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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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seufzte.
Sir Percy ließ seinen Kugelschreiber schnappen und sagte: »Da Bret Ihnen unmittelbar unterstellt ist, dachte ich, Sie würden vielleicht intervenieren wollen.«
»Hat jemand mit Bret gesprochen?« fragte der D.G.
»Mit Ihrer Erlaubnis«, sagte Ladbrook, »schlage ich eine vorläufige Aussprache vor, sobald es amtlich ist.«
»So ist das üblich, nicht wahr?«
»Ja, Sir Henry, das ist der übliche Weg.«
Der Deputy sagte: »Der Vernehmungsoffizier wollte nur sicherstellen, daß Bret sich nicht auf Sie berufen kann, um die Aussage zu verweigern.«
»Bei dieser Sorte Untersuchung«, fügte Ladbrook hinzu, »kann ein solcher Druckverlust später oft nur unter großen Schwierigkeiten wettgemacht werden.«
»Ich verstehe«, sagte der D.G. Er bemerkte, daß Harry Strang einen Füllfederhalter aus der Weste zog. Harry wußte also, wie es enden mußte.
»Er wird vermutlich mit Ihnen telefonieren wollen«, sagte Ladbrook. »Ich meine, wenn ich ihn mir vornehme, wird er vermutlich sofort mit Ihnen sprechen wollen.«
»Und Sie wollen, daß ich dieses Gespräch verweigere?«
»Was immer Sie für das Beste halten, Sir Henry«, sagte Ladbrook.
»Aber ich bringe Ihre Vernehmung durcheinander, wenn ich es annehme, das meinen Sie doch, oder?« Ladbrook lächelte höflich, antwortete aber nicht. »Geben Sie mir das Formular«, sagte der D.G. »Bringen wir es so schnell wie möglich hinter uns.« Der Deputy reichte ihm seinen Kugelschreiber und schob die Papiere über den polierten Tisch.
»Den Rest des Papierkriegs kann ich erledigen«, sagte der Deputy sanft. »Morgan kann den Schein für Sie gegenzeichnen.«
»Das wird sich alles als Unsinn erweisen«, sagte der D.G. während er seine Unterschrift unter das Formular setzte. »Das kann ich Ihnen gleich sagen. Ich kenne Bret Rensselaer seit Jahren, durch und durch anständiger Kerl, Bret Rensselaer.« Harry Strang lächelte. Er war alt genug, sich zu erinnern, daß jemand mit fast genau den gleichen Worten von Kim Philby gesprochen hatte.

22
    England, April 1984
Wie weit kann man in den Wald hineinlaufen? fragt ein alter Schülerwitz. Bis zur Hälfte, danach läuft man heraus. Ein Geschoß hält im Flug inne und beginnt, auf den Boden zurückzufallen, die Karriere eines Sportlers erreicht einen Höhepunkt, an dem der Abstieg beginnt. Eine vollerblühte Blume stirbt ab, übersprudelndes Wasser verdampft. Für die meisten Dinge in der Natur beginnt auf diese Weise auf dem Höhepunkt der Untergang. So war es auch für Pawel Moskwin an jenem schönen Tag in Berlin, an dem, passend genug, die ersten Keime des Frühlings das Ende des Winters kennzeichneten.
    Auch Erich Stinnes ging wie auf Wolken. Alles war gelaufen, wie er es vorhergesagt hatte. Die Briten schienen ihn für bare Münze zu nehmen, weil sie sich nicht vorstellen konnten, daß nicht jeder so leben wollte wie sie. Stinnes hatte seine Rolle perfekt gespielt. Tropfenweise hatte er den diamantharten Spiegel von Rensselaers Ansehen getrübt, um ihn schließlich vor dem Ausschuß mit einem Schlag zu zertrümmern. Die Vollendung all dessen, wofür Stinnes gearbeitet hatte, kam bei einem nichts Besonderes versprechenden Besuch des »Stinnes-Ausschusses« im Berwick House, wo Stinnes in Haft war. Dieses Herrenhaus des 18. Jahrhunderts, umgeben von sieben Morgen ansprechender englischer Landschaft, hatte, da es hinter einem alten Wassergraben und einer fünfzehn Fuß hohen Steinmauer geschützt lag, leicht in eine Haftanstalt verwandelt werden können. Die Whitehall-Beamten, durch die das Haus und sein Inhalt mittels eines in solchen Fällen nützlichen Gesetzes enteignet worden war, hatten wenig getan, die von den Bomben der Luftwaffe angerichteten Schäden zu reparieren. Ein muffiger Geruch erfüllte das Haus, und wenn man dies modernde Gebäude genau unter die Lupe nahm, merkte man, daß dort die Holzwürmer härter arbeiteten als sonst jemand. Der Ausschuß reiste gemeinsam in einem Bus, Bret ausgenommen. Er kam in seinem Bentley mit Chauffeur, nachdem er während der Mittagsstunde noch einen Termin bei seinem Arzt wahrgenommen hatte. Er sah erschöpft aus und hatte Ringe unter den Augen, so daß er plötzlich gealtert schien. Sie waren so zahlreich, daß sie alle um den großen polierten Tisch in dem ehemaligen Speisesaal saßen. An der getäfelten Wand hing ein großes Ölgemälde. Da posierte steif eine Familie auf einem Hügel in der Nähe des gerade errichteten Berwick House und starrte den Maler an, der

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