Geliebter Unsichtbarer
ich wieder scheitere? Oder noch schlimmer, was, wenn ich nicht das tun kann, was ich tun muss . . . “ Seine Stimme brach ab. Er konnte es seinem Vater nicht gestehen. Er konnte nicht zugeben, dass in ihm etwas vorging, das ihn beunruhigte. Dass es schien, als ob Rasen ihn ergriffen hätte und ihn unberechenbar machte.
„Du zweifelst am Beschluss des Rates, dir diesen Fall zuzuordnen? Willst du damit sagen, dass wir unrecht hatten, dir diese Mission anzuvertrauen?“
„Die Umstände haben sich geändert.“
„Und welche Umstände sind das, Aiden?“
„Ich hab’s dir schon gesagt: Ich habe einen Schützling verloren. Sie hat ein unschuldiges Kind getötet, bevor ich sie eliminiert habe. Wenn ich sie früher beseitigt hätte, wäre das nicht passiert. Wir wussten, dass sie schwach und anfällig für den Einfluss der Dämonen war. Wir wussten, wie sehr sie sie für ihre Fähigkeiten wollten. Ihr hättet abstimmen sollen, Sarah zu beseitigen, nicht sie zu beschützen. Manche Menschen sind es einfach nicht wert, beschützt zu werden. Sie stellen eine viel zu große Gefahr dar. Sie werden sich gegen uns und ihre eigene Spezies wenden. Sie können zu leicht verführt werden.“
Und sie konnten die Hüter der Nacht in Gefahr bringen. Es war schon einmal geschehen. Aber dies war nur die halbe Wahrheit, die andere Hälfte konnte er seinem Vater nicht gestehen.
„Das ist nichts Neues. Wir sind uns der Risiken bewusst. Also warum ist das plötzlich ein Problem?“
Aiden schoss vom Bett hoch und ging zum Fenster. „Ich bin jeden Tag dort draußen. Ich sehe, was vor sich geht. Du weißt selbst, was in allen Komplexen los ist. Wir verlieren immer mehr Schützlinge. Die Dämonen werden immer stärker. Ich glaube nicht, dass wir uns den Luxus erlauben können, ein menschliches Leben zu erhalten, wenn dieses Millionen andere gefährdet. Wir müssen unser Denken der Situation anzupassen.“
Doch selbst als er das sagte, wusste er, dass er im Falle des Falles nicht in der Lage sein würde, den Befehl, Leila zu töten, auszuführen. Und das war der Grund, warum er diesen Auftrag jemand anderem übergeben musste.
„Du musst den Menschen eine Chance geben. Können sie sich denn in deinen Augen nie bessern? Jedes Leben ist es wert, gerettet zu werden“, behauptete sein Vater.
Bevor Aiden sich davon abhalten konnte, waren die Worte heraus: „Julias war’s auch wert!“
Am anderen Ende der Leitung sog sein Vater hörbar die Luft ein. „Lass deine Schwester aus dem Spiel. Es geht hier nicht um sie.“
„Doch. Es ging immer um sie. Nichts hat sich geändert.“ Julia würde heute noch leben, wenn er nicht versagt hätte. Wenn er früher gehandelt hätte. Wenn er nicht gezögert hätte, seinen Schützling zu töten. Das Blut seiner Schwester klebte an seinen Händen. Nach all den Jahren waren seine Hände immer noch damit getränkt. Und dieses Bild verfolgte ihn Tag und Nacht.
„Dann schlage ich vor, dass du dich bemühst, dich zu ändern. Es ist an der Zeit, die Vergangenheit auf sich beruhen zu lassen. Wir haben alle getrauert, aber du bist der einzige, der dieses Kapitel noch nicht abgeschlossen hat.“
„Und wie kannst du erwarten, dass ich einfach weitermache? Ich bin für ihren Tod verantwortlich.“ Aiden fühlte, wie der alte Schmerz sich wieder in seiner Brust breitmachte. „Ich kann in meinem Bauch spüren, dass ich ihr gegenüber versagen werde.“
Es gab einen Moment der Stille am anderen Ende, bevor sein Vater wieder sprach. „Julia oder deinem Schützling gegenüber?“ Sein Vater seufzte. „Ich glaube dieser Auftrag ist genau das, was du brauchst. Kämpfe nicht dagegen an. Was dein Gefühl dir auch vorschreibt, folge deinem Instinkt. Du wirst nicht versagen – keinem gegenüber.“
Aiden öffnete seinen Mund, um seinen Vater zu fragen, was er damit meinte, aber bekam keine Gelegenheit.
„Gute Nacht, mein Sohn.“
Das Klicken in der Leitung bestätigte, dass sein Vater aufgelegt hatte.
Warum hatte er nicht den Mut gehabt, seinem Vater geradeheraus zu sagen, dass er nicht unparteiisch bleiben konnte, wenn es um Leila ging? War es, weil er in Wirklichkeit nicht von diesem Auftrag abgezogen werden wollte? Dass er sie weiterhin beschützen wollte, weil er in ihrer Nähe sein wollte? Wie würde er es jemals durch diese Nacht oder die ganze Mission schaffen wenn er wusste, wonach sich sein Körper sehnte, was jedoch sein Ehrenkodex verbat?
Wie ein elektrischer Schlag durchschoss ihn plötzlich
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