Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
Vom Netzwerk:
zuerst sie.
    Bret schloß die Augen. Bernstein sah ihn sich drehen und wenden, aber sagte nichts. Er wartete. Er machte sich keine Gedanken über Sachen, über die nachzudenken man ihn nicht bezahlte. Im Laufe der Jahre hatte er entdeckt, wie rätselhaft sich Männer und Frauen verhalten, und Bret Rensselaers erregtes Hinundherlaufen und Gemurmel erschreckte ihn weder, noch überraschte es ihn. Bret schlug sich mit der Faust in die Handfläche. Es war unvorstellbar, daß Fiona eine Affäre mit diesem Kennedy hatte. Es mußte eine andere Erklärung geben. Bret hatte sich mit der Tatsache abgefunden, daß Fiona Samson, wenn sie sich von ihm verabschiedete, nach Hause zu Mann und Kindern ging. Das war nur recht und billig. Bret mochte Bernard. Aber wer zum Teufel war Kennedy? Lächelte Fiona und machte Späße mit Kennedy? Und, was noch schrecklicher vorzustellen war, ging sie ins Bett mit diesem Mann?
    Bei dieser Vorstellung stützte sich Bret Rensselaer am Kaminsims ab, zog den Fuß zurück und trat, so heftig er konnte, gegen das Messinggitter. Die Schürhaken – der

    - 125 -
    vollständige Satz – polterten auf den Herd, so daß der Rost sang wie eine Stimmgabel und eine der Herdkacheln zerbrach.
    »Nur keine Aufregung, Bret!« sagte Bernstein in einem Ton, dem zum erstem Mal Besorgnis anzuhören war. Er war aufgestanden und hatte die beiden das Andenken von Königin Viktorias diamantenem Regierungsjubiläum verewigenden Teller, die die kostbarsten Stücke der Sammlung seiner Frau waren, schützend an sich genommen.
    Brets Zorn schien sich nach diesem Ausbruch zu
    beschwichtigen, denn nun beruhigten sich seine Bewegungen, er ging jetzt bedächtiger im Zimmer herum, tat so, als mustere er Bücher und sähe durchs Fenster nach seinem draußen geparkten Wagen. Bret war selten um Worte verlegen, aber jetzt konnte er seine Gedanken einfach nicht auf die Reihe bringen. »Jesus Christus!« sagte er zu sich selbst und beschloß, Fiona Samson ohne weiteren Aufschub nach Berlin versetzen zu lassen, vielleicht schon zum Wochenende.
    Als Bret sich wieder hinsetzte, schwiegen beide Männer eine Zeitlang und lauschten den Müllmännern, die gerade den Abfall abholten. Sie klapperten mit den Tonnen und schrien einander zu, und der Müllwagen ließ jedesmal, wenn er zurücksetzte, ein kurzes, klagendes Tuten vernehmen. »Geben Sie mir ‘ne Zigarette, Sylvy.«
    Bernstein bot ihm eine an und gab ihm Feuer mit seinem Andenken an den Vietnamkrieg. Ihm fiel auf, daß Bret zitterte, doch die Zigarette schien ihn zu beruhigen. Bret sagte: »Was würden Sie von ‘ner festen Anstellung halten?«
    »Bei Ihrer Firma?«
    »Ich könnte es vielleicht einrichten.«
    »Haben Sie es satt, mich aus Ihrer eigenen Tasche zu bezahlen?«
    »Mache ich das?« sagte Bret ruhig.
    »Sie verlangen niemals Quittungen.«
    »Also, was meinen Sie?«

    - 126 -
    »Ich würde in diesen britischen Laden nicht passen.«
    »Aber wieso denn nicht?«
    »Die Wahrheit ist, Bret, ich traue den Briten nicht zu, sich richtig um mich zu kümmern.«
    »Wie sollen sie sich denn um Sie kümmern?«
    »Wenn ich in Schwierigkeiten steckte. Ich bin Amerikaner.
    Wenn ich in der Klemme wäre, würden die mich doch kalt lächelnd den Haifischen überlassen.« Er drückte mit großem Nachdruck seine Zigarette aus.
    »Weshalb sagen Sie das?« fragte Bret.
    »Ich weiß, das geht mich nichts an, Bret, aber ich finde, Sie sind verrückt, denen zu trauen. Wenn die zwischen Ihnen und einem von ihren eigenen Leuten wählen müßten, was meinen Sie wohl, was sie täten?«
    »Wenn Sie sich’s doch noch anders überlegen, sagen Sie mir Bescheid, Sylvy.«
    »Ich werde es mir nicht anders überlegen, Bret.«
    »Ich wußte nicht, daß Sie die Briten so verabscheuen, Sylvy.
    Weshalb leben Sie dann eigentlich hier?«
    »Ich verabscheue sie nicht. Ich habe gesagt, daß ich ihnen nicht traue. London ist eine prima Stadt, ich wohne gern hier.
    Aber ich mag ihre Selbstgerechtigkeit nicht und die vollkommene Rücksichtslosigkeit, mit der sie anderer Leute Gefühle und Eigentum behandeln. Wissen Sie was, Bret, es gibt nicht einen Engländer, der nicht irgendwann damit geprahlt hätte, was gestohlen zu haben: in der Schule, beim Militär, auf dem College oder auf einer Sauftour. Alle durch die Bank klauen sie gelegentlich, und dann erzählen sie davon, als sei das der beste Witz, den man je gehört hat.«
    Bret stand auf. Manchmal war Bernstein der reinste Moralapostel, dachte er. »Ich lasse Ihnen das

Weitere Kostenlose Bücher