sie müssen irgendwie erfahren haben, daß er Bianca nicht kennt, und so beschlossen Sie, an Biancas Stelle zu treten. Was haben Sie sich dabei gedacht? Daß eine Frau so gut wie jede andere wäre? Eines muß ich Ihnen lassen: Sie verstehen es, einen Mann zu begrüßen. Glaubten Sie, Sie würden mich meine Bianca vergessen lassen, indem Sie Ihren lieblichen kleinen Körper an deren Stelle setzten?«
Nicole wich mit geweiteten Augen vor ihm zurück, während sich ihr Magen bei seinen Worten umdrehte.
Clay blickte sie kritisch von Kopf bis Fuß an. »Ich hätte es schlimmer treffen können, vermute ich. Ich nehme an, Sie haben den Captain dazu überredet, uns zu trauen.«
Nicole nickte nur stumm, während sich in ihrer Kehle ein Kloß bildete und ihre Augen in Tränen schwammen.
»Ist das ein neues Kleid? Haben Sie Janie dazu gebracht, Ihnen zu glauben? Haben Sie das vielleicht dazu ausgenützt, sich auf meine Kosten neue Garderobe zuzulegen?« Er stand wieder vom Koffer auf. »Schön! Betrachten Sie diese Garderobe als Ihnen gehörig. Das verlorene Geld wird mich davor bewahren, das nächste Mal so naiv und vertrauensvoll zu sein. Doch
Sie werden keinen weiteren Cent von mir bekommen. Sie werden mit mir zu meiner Plantage zurückkehren, und diese Ehe, wenn sie gültig sein sollte, wird annulliert. Und sobald diese Geschichte bereinigt ist, werden Sie auf das nächstbeste Schiff gebracht, das nach England zurücksegelt. Ist das klar?«
- Nicole schluckte den Kloß hinunter. »Ich würde lieber auf der Straße schlafen als noch eine Minuten in Ihrer Nähe verbringen«, gab sie leise zur Antwort
Er stellte sich wieder vor sie hin und beobachtete, wie das Kerzenlicht ihre Züge vergoldete. Dann fuhr er mit dem Zeigefinger über ihre Oberlippe, »ünd
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